# taz.de -- Köln gegen Bayern: Vom Nervenbündel zum Helden | |
> Auch nach dem 1:1 in Köln glaubt selbst ein wiedergeborener Lukas | |
> Podolski nicht daran, dass der Titelgewinn des FC Bayern noch zu | |
> verhindern ist. Nur gehen dem die Verteidiger aus. | |
Bild: "Das ist wie ein kleiner Sieg für uns", verkündete Podolski, für ihn p… | |
Jeder Schritt sah nach Schmerzen aus, als Lukas Podolski frisch geduscht | |
und dopinggeprüft aus dem Kabinentrakt heraushumpelte. Aber sein Gesicht | |
strahlte nach dem unterhaltsamen 1:1 seiner Kölner gegen Bayern München, | |
denn er hatte ein Tor geschossen. Endlich. Nach 18 erfolglosen | |
Bundesliga-Spieltagen und seiner etwas aggressiven Replik auf die | |
Provokation eines Journalisten am Rande des Länderspiels gegen Argentinien | |
ist ihm innerhalb von 90 Minuten die Metamorphose vom glücklosen | |
Nervenbündel zum großen Helden gelungen. | |
Scherzend überlegte er, die Zahl 1424 in Form eines Tattoos auf seinem | |
Körper zu verewigen, so viele Minuten hatte er auf ein Tor gewartet. Die | |
Kölner waren zutiefst erleichtert, wieder den alten, den lustigen Podolski | |
zu erleben, den mancher schon endgültig verloren glaubte. "Das ist wie ein | |
kleiner Sieg für uns", verkündete der 24-Jährige, für ihn persönlich war | |
dieser Auftritt aber eher ein großer Sieg. Denn Podolski hatte nicht nur | |
das 1:0 erzielt, er hatte gekämpft, geackert, die Latte getroffen und viele | |
spielerische Impulse eingebracht. "Dieses Spiel war erlösend", sagte er, | |
denn in Köln waren ja nicht nur die Minuten der Torlosigkeit gezählt | |
worden. | |
Weil die Mannschaft in der Rückrunde mit Podolski vor diesem 25. Spieltag | |
nur einen Punkt erspielte, ohne den Star hingegen sieben, kursierte der | |
Verdacht, der FC sei derzeit ohne Podolski besser als mit ihm. Der | |
kriselnde Nationalspieler belaste seine Umgebung, hieß es, denn Spieler, | |
Fans, Trainer, Funktionäre, alle hatten mit gelitten unter der vergeblichen | |
Suche nach der verlorenen Leichtigkeit. | |
Dass Podolskis Treffer von einem schlimmen Fehler des Münchner Torhüters | |
Hans-Jörg Butt ("Den muss ich halten") begünstigt wurde, war ihm später | |
ebenso egal wie die Tatsache, dass er mit seiner tollen Leistung dem | |
Lokalrivalen aus Leverkusen im Fernduell um die Meisterschaft geholfen | |
hatte. "Am Ende werden die Bayern Meister, Qualität setzt sich durch", | |
erklärte Podolski, doch ein wenig mehr Glück könnte der Rekordmeister dafür | |
durchaus gebrauchen. Denn nach der starken zweiten Halbzeit hätten die | |
Münchner den Sieg verdient gehabt, Bastian Schweinsteiger hatte zunächst | |
den Ausgleich erzielt, später die Latte getroffen, und Franck Ribéry hatte | |
ebenfalls Pech mit einem Pfostenschuss. | |
Schon 16-mal scheiterten die Münchner am Aluminium, öfter als jeder andere | |
Bundesligist, Louis van Gaal mochte das jedoch nicht als reines Pech | |
betrachten. Man müsse das Glück erzwingen, floskelte der Trainer, "das | |
haben wir während 30 Minuten in der ersten Halbzeit nicht getan, vielleicht | |
haben wir deshalb später Pfosten und Latte getroffen". Eine Rolle spielte | |
aber sicher auch, dass dem Spiel der Münchner der Esprit des erst in der | |
zweiten Hälfte eingewechselten Ribéry und des in München gebliebenen Arjen | |
Robben fehlte. Beide sind nicht ganz fit von ihren Länderspielreisen | |
zurückgekehrt, sie sollten sich für das wichtige Champions-League-Spiel | |
gegen Florenz am Dienstag schonen. Die Doppelbelastung war an diesem | |
Wochenende definitiv ein Nachteil im Meisterschaftskampf. Die Konkurrenten | |
Schalke und Leverkusen spielen diese Saison schließlich ohne Einfluss des | |
Europapokals, während der FC Bayern langsam ein Problem mit der Besetzung | |
seiner Viererkette bekommt. | |
Nach dem Augenbogen- und Jochbeinbruch von Martin Demichelis verletzte sich | |
in Köln auch noch Diego Contento am rechten Fuß, der 17-jährige David Abala | |
kam ins Spiel und löste Toni Kroos als jüngsten Spieler, der je in der | |
Bundesliga für den FC Bayern gespielt hat, ab. Van Gaal erklärte, er könne | |
"jetzt noch nichts über das Spiel in Florenz sagen", es kann jedoch | |
passieren, dass der junge Österreicher Abala auch dort links verteidigt. | |
Sie hoffen allerdings weiter auf Contento, Lukas Podolski hat ja | |
eindrucksvoll demonstriert, wie gut man auch mit Schmerzen Fußball spielen | |
kann. | |
8 Mar 2010 | |
## AUTOREN | |
D. Theweleit | |
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