# taz.de -- Firmenpolitik von Apple und Facebook: Die Rückkehr der umzäunten … | |
> Apple und Facebook sind dabei, Mauern im Internet wieder aufzubauen. User | |
> werden mit einfacher Bedienung gelockt, verlieren aber Auswahl. | |
Bild: Eine einzige Firma kontrolliert, was auf das Gerät darf und was nicht: d… | |
Ende der Woche ist es soweit: Dann erscheint Apples lang erwartetes iPad. | |
Das iPad steht neben all den großen Tönen von der Medienrevolution aber | |
auch für eine eher unschöne Entwicklung: Die Rückkehr zu den so genannten | |
Walled Gardens, den umzäunten Gärten. Der Begriff stammt aus den frühen | |
Jahren des Netzzeitalters: Bevor sich das Internet endgültig durchgesetzt | |
hatte, versuchten sich zig Online-Dienste an eigenen Plattformen mit | |
eigenem Gebührenschema, die nur teilweise miteinander kompatibel waren. | |
Dann kam das Web, wurde ein fundamentaler Erfolg und wusch (fast) alles | |
Alte weg. | |
Apples Tablet-Rechner ahmt einen zentralen Punkt dieser eigentlich als | |
ausgestorben geltenden, abgeschlossenen Systeme nach: Eine einzige Firma | |
kontrolliert, was auf das Gerät darf und was nicht. Sie ist an allen | |
Umsätzen (hier: 30 Prozent) beteiligt und gibt die Regeln vor, was andere | |
Firmen zu entwickeln haben. Wo Innovationen Dritter womöglich das eigene | |
Geschäft kaputt machen könnten, sagt man einfach "Stopp" - da man der | |
zentrale Gatekeeper ist, worauf sich alle vertraglich eingelassen haben, | |
ist das kein Problem. | |
Nun ist Apple nicht der schlimmste Diktator - die Firma hat Geschmack, weiß | |
oft, was die User wollen und lässt sich, wenn auch manchmal nur unter | |
massivem Druck, im Nachhinein oft zum Einlenken bewegen. Trotzdem: Was | |
Apple mit dem iPad und vorher mit dem iPhone macht und machen kann, | |
entspricht einem Willkürregime. Man kann [1]["Bild" ohne nackte Oberweiten] | |
oder [2][5000 gestrichene Ero-Apps] sympathisch finden - aber wie kann es | |
sein, dass ein Computerhersteller plötzlich den inhaltlichen Zensor spielt? | |
Natürlich: Auch auf dem iPad hat das Web weiter seinen Platz. Ein allem | |
Anschein nach hübsch gestalteter Browser namens Safari mit Unterstützung | |
aktueller Standards soll das Netz dank Multitouch-Bedienung "anfassbar" | |
machen. Im Gegensatz zu den regulären Anwendungen auf dem iPad kontrolliert | |
Apple das, was hier einläuft, nicht. (Das wäre ja auch noch schöner.) | |
Entwickler können also, wenn sie möchten, auch für den Browser eigene | |
Programme schreiben: so genannte Web-Apps. Die haben allerdings den | |
Nachteil, dass sie nur Teile der großen Funktionsvielfalt, die das iPad | |
bieten soll, unterstützen. | |
Die wirklich spannenden Dinge sind bislang nur mit echten, sprich: von | |
Apple zugelassenen, Programmen möglich, die direkten Zugriff auf die | |
Hardware erhalten. Hinzu kommt, dass Apple auch bei Safari die Hosen anhat: | |
Es ist die bislang einzige Browser-Plattform, die für iPhone, iPod touch | |
oder iPad von dem Konzern zugelassen ist. So konnte Apple etwa entscheiden, | |
dass man die Animations- und Videotechnik Flash nicht auf dem iPad haben | |
will. Ergebnis: Zig Websites von der "New York Times" bis zum | |
"Time"-Magazin basteln derzeit fieberhaft an Lösungen, um dieses Manko zu | |
umgehen. | |
Aber nicht nur Apple bastelt fleißig am umzäunten Garten. Ein zweiter | |
scheinbar unaufhaltsamer Gigant übernimmt parallel das halbe Internet. Die | |
Rede ist von Facebook, dem sozialen Netzwerk, dessen Gründer meint, | |
Datenschutz sei [3][überholt]. Wer sich bei Facebook einloggt, hat es nur | |
noch beschränkt mit dem freien Web zu tun. | |
Die Firma versucht, ihre mehr als 300 Millionen Nutzer möglichst lange in | |
der eigenen Netzwelt zu halten. Dort gibt es alles, was man braucht: Man | |
kann "Fans" von Unternehmen, Musikern oder sozialen Projekten werden, | |
"Farmville" spielen, bis der Arzt kommt, Chatten, Musikhören oder seinen | |
Freundeskreis von virtuellen Zombies verspeisen lassen. Will man zurück ins | |
reguläre Netz, erscheint eine furchterregende Warnung: Achtung, Sie | |
verlassen jetzt Facebook! Denn, so glauben die Betreiber offenbar, der Rest | |
des Netzes, den sie nicht kontrollieren, ist ein gefährliches Pflaster. | |
Dass auch Facebook selbst gefährlich sein kann, etwa durch Malware oder | |
Phishing-Angriff, wird dabei galant unterschlagen. | |
Aktuell ist Facebook dabei, seine Technik möglichst weit zu verbreiten. | |
Mittels "Facebook Connect" bauen immer mehr Websites Funktionen des | |
sozialen Netzwerks bei sich ein. Sie werden damit angelockt, dass Facebook | |
ihnen Nutzer bringen könnte. Demnächst soll es möglich sein, auf nahezu | |
allen Internet-Angeboten Zugriff auf Facebook-Inhalte und den eigenen | |
"sozialen Graphen" zu erhalten. Facebook erhält im Gegenzug jede Menge | |
Daten und kann dann genauer werben. Damit wird der Social Networking-Riese | |
zu einer Art Online-Dienst durch die Hintertür. Auch hier konzentriert sich | |
mehr Macht, als es vielen Usern lieb sein dürfte. | |
30 Mar 2010 | |
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## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
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