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# taz.de -- Autoritäre Regierung in Äthiopien: Hilfe nur für Regimetreue
> Zwei Monate vor den Wahlen übt Human Rights Watch scharfe Kritik an der
> autoritären Regierung von Premier Meles Zenawi und bemängelt Wegsehen der
> Geber.
Bild: Ganz links: Meles Zenawi.
Als den Journalisten die Fragen beinahe ausgegangen sind, muss Georgette
Gagnon grinsen. Warum der Bericht zur Menschenrechtslage in Äthiopien denn
nicht in Äthiopien vorgestellt werde, will ein Kollege bei der
Pressekonferenz in Kenias Hauptstadt Nairobi wissen. "Irgendetwas sagt mir,
dass man mir das wohl nicht erlaubt hätte", kiekst die Amerikanerin. Kein
Wunder: Das Verhältnis zwischen der Afrikadirektorin von Human Rights Watch
und der Regierung von Äthiopiens Premier Meles Zenawi gilt nicht erst
jetzt, zwei Monate vor den äthiopischen Wahlen, als zerrüttet.
Was Human Rights Watch über das Äthiopien der Gegenwart zusammengetragen
hat, liest sich wie ein Spiegelbild der früheren stalinistischen Diktatur,
die der damalige Rebellenführer Zenawi vor 19 Jahren gestürzt hatte. "1977
verfassten wir einen Bericht über das brutale Militärregime und den roten
Terror in Äthiopien, und dieser Bericht ist dem, was wir jetzt verfasst
haben, sehr ähnlich", sagt Gagnon. Auf dem Land habe Zenawis Revolutionäre
Demokratische Front der Äthiopischen Völker (EPRDF) die Kontrolle über alle
Lebensbereiche übernommen. "Dünger, Saatgut, Mikrokredite, Ausbildung
werden entweder als Belohnung für Unterstützer vergeben oder Kritikern als
Bestrafung vorenthalten." Ein EPRDF-Mitglied wird zitiert: "Ich bin nur
deshalb in der Regierungspartei, weil ich auf Nahrungsmittelhilfe
angewiesen bin - nur wer in der Partei ist, bekommt diese Hilfe."
Wegen des politischen Missbrauchs von Hilfe aus dem Westen kritisiert
Gagnon besonders die westlichen Gebernationen. Hinter den Kulissen, sagt
sie, gäben die meisten Diplomaten zu, wie schlecht es um Äthiopien stehe.
"Doch in der Öffentlichkeit übt kaum jemand Kritik." Gagnons Vorwurf wendet
sich auch an Deutschland: Die Bundesrepublik ist einer der bedeutendsten
Geber in Äthiopien, mit 96 Millionen Euro von 2009 bis 2011. "Die
Geberländer könnten Hilfe durch andere Kanäle als die Regierung verteilen,
und sie könnten unabhängige Kontrollen darüber einfordern, wie und an wen
die Hilfe fließt", mahnt Gagnon an. "Im Moment tun sie nichts von alledem."
Die Regierung und die Regierungspartei, bilanziert Gagnon, sind längst
verschmolzen. "Und die Regierung nutzt all ihre Möglichkeiten, um die
Opposition zu knebeln und die Bevölkerung einzuschüchtern." Mit aller Kraft
will Zenawi offenbar eine Wiederholung der Ereignisse bei Äthiopiens
letzten Wahlen 2005 verhindern. Das waren Äthiopiens erste pluralistische
Wahlen, aber als die Opposition überraschend starke Gewinne verzeichnete,
reagierte der Staat mit eiserner Hand: Oppositionsführer wurden inhaftiert,
mehr als 200 Demonstranten erschossen.
Diesmal, sagt Gagnon, gibt es von vornherein keinerlei
Protestmöglichkeiten. Viele Oppositionelle und Journalisten sind ins
Ausland geflohen, andere sitzen im Gefängnis. Dass Zenawi Ende Mai
wiedergewählt wird, daran zweifelt niemand.
24 Mar 2010
## AUTOREN
Marc Engelhardt
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