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# taz.de -- Drohende Abschiebung in Hamburg: Unter Extremismusverdacht
> Eine tschetschenische Familie soll abgeschoben werden. Die Behörde wertet
> die Anwesenheit des Familienvaters in einem gemeinnützigen Kulturverein
> als Terror-Bekenntnis.
Bild: Fatima Evloeva: Während ihr Mann seit Februar in Abschiebehaft sitzt, en…
Abdul Hamid Evloev soll abgeschoben werden und seine Familie gleich mit.
Denn der tschetschenische siebenfache Familienvater, der seit dem 11.
Februar in Abschiebehaft sitzt, ist laut Hamburger Innenbehörde ein
Verbündeter militant-islamischer Terroristen. In einem Schreiben der
Behörde heißt es, dass er nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes "über
intensive Kontakte zu extremistischen oder als terroristisch eingestuften
Institutionen verfügt".
Ihre Einschätzung begründete die Behörde Ende Januar damit, dass Evloev
2008 an einer Mitgliederversammlung des Kulturvereins Taiba, dem
Trägerverein der Hamburger Al-Quds-Moschee, teilgenommen hat. Diese
Teilnahme sei "als Anhaltspunkt dafür zu werten, dass er die gewaltbereite
islamistische Ausrichtung der Quds-Moschee unterstützt", heißt es in dem
Behördenbescheid lapidar.
Kurios an der Argumentation: Der angeblich terrornahe Verein war bereits
2008 als gemeinnützig anerkannt, die Korrektheit der auf der
Mitgliederversammlung gefassten Beschlüsse wurde von dem Notariat des
ehemaligen Hamburger Bürgermeisters Henning Voscherau bestätigt, das mit
dem Behördenschreiben nun indirekt als Terrorhelfer gebrandmarkt wird.
"Herr Evloev wehrt sich entschieden gegen den Vorwurf, Kontakte zu
terroristischen Gruppen zu haben, oder gar deren Mitglied zu sein", bringt
es sein Anwalt, Erik Wasmuth, auf den Punkt. Die Ausführungen seines
Mandanten, er besuche die Freitagsgebete der Moschee nur sporadisch, weist
die Behörde ohne Begründung als "nicht glaubhaft" zurück. Dabei legt die
geltende Rechtssprechung sogar fest, dass allein der Besuch einer Moschee
kein Ausweisungsgrund sein kann.
Pikanter Hintergrund des Falls: Nach Informationen der taz versuchte der
Verfassungsschutz seit 2008 mehrfach, Evloev als Informanten zu gewinnen,
forderte ihn auf, die Besucher der Moschee auszuforschen. Erst nachdem
Evloev mit der Begründung abgelehnt hatte, er habe keine Kontakte zu
militant-islamistischen Szene, könne diese also auch nicht bespitzeln, lief
die Abschiebemaschinerie an. Denn noch Anfang 2008 hatte die
Ausländerbehörde dem Anwalt der Familie schriftlich mitgeteilt: "Wir sagen
ihnen hiermit verbindlich zu, ihren Mandanten die begehrten
Aufenthaltserlaubnisse" nach der so genannten Altfallregelung zu erteilen.
Im Fall einer Abschiebung befürchtet Anwalt Wasmuth, die Familie müsse
"damit rechnen, Opfer rassistisch motivierter Gewalttaten zu werden". Auch
der Hessische Verwaltungsgerichtshof urteilte 2006, es könne nicht
ausgeschlossen werden, dass zurückkehrende Tschetschenen in ihrer Heimat
"asylrelevanten Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt sein werden".
Während die Behörde "von einer gescheiterten Integration" der Familie
spricht, haben sich inzwischen die Schulen und Kindergärten, in denen die
Kinder des Paars untergebracht sind, zu Wort gemeldet und behaupten unisono
das Gegenteil. So plädiert etwa Jörg Laqua, Klassenlehrer des
siebenjährigen Magomed, dafür, dass dieser "in meiner Klasse bleiben kann,
da er sich hier gut eingelebt und entwickelt hat". Auch die Zusammenarbeit
mit den Eltern sei "sehr gut", alle Gespräche verliefen "kooperativ und
fruchtbar".
Am heutigen Donnerstag beschäftigt sich der Petitionsausschuss der
Bürgerschaft mit dem Fall. Die Vertreterin der Linkspartei, Christiane
Schneider, fände eine Abschiebung "skandalös", da es "kein
rechtsstaatliches Verfahren" gebe, so Schneider, in dem sich Evloev gegen
"den schweren Vorwurf wehren könne, Mitglied eines terroristischen
Netzwerks zu sein".
3 Mar 2010
## AUTOREN
Marco Carini
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