# taz.de -- Streit der Woche Soziale Netzwerke: "Echte Freunde brauchen Pflege" | |
> Machen soziale Netzwerke unsozial? Nein, sagt Verbraucherschutzministerin | |
> Aigner. Die Grüne Göring-Eckhard befürchtet dagegen ein falsches | |
> Verständnis von Freundschaft. | |
Bild: Machen Online-Netzwerke unsozial? „Viele von uns können noch laufen, o… | |
Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner schätzt die Möglichkeiten der | |
sozialen Online-Plattformen. „Ich bleibe dabei: Soziale Netzwerke und das | |
Internet bereichern unser Leben, auch meines“, schreibt die CSU-Politikerin | |
im „Streit der Woche“ der sonntaz. Online-Netzwerke brächten Menschen | |
zusammen, unabhängig von Aufenthaltsort und Nationalität. In der | |
vergangenen Woche hatte Aigner wegen der geplanten Datenschutz-Lockerung | |
dem Netzwerk Facebook mit ihrer Abmeldung gedroht. Aigner kritisiert aber | |
die Profitgier der Plattform-Anbieter: „Leider hat das Streben nach Größe | |
und Profit manche IT-Manager vergessen lassen, dass Netzwerke auf einem | |
fairen Miteinander gründen.“ | |
Katrin Göring-Eckhard sieht dagegen die Gefahr, dass vor lauter | |
Kontaktesammeln vergessen und verlernt werde, dass echte Freunde dauerhaft | |
Zuneigung und Pflege brauchen. Neben den Vorteilen der „niedrigschwelligen | |
Netzwerkerei“ sieht sie eine Beliebigkeit des Freundebegriffs im Netz: | |
„Schon allein, dass man sich nicht in die Augen sehen, riechen, fühlen | |
kann, ist ein Problem. Und dass man immer nur den Teil zu lesen bekommt, | |
der für die allgemeine Öffentlichkeit bestimmt ist.“ | |
Der Blogger, Autor und Journalist Sascha Lobo hält das Bild des blassen, | |
vereinsamten Nerds vor dem Bildschirm für ein Vorurteil und widerlegt diese | |
„diffuse Asozialitätsvermutung“. Nach einer Untersuchung von Patti | |
Valkenburg von der Universität Amsterdam verbessern Social Networks das | |
Sozialverhalten von Jugendlichen sogar, argumentiert Lobo. | |
Spreeblick-Blogger Johnny Haeusler hält die These, dass Online-Netzwerke | |
unsozial machen, für absurd. Der Mitveranstalter der re:publica, die in der | |
kommenden Woche in Berlin stattfindet, antwortete taz.de auf die | |
Streitfrage: „Viele von uns können noch laufen, obwohl es Autos gibt, und | |
mögen Teilchen, obwohl die alle kollidiert sind. Ich gehe also davon aus, | |
dass sich Menschen auch weiterhin für andere Menschen interessieren werden, | |
obwohl sie sich für andere Menschen interessieren.“ | |
Dass Menschen weniger miteinander kommunizieren, je mehr | |
Kommunikationsmittel sie haben, meint dagegen Gabriele Farke, Initiatorin | |
und Vorsitzende des Vereins Hilfe zur Selbsthilfe bei Onlinesucht. Sie | |
sagte taz.de: „Unsere Hilfesuchenden berichten vor allem von langen und | |
häufigen Nutzungszeiten in FaceBook oder StudiVZ.“ Das Tragische sei, dass | |
ein Großteil von ihnen der realen Isolation entkommen will, aber dabei | |
nicht merkt, dass sie sich immer mehr isolieren und sogar entsozialisieren. | |
Im Streit der Woche debattieren außerdem Wissenschaftler Ulrich Reinhardt, | |
Cybermobbing-Experte Tobias H. Strömer, Persönlichkeitspsychologe Mitja | |
Back und taz.de-Leser Jörg Jelden. | |
9 Apr 2010 | |
## AUTOREN | |
Kirsten Menzel | |
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