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# taz.de -- Tippfehler als Geschäftsmodell: Klenvieh mahct auch Misst
> Wer sich beim Surfen verschreibt, landet oft auf Seiten mit viel Werbung
> – es kann aber auch gefährlich werden. Mit "Typosquatting" lässt sich
> viel Geld verdienen, Google verdient mächtig mit.
Bild: Ein Schild weist zum Google-Firmenhauptsitz in Kalifornien. Versurfen aus…
Könen Sie dass hir lesn? Kein Problem, oder? Das liegt daran, dass wir
schlau sind, unser Gehirn gleicht kleinere Faux-Pas in der Rechtschreibung
einfach aus, manchen Rechtschreibfehler überlesen wir deshalb ganz einfach.
So lange es sich um einigermaßen bekannte Wörter handelt, sind
Buchstabendreher und falsche Zeichen völlig egal – vom schlechten Eindruck
und einer eventuellen Rüge des Deutschlehrers mal abgesehen.
Aktuell sind Web-Browser noch nicht so schlau wie Deutschlehrer. Ein
[1][Browser] kann Tipp- und Rechtschreibfehler nicht erkennen. Wer den
Namen der gesuchten Seite falsch in die Browserzeile eingibt, landet statt
- zum Beispiel - bei seinen virtuellen Freunden auf einer Seite mit Werbung
für Gratis-Visitenkarten und Darlehen. Schlecht für uns.
Aber gut für Google. Der dem Suchmaschinen-Giganten kritisch
gegenüberstehende Professor Ben Edelmann von der Harvard Business School
hat eine Studie veröffentlicht, nach der Google mit unseren
Rechtschreibfehlern jedes Jahr bis zu 500 Millionen Dollar verdienen
könnte.
Edelmann hat ausgerechnet, dass jede der 3264 meistbesuchten Homepages der
Welt im Schnitt von 280 Seiten umzingelt ist, die irgendeine abgewandelte
Variante des Original-Namens sind. [2][Afcebook.de] zum Beispiel. Oder
[3][fcaebook.de], genauso wie [4][twiter.com]. Die Inhaber der Seite
schalten darauf Werbung, jedes mal wenn ein abgelenktes Opfer im Netz
falsch abbiegt, klingelt die Kasse beim Besitzer.
Und bei Google: Auf mehr als der Hälfte dieser sogenannten
Typosquatting-Seiten stehen Anzeigen, die der Suchmaschinen-Gigant
verwaltet, für jeden Besucher bekommt Google so laut Edelmann 3,5 Cent.
Nach dem großen Reibach klingt das noch nicht. Edelmann schätzt aber in
seiner Studie, dass sich jeden Tag fast 70 Millionen Menschen im Netz
verfahren, so wird aus den Tippfehlern ein Riesengeschäft.
Vor allem bekannte Webseiten sind vom Typosquatting betroffen, denn je mehr
Menschen auf eine Seite gehen, desto höher ist natürlich auch die Chance,
dass sich einige von ihnen verschreiben. Neben den Internet-Auftritten
bekannter Firmen oder sozialer Netzwerke sind laut einer Studie des
Virenscanner-Herstellers McAfee vor allem Seiten für Kinder betroffen. Die
würden sich häufiger als viele Erwachsene verschreiben, also stiege die
Chance, dass sie das im Netz ebenfalls tun.
Für Firmen wird das vor allem dann ärgerlich, wenn die Seiten mit den
falsch geschriebenen Namen keine Werbung, sondern pornographische Inhalte
haben - denn Pornografie kratzt am sauberen Marken-Image. Die wenigsten
Unternehmen wollen, dass die Kunden, die eigentlich ihre Firmen-Homepage
aufrufen wollten, stattdessen Produkte wie Strapse und Oralsex sehen.
Variationen der Adresse facebook.com führen oft zu Dating-Portalen oder
Sex-Seiten.
Gefährlich für den Nutzer wird es dann, wenn es sich bei den gesquatteten
Seiten um Seiten handelt, die Passwörter abfischen – zum Beispiel bei
gefälschten Bank-Webseiten, oder auch die Fake-Twitter-Seite tvviter. Auch
nicht ohne sind Typosquat-Seiten, wo der Nutzer motiviert wird, sich einen
neuen, besonders leistungsfähigen Virenschutz herunterzuladen. Nach dem
Ausführen der Datei kommt dann das böse Erwachen: Das war gar kein
Virenschutz – das ist ein Virus, und der befindet sich, dank Typosquatting,
und des Nutzers Dummheit, nun irgendwo eingenistet auf dem Computer. Auch
ein solches Erlebnis ist, genau wie das unverhoffte Erscheinen einer
Porno-Seite, wenig geeignet, das Vertrauen des Nutzers in das gesquattete
Webangebot zu stärken.
Viele Firmen sichern sich deswegen im Vorfeld ab – sie registrieren
zumindest diejemigen Domainnamen mit den häufigsten Rechtschreibfehlern für
sich und schalten Umleitungen auf ihre eigentliches Web-Angebot. Wenn man
[5][faacebook.com] eingibt, kommt man so automatisch wieder zum Original
mit seinen virtuellen Freunden, anstatt Werbeanzeigen oder nackte Haut zu
sehen. Und natürlich wehren sich Firmen auch juristisch und verteidigen ihr
Marken-Image vor Gericht.
Prinzipiell hat Google mit Tippfehlern in der Browserzeile nichts zu tun –
gleichwohl distanziert sich der Konzern aber eben auch nicht von den
Typosquatting-Seiten, sondern verdient im Gegenteil noch kräftig mit an den
Schreibfehlern.
Dass Google Schreibfehler-Seiten dennoch stören, kann man daran sehen, dass
der Konzern einige Variationen seines Namens gesichert hat und Umleitungen
auf seine Seite geschaltet hat: googel.de zum Beispiel, oder goolge.de und
gogle.de. Soll ja schließlich niemand anderes Geld mit fremden Federn
verdienen.
28 Feb 2010
## LINKS
[1] http://de.wikipedia.org/wiki/Browser
[2] http://afcebook.de/
[3] http://fcaebook.de/
[4] http://twiter.com/
[5] http://www.faacebook.com
## AUTOREN
Christoph Gurk
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