# taz.de -- Röttgen will Gorleben erkunden: Intransparent zum Endlager | |
> Umweltminister Röttgen will das geplante Endlager Gorleben weiter | |
> erkunden – und arbeitet an einem Verfahren, das ohne Bürgerbeteiligung | |
> auskommt. Die Gegner planen eine Klage. | |
Bild: Der Förderturm des Erkundungsbergwerks in Gorleben. | |
Das Kalkül von Bundesumweltminister Norbert Röttgen sei klar, meinte Jochen | |
Stay von der Anti-Atom-Initiative Ausgestrahlt am Dienstag - "Aufruhr | |
vermeiden, Fakten schaffen". So viel steht fest: Der CDU-Politiker will das | |
geplante Endlager für stark strahlenden Müll im niedersächsischen Gorleben | |
weiter erkunden. Nun erwägt er - so meldete zumindest die Süddeutsche | |
Zeitung - ein Verfahren, mit dem er vermeidet, dass die Pläne jetzt | |
ausgelegt, Betroffene vor Ort mitreden, Risiken öffentlich diskutiert | |
werden. | |
Um das mögliche Endlager im Wendland wird seit gut 30 Jahren gestritten. | |
Bisher weiß die schwarz-gelbe Regierung, die die Laufzeiten der | |
Atomkraftwerke verlängern will, nicht, wo der über Jahrtausende strahlende | |
Atommüll bleiben soll. Die Energiekonzerne horten die 400 Tonnen | |
abgebrannten Brennelemente, die jedes Jahr in ihren deutschen | |
Atomkraftwerken anfallen, in oberirdischen Zwischenlagern in Ahaus und | |
Gorleben und neben ihren Meilern. | |
Union und FDP haben bereits in ihren Koalitionsvertrag geschrieben, dass | |
der Salzstock Gorleben weiter erforscht werden soll. Der "gesamte Prozess" | |
werde "öffentlich und transparent", heißt es dort. Im Oktober läuft ein | |
Erkundungsmoratorium aus, das Rot-Grün im Jahr 2000 verhängt hatte. Doch | |
weil die rechtliche Grundlage für das Buddeln von Schächten, der aus dem | |
Jahr 1983 stammende Rahmenbetriebsplan, nur noch bis Ende September gilt, | |
braucht der Bund eine neue Genehmigung - und erwägt den Rahmenbetriebsplan | |
dafür schlicht zu verlängern. | |
Für Wolfgang Ehmke, der mit der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg seit | |
Jahren gegen das Endlager kämpft, wäre das ein Trick. "Der alte Plan | |
entspricht altem Bergrecht", sagt er - "und das kommt ohne öffentliche | |
Anhörungen aus." | |
Erst 1990 wurde das Gesetz geändert und erst seitdem müssen Bürger bei der | |
Genehmigung beteiligt werden. Ehmke und seine Kollegen prüfen rechtliche | |
Schritte gegen dieses Prozedere. Ihr Argument: "Der Plan ist veraltet." Das | |
hatte das Bundesamt für Strahlenschutz vor wenigen Monaten noch genauso | |
gesagt. | |
Ehmke erklärte, dass in den letzten Jahren Sicherheitsanforderungen | |
verschärft worden seien, die Müllmengen sich verändert hätten. Obendrein | |
gebe es neue Erkenntnisse. Vor kurzem tauchten Dokumente aus den frühen | |
Achtzigerjahren auf, die belegen, dass der Standort einst aus politischen, | |
nicht aus geologischen Erwägungen bestimmt worden war. | |
Ex-SPD-Umweltminister Sigmar Gabriel hatte im Wahlkampf letztes Jahr | |
erklärt, dass sich wasserdichte Gesteinsschichten aus Ton möglicherweise | |
besser eigneten als der Salzstock in Niedersachsen. Solche Schichten liegen | |
im unionsgeführten Bayern und Baden-Württemberg. Die Union hält davon | |
nichts, favorisiert nach wie vor Gorleben. | |
Röttgen versicherte am Dienstag, es sei noch keine Entscheidung zum | |
Betriebsplan gefallen. Und: Er werde die "rechtliche und politische" | |
Beteiligung der Bürger "gewährleisten". Die formelle Bürgerbeteiligung ist | |
spätestens fällig, wenn Gorleben nicht nur Erkundungsbergwerk ist, sondern | |
Endlager wird und das Atomrecht greift. | |
Für Jochen Stay ist aber entscheidend, wann Bürger wie mitreden dürfen - | |
"Je mehr Geld bereits ausgegeben wurde, umso leichter fällt es Politikern, | |
das Endlager durchzusetzen" - und Einwände abzuschmettern. | |
3 Mar 2010 | |
## AUTOREN | |
Hanna Gersmann | |
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