Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Neue Ära in Kolumbien: Uribe darf nicht Präsident bleiben
> Das Verfassungsgericht verbietet eine Volksabstimmung, mit der sich der
> populäre Amtsinhaber Álvaro Uribe eine dritte Amtszeit sichern wollte. Am
> 30. Mai wird ein neuer Präsident gewählt.
Bild: Das kolumbianische Verfassungsgericht verwehrte dem amtierenden Präsiden…
PORTO ALEGRE taz | Kolumbien steht vor einem Neuanfang. Die wichtigste
politische Entscheidung der vergangenen Jahre hat das kolumbianische
Verfassungsgericht am Freitag getroffen. Es verwehrte dem amtierenden
Präsidenten Álvaro Uribe eine dritte Amtszeit in Folge. Durch eine
Verfassungsänderung per Volksabstimmung hatte der 57-jährige Autokrat die
Möglichkeit zur zweiten Wiederwahl erzwingen wollen. Sieben von neun
Richtern haben das jetzt verhindert und damit den zweieinhalbjährigen
Versuch von Uribes Gefolgsleuten, ihm den Weg zu einer dritten Amtszeit zu
ebnen, gestoppt.
Über fünf Millionen KolumbianerInnen hatten sich im Referendum für die
erneute Wiederwahl des Staatschefs eingesetzt. Uribe wäre der Sieg bei der
Präsidentenwahl am 30. Mai nicht zu nehmen gewesen.
Uribe hatte das Urteil offenbar erwartet, entsprechend souverän fiel seine
Reaktion aus. Natürlich dürfe die "Bürgerpartizipation" nicht gegen die
Verfassung verstoßen, dozierte er in einer Rede über "demokratische Werte".
Kolumbien wolle er "bis zu seinem Tod dienen, in welchem Schützengraben
auch immer", sagte der Hardliner, der mit seinem kompromisslosen und
durchaus populären Kriegskurs der Farc-Guerilla zwar heftig zusetzte, aber
den erhofften militärischen Sieg verfehlte. Bereits bei der
Verfassungsänderung 2005, die ihm die Wiederwahl ermöglicht hatte, war es
nicht mit rechten Dingen zugegangen. Die entscheidenden Stimmen im
Parlament seien gekauft worden, gestand 2008 die beteiligte und deswegen
verurteilte Abgeordnete Yidis Medina.
Der Obsession einer weiteren Amtszeit bis 2014 hatte Uribe alles
untergeordnet, sogar den Krieg gegen die Guerilla oder das
Freihandelsabkommen mit den USA. Wohlgemeinte Ratschläge aus Washington, er
solle trotz hoher Umfragewerte der Versuchung einer Wiederwahl widerstehen,
schlug er in den Wind.
Liberale und Linke feierten. "Die Demokratie und die Verfassung sind
gerettet", jubelte Rafael Pardo, der Kandidat der Liberalen Partei für die
Präsidentenwahl am 30. Mai. Sein Rivale Gustavo Petro vom
"Demokratisch-Alternativen Pol" skizzierte zwei Möglichkeiten: "Entweder
wir garantieren wirksam Sicherheit mit sozialer Gerechtigkeit oder
Kolumbien bricht wegen der sozialen Kluft auseinander".
Jetzt bietet sich ein völlig neues Wahlkampfpanorama. Mehrere Kandidaten
inszenieren sich bereits als Erben des rechten Caudillos und buhlen um
dessen Gunst. Am besten aufgestellt ist der frühere Verteidigungsminister
Juan Manuel Santos von der gleichnamigen Politiker- und Verlegerdynastie.
Exlandwirtschaftsminister Andrés Felipe "Uribito" Arias und die ehemalige
Außenministerin Noemí Sanín bewerben sich um die Kandidatur der
Konservativen. Im Zentrum positioniert sich Medellíns Exbürgermeister
Sergio Fajardo als "Unabhängiger". Die linksliberale Wählerschaft umwerben
Pardo, Petro und ein "grüner" Kandidat, der ebenfalls erst am 14. März
feststehen wird. Angesichts dieses heterogenen Kandidatenfeldes dürfte die
Entscheidung erst in der Stichwahl am 20. Juni fallen.
Der Zerfall des "Uribismus in kleine Inseln" sei bereits abzusehen,
analysiert Kolumnistin María Jimena Duzán: "Das ist das Los jener
Bewegungen, die sich bei der Machtausübung auf die Person und nicht auf
politische Inhalte konzentrieren."
GERHARD DILGER
1 Mar 2010
## AUTOREN
Gerhard Dilger
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.