# taz.de -- Bremen gegen Stuttgart: Ein Verteidiger namens Rosenberg | |
> Eine starke Viertelstunde reicht Werder Bremen gegen den VfB Stuttgart | |
> nur noch zum 2 : 2. Zahlreiche Verletzte zwingen Trainer Thomas Schaaf zu | |
> kreativen Lösungen in der Abwehr, die nicht immer Erfolg bringen. | |
Bild: Unentschieden auch dieser Zweikampf: Cacau und Tim Borowski. | |
Als Thomas Schaaf in der 69. Minute des Bundesliga-Spiels gegen den VfB | |
Stuttgart den Stürmer Markus Rosenberg für den Verteidiger Sebastian Prödl | |
einwechselte, schien das die normalste Sache der Welt zu sein. Werder | |
Bremen lag 0 : 2 hinten, musste dringend etwas für die Offensive tun, und | |
Prödl hatte sich gerade mit einem Fehlpass zur Auswechslung angeboten. | |
Als sich der Schwede dann aber nicht im Angriff, sondern rechts in die | |
Viererkette einreihte, rieben sich nicht nur die Zuschauer die Augen. Auch | |
Per Mertesacker blickte fragend zu seinem neuen Nebenmann. "Das war | |
gewöhnungsbedürftig", sagte der Abwehrchef später und nahm die | |
unkonventionelle Maßnahme als weiteren Beleg dafür, "dass wir personell auf | |
dem letzten Loch pfeifen". | |
Keine einzige gelernte Defensivkraft saß zu Spielbeginn auf Werders Bank. | |
Neben den verletzten Boenisch, Fritz und Niemeyer fielen kurzfristig auch | |
noch Pasanen und Bargfrede grippekrank aus. Auf den Außenpositionen, auf | |
denen Werder auch bei vollem Personalstand oft auf dem letzten Loch pfeift, | |
spielten also wieder die unter verschärfter Beobachtung des Publikums | |
stehenden Sebastian Prödl und Aymen Abdennour. Und das Verhängnis nahm | |
seinen Lauf. | |
Prödl, vorige Woche noch Siegtorschütze in Mainz, bewies in zahlreichen | |
Aktionen, dass er auf der Außenposition "nicht seinen Lieblingsplatz hat", | |
wie Klaus Allofs einräumte. "Er kann von dort das Spiel nach vorn nicht | |
eröffnen." Und hinten sah der Österreicher nicht nur beim 0 : 1 schlecht | |
aus, als er Aliaksandr Hleb nicht daran hinderte, zum Torschützen Pavel | |
Pogrebnyak nach innen zu passen. | |
Noch unpässlicher präsentierte sich erneut Abennour auf der linken | |
Abwehrseite. Bei jeder Ballberührung hielten die Zuschauer den Atem an, um | |
sich hinterher oft in Form eines Pfiffs wieder Luft zu verschaffen. | |
Höhepunkt des total verunsicherten Auftritts war es, als der Tunesier | |
zunächst mit dem Ball auf Torwart Tim Wiese zulief, um ihn dann doch lieber | |
diagonal durch den Strafraum einem Stuttgarter in die Füße zu spielen. Auch | |
dem 0 : 2 ging ein Stellungsfehler Abdennours voraus. | |
Klaus Allofs nahm seine Unglücksraben auf den Außenpositionen später in | |
Schutz und richtete seinen Unmut stattdessen auf die pfeifenden Zuschauer. | |
"Ich habe den Eindruck, dass einige hier in Bremen nicht begreifen, dass | |
wir unseren jungen Spielern helfen müssen, statt sie zu verdammen", wehrte | |
sich der Vorstands-Chef gegen das in der Presse und auf der Tribüne | |
grassierende Verteidiger-Bashing. | |
Zurecht wies Allofs darauf hin, dass bei beiden Gegentoren auch erfahrene | |
Spieler in die vorausgegangenen Fehlerketten einbezogen waren. Dennoch | |
klafft zumindest im Fall von Abdennour eine riesige Wahrnehmungsdifferenz | |
im Weserstadion. Während Schaaf und Allofs nach wie vor an die Qualitäten | |
ihres Wintereinkaufs glauben, vermissen die meisten Beobachter bislang | |
jeden Anhaltspunkt dafür, dass er Werders chronische Schwäche auf dieser | |
Position beheben könnte. | |
Die Einwechslung Rosenbergs als Verteidiger hatte zumindest den Effekt, | |
dass die Stuttgarter sich durch diese Notmaßnahme bereits als sichere | |
Sieger fühlten. Plötzlich spielten sie genauso pomadig und lässig wie die | |
Bremer über weite Strecken der ersten Halbzeit. Umgekehrt besannen sich die | |
Grün-Weißen auf ihre bereits mehrfach in dieser Saison gezeigten Qualitäten | |
im Schlussspurt. | |
Und wieder war es Per Mertesacker, der gegen Wolfsburg und Leverkusen | |
erfolgreiche Last-Minute-Torschütze, der mit einem entschlossenen Dribbling | |
und Diagonalpass auf Hugo Almeida die Wende einleitete. Der Portugiese | |
bedankte sich mit seinem Lieblingsschuss - aus vollem Lauf ins lange Eck. | |
Kurz darauf fiel Marko Marin im Strafraum über das Bein von Stefano Celozzi | |
und Torsten Frings verwandelte den fälligen Elfmeter sicher zum Ausgleich. | |
Fast hätten die Bremer sogar noch gewonnen, aber als Marin Almeida mit | |
einem Traumpass aus dem Fußgelenk auf die Reise schickte, stand dieser | |
leider auf halbrechts und traute seinem rechten Fuß den schnellen Abschluss | |
nicht zu. | |
Auch mit dem Unentschieden können die Bremer gut leben. Mehr Sorgen | |
bereitet ihnen die Personallage vor den kommenden englischen Wochen. "Wir | |
müssen das Beste daraus machen, weil wir auch künftig keine 30 oder 35 | |
Spieler im Kader haben werden", sagte Klaus Allofs. Könnte sein, dass der | |
rechte Verteidiger am Donnerstag in Valencia von Beginn an Rosenberg heißt. | |
7 Mar 2010 | |
## AUTOREN | |
Ralf Lorenzen | |
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