# taz.de -- Kommentar Usbekistan: Skandal mit System | |
> Es wäre naiv, die militärische Unterstützung des usbekischen Regimes zu | |
> kritisieren, ohne über den Afghanistaneinsatz zu sprechen. | |
Die Bundesregierung unterstützt ein Regime, das hunderte Demonstranten vom | |
Militär zusammenschießen ließ und im Nachhinein jede Aufarbeitung verwehrt. | |
Sie lässt in dem Land einen militärischen Flughafen ausbauen. Und sie lädt | |
Soldaten des Regimes nach Deutschland ein, damit sie von der Bundeswehr | |
ausgebildet werden. Das Ganze zu einer Zeit, in der ein Waffenembargo der | |
Europäischen Union gilt: Das darf zu Recht Skandal genannt werden. | |
Doch es geht nicht um eine Ausnahmesituation oder ein spezielles | |
Fehlverhalten. Es geht nicht um Nachlässigkeit und Ignoranz. Für die | |
Bundeswehr ist die Kooperation mit Usbekistan eine militärische | |
Notwendigkeit, ein Kollateralschaden des Afghanistaneinsatzes. Alle vier | |
Monate werden über Termes 4.500 deutsche Soldaten nach Afghanistan | |
gebracht, 4.500 nach Hause geflogen. Ohne den deutschen Stützpunkt im | |
usbekischen Termes, ohne die einst von der Sowjetarmee für ihre | |
Afghanistaninvasion errichtete Landebahn wäre der Bundeswehreinsatz in | |
Kundus und Masar-i-Scharif nicht zu organisieren. | |
Und die Abhängigkeit von Usbekistan nimmt weiter zu. Um die hunderttausend | |
Soldaten hat die Nato mittlerweile in Afghanistan stationiert. Das | |
entspricht schon der Bevölkerung einer mittleren deutschen Stadt. Die | |
wollen nicht nur essen und trinken, die benötigen auch Ersatzteile, | |
Munition und vor allem große Mengen Treibstoff. Seit die Konvois durch | |
Pakistan immer häufiger angegriffen werden, wird zunehmend die Route über | |
den Norden Afghanistans und Usbekistan genutzt. Verärgert Deutschland das | |
usbekische Regime, ist dieser Zugang gefährdet. Dann kann der Bundeswehr | |
und den anderen Nato-Armeen sehr schnell der Sprit ausgehen. | |
Es wäre deshalb naiv und unpolitisch, die militärische Unterstützung des | |
usbekischen Regimes zu kritisieren, ohne über den Afghanistaneinsatz zu | |
sprechen. Wer militärisch interveniert, der ist fast immer von der Gunst | |
der Nachbarstaaten abhängig. Wer in Afghanistan mit militärischen Mitteln | |
für Demokratie und Menschenrechte eintreten will, muss sich im Klaren | |
darüber sein, dass damit ein paar Kilometer weiter nördlich ein | |
verbrecherisches Regime unterstützt wird. Mit hehren moralischen Zielen hat | |
das dann kaum noch zu tun. Umso mehr mit simpler militärischer Logik. | |
Der Skandal bleibt ein Skandal. Aber er hat System. | |
24 Mar 2010 | |
## AUTOREN | |
Eric Chauvistré | |
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