# taz.de -- Missbrauch in der Kirche: Krise heizt Streit um Zölibat an | |
> Das Eheverbot für Priester wird auch von führenden Katholiken infrage | |
> gestellt. Der Erfurter Weihbischof erklärte jedoch, zwischen Zölibat und | |
> Missbrauch gebe es keine bewiesenen Zusammenhänge. | |
Bild: Gerät ins Wanken: Die Katholische Kirche und ihre Symbole. | |
HAMBURG dpa | Die Kirchenkrise nach der Aufdeckung zahlreicher | |
Missbrauchsfälle in katholischen Einrichtungen hat den Streit um das | |
Eheverbot für Priester neu angeheizt. Der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen | |
Jaschke und der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken | |
(ZdK), Alois Glück, stellten am Wochenende die Pflicht zum Zölibat infrage. | |
Hingegen sprach sich der Weihbischof des Bistums Erfurt, Reinhard Hauke, | |
gegen die Abschaffung des Eheverbots für katholische Pfarrer aus. Auch | |
Papst Benedikt XVI. gilt als strenger Verfechter des Zölibats. | |
Weihbischof Jaschke plädierte im Hamburger Abendblatt vom Samstag dafür, | |
auch katholischen Priestern die Ehe zu erlauben. Eine Koexistenz von | |
Zölibat und verheirateten Geistlichen sollte möglich sein. Einen | |
unmittelbaren Zusammenhang zwischen der großen Zahl von Missbrauchsfällen | |
in katholischen Einrichtungen und dem Zölibat sieht Jaschke zwar nicht: | |
"Allerdings kann die zölibatäre Lebensform auch Menschen anziehen, die eine | |
krankhafte Sexualität haben", sagte der katholische Geistliche der Zeitung. | |
Verheiratete Priester könnten die katholische Kirche bereichern, meinte der | |
Hamburger Weihbischof. Er könne sich vorstellen, dass sie Sorgen und | |
Anliegen von Familien besser verstehen könnten. Auch dem Priestermangel | |
könne so vielleicht abgeholfen werden, meinte Jaschke. | |
Sein Erfurter Amtskollege Hauke äußerte im MDR 1 Radio Thüringen hingegen | |
die Sorge, mit dem Zölibat könne der katholischen Kirche ein sehr kostbarer | |
Wert verloren gehen. Ein Zusammenhang zwischen Zölibat und sexuellem | |
Missbrauch sei wissenschaftlich nicht erwiesen. | |
ZdK-Präsident Glück brachte in der Süddeutschen Zeitung wie Jaschke eine | |
Lockerung des Eheverbots ins Gespräch. Dies sei "ein Weg". Die Kirche müsse | |
"Konsequenzen struktureller Art ziehen und dabei reflektieren, ob es | |
kirchenspezifische Bedingungen gibt, die den Missbrauch begünstigten", | |
sagte Glück. | |
Zuvor hatte Literaturnobelpreisträger Günter Grass eine Abschaffung des | |
Heiratsverbots gefordert. "Anfälligkeiten für Kindesmissbrauch gibt es | |
überall dort, wo Menschen mit Kindern zu tun haben, aber verschärft wird es | |
durch das Zölibat", sagte Grass der dpa. | |
Über seine Erfahrungen als Messdiener mit zwölf Jahren berichtete Grass: | |
"Beim Katechismusunterricht gab's einen Vikar, der nichts Gravierendes | |
gemacht hat, aber er konnte die Hände nicht lassen, strich über den | |
Scheitel und manchmal verschwand die Hand auch hinter dem Hemd - es war ein | |
ganz lieber, sanfter Kerl, der mit dem Zölibat nicht fertig wurde." Eine | |
Abschaffung des Eheverbots für katholische Priester würde nebenbei auch die | |
niedrige Geburtenrate aufbessern, fügte der Schriftsteller hinzu. | |
14 Mar 2010 | |
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