# taz.de -- Schiffsunglück vor Australien: Great Barrier Reef droht Ölpest | |
> Der Tanker "Shen Neng 1" ist vor der Küste Australiens auf Grund gelaufen | |
> - nahe des weltgrößten Korallenriffs. Die ersten Tonnen Öl sind bereits | |
> ausgelaufen. | |
Bild: Bisher entweichen nur kleine Mengen Öl aus dem Frachter "Shen Neng 1". | |
CANBERRA taz | Experten der australischen Regierung und Bergungskräfte | |
waren auch am Montag damit beschäftigt, das am Samstag auf das Barrier Reef | |
vor der Ostküste des Landes aufgelaufene Schiff "Shen Neng 1" zu | |
stabilisieren. Am Wochenende hatte der chinesische Kohlefrachter wegen | |
rauer See und hoher Wellen auseinanderzubrechen gedroht. Am Sonntag hatte | |
das Schiff schon drei bis vier Tonnen Öl verloren. Der Treibstoff bildete | |
auf dem Wasser einen drei Kilometer langen und hundert Meter breiten | |
Teppich. | |
Der Frachter war am Samstagabend östlich der Insel Great Keppel Island in | |
voller Fahrt auf ein Korallenriff aufgelaufen. Das 230 Meter lange Schiff | |
hatte zuvor in der Stadt Gladstone 65.000 Tonnen Kohle geladen sowie 950 | |
Tonnen Öl als Treibstoff. Laut Patrick Quirk vom örtlichen Seenotfalldienst | |
stehen Freiwillige bereit, um mögliche Verschmutzungen der Küstengebiete zu | |
bekämpfen. Bricht das Schiff auseinander, droht vor allem den Ufergebieten | |
nördlich der Insel eine Ölpest. | |
Die Besatzungsmitglieder der "Sheng Neng 1" befanden sich am Montag noch | |
auf dem Frachter, standen aber bereit zur Evakuierung. Zwei Schleppboote | |
versuchten am Montag, den Frachter zu stabilisieren. Experten wollen am | |
Dienstag damit beginnen, Öl abzupumpen. Der australische Umweltminister | |
Peter Garrett ernannte eine Expertenkommission, die Schäden am Riff | |
analysieren soll. | |
Wie Anna Bligh, die Regierungschefin des Bundesstaats Queensland, meinte, | |
sind die Schäden am Schiff substanziell. "Betroffen ist der Motor, das | |
Ruder und andere Teile des Frachters", so Blight. Sie gab bekannt, die | |
Besitzer des chinesischen Schiffs "mit der vollen Kraft des Gesetzes" zur | |
Rechenschaft ziehen zu wollen. Dem Unternehmen droht eine Buße von | |
mindestens einer Million australischer Dollar (680.000 Euro). Außerdem muss | |
die Firma für die Bergungs- und Reinigungsarbeiten aufkommen. Laut Anna | |
Bligh sei der Frachter außerhalb der vorgeschriebenen Schiffswege in einer | |
Zone des Riffs aufgelaufen, das zum Barrier-Reef-Naturschutzgebiet gehört. | |
Wie es dazu kommen konnte, sei Gegenstand von Ermittlungen. | |
Meeresbiologen warnen seit langem vor der Möglichkeit einer großflächigen | |
Ölpest am 2.000 Kilometer langen Riff. Eine solche Katastrophe hätte nicht | |
nur schwerste Konsequenzen für die Natur, sondern auch für die | |
Reiseindustrie: Indirekt ist das Riff für zehntausende von Arbeitsplätzen | |
verantwortlich. Es wird pro Jahr von Millionen Reisenden aus aller Welt | |
besucht. Das Barrier Reef zählt zu den sieben Weltwundern der Natur und | |
wurde 1981 von der Unesco zum Weltnaturerbe erklärt. | |
Eine Sprecherin der australischen Grünen kritisierte am Sonntag, dass | |
ausländische Frachtschiffe regelmäßig unkontrolliert durch das ökologisch | |
höchst empfindliche Gebiet fahren. Kritik kam auch vom Verband der | |
Berufsfischer in Queensland. Ein Sprecher meinte, Fischer würden von den | |
Behörden stärker kontrolliert als große Frachter. "Alle unsere Schiffe sind | |
verpflichtet, 24 Stunden am Tag Überwachungsgeräte an Bord zu haben", so | |
Michael Gardiner. "Im Gegensatz dazu fahren riesige Frachtschiffe voll | |
beladen mit Kohle und Öl durch ein Naturschutzgebiet, ohne dass ihre | |
Position bekannt ist." | |
Vor einem Jahr hatte ein in Hongkong beheimatetes Frachtschiff vor der | |
Insel Moreton bei schwerer See tausende von Litern Öl verloren. Die | |
Behörden mussten bisher unberührte Strände zum Katastrophengebiet erklären. | |
Auf 60 Kilometern Küste wurde damals Öl angeschwemmt. Die Besitzer des | |
Schiffs boten damals 25 Millionen australische Dollar als Kompensation für | |
die angerichteten Schäden an. | |
5 Apr 2010 | |
## AUTOREN | |
Urs Wälterlin | |
## TAGS | |
Great Barrier Reef | |
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