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# taz.de -- Kommentar Schweiz und Gaddafi: Kuhhandel mit Geiselnehmer
> Die Schweiz verhandelt hinter den Kullissen weiter über Gaddafis groteske
> Forderungen, anstatt ein Strafverfahren einzuleiten. Die letzte Geisel
> wird so nicht freikommen.
Staaten sind im Wesentlichen selbst dafür verantwortlich, ob sie sich
erpressen lassen oder nicht. Das zeigt die Affäre um die beiden Schweizer,
die der libysche Diktator Muamar al-Gaddafi jetzt schon seit über 20
Monaten als Geiseln hält. Ein Jahr lang setzte sich die Regierung in Bern
nur sehr zögerlich für die Freilassung ihrer beiden Staatsbürger ein. Die
Wirtschaftsbeziehungen mit dem nordafrikanischen Wüstenstaat und künftige
Aufträge waren ihr wichtiger als grundlegende Menschenrechte.
Aus demselben Grund hielten weitere ausländische Regierungen und in Libyen
tätige Unternehmen bis letzte Woche geheim, dass Gaddafi noch mindestens 50
weitere Menschen teils monatelang in Gefängnisse steckte oder an der
Ausreise hinderte. Damit nahm der Diktator Rache dafür, dass sein Sohn
wegen schwerer Körperverletzung von zwei Hausdienern im Juli 2008 -
rechtstaatlich völlig korrekt - für 48 Stunden in Genf in Haft saß.
Hätten die Schweiz und die anderen betroffenen Länder sofort gegen Gaddafis
schweren Völkerrechtsverstoß protestiert, die UNO eingeschaltet und
internationale Visa-Restriktionen für libysche Regierungsvertreter
durchgesetzt, als der Diktator die ausländischen Staatsbürger als Geiseln
nahm, wären sie binnen Kurzem freigelassen worden. So wäre es auch nicht
dazu gekommen, dass zehn Monate später Fotos von Hannibals Haft an eine
Genfer Zeitung gelangten. Für diese Panne bei der Genfer Polizei hat sich
die Regierung der UNO-Stadt jetzt zu Recht entschuldigt und sogar eine
Entschädigung angeboten.
Abgesehen davon lässt sich die Schweiz weiter erpressen. Statt endlich ein
Strafverfahren gegen Hannibal Gaddafi wegen schwerer Körperverletzung zu
verlangen, verhandelt Bern hinter den Kulissen weiter über Libyens völlig
groteske Forderung nach einer Bestrafung der Polizisten, die für seine
Festnahme verantwortlich waren. Daher ist nicht absehbar, wann die letzte
Schweizer Geisel Max Göldi freikommt.
18 Mar 2010
## AUTOREN
Andreas Zumach
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