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# taz.de -- Bayrischer Rundfunk: Die Keine-Wahl-Wahl
> Ein Regierungssprecher soll neuer Intendant des Bayrischen Rundfunks
> werden. Die Grünen kritisieren, dies sei für die Debatte über die
> Staatsferne des Rundfunks fatal.
Bild: Noch-Regierungssprecher Ulrich Wilhelm mit Angela Merkel.
Am Donnerstag um zwölf Uhr Mittag ist Schluss: Wer Thomas Gruber als
Intendant des Bayerischen Rundfunks (BR) ablösen möchte, muss bis dahin
vorgeschlagen sein. Ein High Noon zu München wird es aber kaum geben. Denn
der Nachfolger steht schon so felsenfest, dass die sonst stehts vorsichtige
FAZ schon vergangene Woche meldete: "Ulrich Wilhelm wird BR-Intendant." Vom
Amt des Regierungssprechers (mit CSU-Parteibuch) in Berlin fast direkt auf
den Intendantensessel in München - geht das?
Nein, sagen zumindest die Grünen: Das sei kein "gutes Symbol für den
öffentlich-rechtlichen Rundfunk und die laufende Debatte über seine
Staatsferne", so Tabea Rößner, medienpolitische Sprecherin der Partei.
Schließlich beschäftigt nach dem politisch motivierten Quasirauswurf von
Nikolaus Brender beim ZDF die mangelnde Staatsferne im
öffentlich-rechtlichen Rundfunk demnächst das Bundesverfassungsgericht.
Doch im BR-Rundfunkrat sei die "Mehrheit klar für Wilhelm", sagt der
bayerische Landtagsabgeordnete Ludwig Hartmann, der für die Grünen im
obersten Gremium der Anstalt sitzt. "Das hat einen schlechten Beigeschmack.
Die ARD macht sich damit angreifbar und die Glaubwürdigkeit der
öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten leidet." Besonders vergrätzt
Hartmann, dass "viel vorher gemauschelt wurde" - offiziell teilte
BR-Intendant Gruber seinen Rundfunkräten erst im März mit, vorzeitig und
schon zum Jahresende abzutreten. "Doch viele wussten seit Anfang des Jahres
Bescheid", sagt Hartmann. Die schon für Mai terminierte "Wahl" beim BR sei
eigentlich gar keine mehr, "wenn der Ausgang schon feststeht", dabei habe
sich Wilhelm selbst bislang gar nicht zu einer Kandidatur geäußert.
Tatsächlich dürfte die Personalie Wilhelm noch ein bisschen älter sein:
ARD-intern heißt es, Gruber habe schon im vergangenen Jahr seinen
Wunschnachfolger in Berlin loszueisen versucht, bei Bundeskanzlerin Angela
Merkel (CDU) aber auf Granit gebissen.
Beim Senderverbund hat der BR gerade übrigens keinen besonders guten Ruf:
"Egal was kommt, es kann nur besser werden", sagt ein Insider. Denn der BR,
immerhin eine der ganz großen ARD-Anstalten, finde überregional kaum noch
statt und habe sich ganz dem "Mir san mir"-Gefühl ergeben. Und da kommt
vielen der bestens beleumundete Ulrich Wilhelm, der trotz CSU-Parteibuch
garantiert kein Seehofer-Mann ist und als Sprecher der großen Koalition
auch der SPD überzeugend diente, gerade recht: Die "Idee Wilhelm" halte man
"durchweg für nicht schlecht", heißt es in Intendantenkreisen, es gebe ja
auch "andere Horrorvorstellungen, was in München passieren könnte". Dass
der fast direkte Wechsel von der Regierungsbank zur ARD trotzdem "kein
glückliches Bild" abgibt, ist immerhin auch manchem ARD-Hierarchen klar.
Im BR-Rundfunkrat herrscht ebenfalls wenig Skepsis: Wilhelm sei selbst
Journalist und "hat gezeigt, dass er fair mit Journalisten umgeht", sagt
Wolfgang Stöckel, der im Rat den Bayerischen Journalistenverband vertritt.
Der BR sei "verkrustet durch die Stränge, die sich über Jahre im Haus
aufgebaut haben". Da komme ein Wilhelm gerade recht, so Stöckel. Zudem
bringe er "genügend politischen Kontakt mit, um im Zweifel für den
öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu punkten. "Berührungsängste" habe er
daher nicht, sagt Stöckel, unter dem Aspekt der "Staatsferne muss man diese
Diskussion nicht führen". Wilhelm sei schließlich ein unabhängiger Kopf,
der seinerzeit "auch nicht gerade freiwillig aus München weggegangen ist".
Und der bislang einen guten Job für Angela Merkel macht: "Dieser Sprecher
wird der Kanzlerin fehlen", titelte die FAZ vergangene Woche über Wilhelm -
der ARD hat er gerade noch gefehlt.
13 Apr 2010
## AUTOREN
Steffen Grimberg
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