# taz.de -- Konflikt USA versus Israel: "Wir werden weiter in Jerusalem bauen" | |
> Der US-Gesandte George Mitchell verschiebt seine Nahost-Reise: Das Weiße | |
> Haus fühlt sich "beleidigt" durch den Siedlungsbau Israels – und | |
> verschärft den Ton, aber ohne Erfolg. | |
Bild: Israel tanzt den USA auf dem Kopf herum ... | |
JERUSALEM taz | Ein paar hundert jungen Palästinensern kam der Aufruf der | |
Hamas zum Tag des Zorns gerade recht. Im Ostjerusalemer Viertel Vadi Joz | |
brannten Autoreifen, Müllcontainer wurden umgeworfen. Mit | |
Tränengasgeschossen versuchte ein Sonderaufgebot von Soldaten und zum Teil | |
berittener Polizei am Dienstag die Demonstration der Palästinenser | |
aufzulösen. | |
Neben der in Ostjerusalem fortgesetzten Siedlungspolitik hatte die | |
Einweihung einer instand gesetzten Synagoge im jüdischen Viertel der | |
Altstadt die Gemüter erhitzt. Auch an der diplomatischen Front gab es | |
Protest gegen die israelische Regierung. Der US-Nahostgesandte George | |
Mitchell sagte seine für diese Woche geplante Reise in die Region | |
kurzfristig ab. Mitchell wird vermutlich im Anschluss an seine für | |
Donnerstag in Moskau geplanten Beratungen mit dem "Nahost-Quartett" (USA, | |
EU, UN und Russland) nach Jerusalem reisen. | |
"Das hier ist erst der Anfang", glaubt der 19-jährige Mullar aus Vadi Joz, | |
den die Wiedereröffnung der 300 Jahre alten Hurva-Synagoge in der Altstadt | |
erboste, "weil sie sich direkt unter unseren heiligen Stätten befindet". | |
Mehrere rechtskonservative israelische Politiker hatten die Zeremonie der | |
Wiedereröffnung genutzt, um an die Rückkehr der Juden aus der Diaspora zu | |
erinnern. Nichts sei "gerechter als unser Festhalten an Jerusalem, und | |
nichts ist moralischer als in Jerusalem, in ganz Jerusalem zu bauen", sagte | |
der Knesset-Sprecher Rubi Rivlin (Likud). | |
An verschiedenen Unruheherden in Jerusalem, in der Altstadt und im | |
Flüchtlingslager Schoafat, wurden gestern über 40 Demonstranten verhaftet. | |
Mehrere Menschen trugen Verletzungen davon. Die israelischen | |
Sicherheitskräfte nahmen den Aufruf zum "Tag des Zorns" ernst und waren mit | |
3.000 Beamten im Einsatz. Das massive Aufgebot schreckte die Jugendlichen | |
in Vadi Joz wenig. "Am Ende werden wir gewinnen, denn Allah schützt uns", | |
hoffen Mullar und seine Freunde. | |
Dass der Konflikt friedlich aus der Welt geschaffen werden kann, wollen die | |
Palästinenser immer weniger glauben. Diese Woche hätten die indirekten | |
Friedensverhandlungen Israels mit den Palästinenser beginnen sollen. | |
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas machte aufgrund der 1.600 geplanten | |
neuen Wohnungen für Israelis in Ostjerusalem einen Rückzieher und lehnte | |
einen erneuten Dialog ab. Auch US-Präsident Barack Obama könne nichts | |
ausrichten, sagt der junge Mullar aus Vadi Joz. "Israel braucht das Geld | |
der USA nicht mehr." | |
Nur um Finanzhilfen geht es indes bei den Beziehungen zwischen den beiden | |
so eng verbündeten Staaten Israel und USA nicht, die von der "schwersten | |
Krise seit 35 Jahren erschüttert werden", wie der israelische Botschafter | |
Michael Oren glaubt. Die innerisraelischen Kritiker appellieren an | |
Regierungschef Benjamin Netanjahu, seine Koalition aufzubrechen. Nur so | |
könne der Friedensprozess vorangetrieben werden, nur so bewahre man sich | |
den starken Freund USA, auf den man nicht zuletzt mit Blick auf die | |
wachsende Atommacht Iran stärker angewiesen sei als je zuvor. | |
Bislang bleibt Netanjahu starrköpfig: "Wir werden weiter in Jerusalem | |
bauen", verkündete er diese Woche im Abgeordnetenhaus. Nach Ansicht des | |
israelischen Premierministers war die Krise mit den USA noch während des | |
Besuchs von US-Vizepräsident Joe Biden bewältigt worden. Doch diesmal saß | |
der Schmerz deutlich tiefer in der US-Regierung. Außenministerin Hillary | |
Clinton las Netanjahu eine Dreiviertelstunde lang telefonisch die Leviten. | |
Von einem offenen "Affront", einer "Beleidigung" ist offenbar im Weißen | |
Haus die Rede, und der Druck auf Obama wächst, nicht nur verbal den Frieden | |
in Nahost voranzutreiben, sondern konkrete Maßnahmen gegen die | |
Siedlungspolitik einzuleiten. | |
Abbas erwartet nicht weniger, als dass die Amerikaner ihren Einfluss auf | |
Israel so stark ausüben, dass der Beschluss für 1.600 Neubauten rückgängig | |
gemacht wird. Ein zumindest inoffizieller Baustopp für Siedlungen in | |
Ostjerusalem gehört vermutlich zu den drei Bedingungen, die Clinton unter | |
Ausschluss der Öffentlichkeit gegenüber Netanjahu zu Gehör brachte. Bisher | |
hatte Clinton mit ihrer Forderung noch keinen Erfolg. | |
17 Mar 2010 | |
## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
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