# taz.de -- Air Berlin macht Testflüge: Nur Fliegen wäre schöner | |
> Mehrere Fluggesellschaften haben am Wochenende Testflüge absolviert - und | |
> hatten keine Probleme mit Vulkanasche. An mehreren Flughäfen wurde das | |
> Flugverbot zeitweise gelockert. | |
Bild: Die Deutsche Flugsicherung hat die Sperrung der Lufträume an einigen deu… | |
BERLIN taz | Die deutschen Fluggesellschaften Lufthansa und Air Berlin sind | |
am Wochenende wieder geflogen - allerdings nur zum Test. Eine Maschine der | |
Lufthansa flog in 8.000 Metern Höhe, Air Berlin schickte eine Maschine auf | |
3.000 Meter Höhe. Die technische Überprüfung der Flugzeuge nach der Landung | |
habe "keinerlei Beinträchtigungen" gezeigt, erklärte Air Berlin. Weder auf | |
den Cockpitscheiben, an der Außenhaut noch an den Triebwerken hätten sich | |
auch nur die kleinsten Kratzer gefunden, erklärte ein Lufthansa-Sprecher. | |
Eine Maschine der niederländischen Fluggesellschaft KLM flog erfolgreich | |
auf 13 Kilometer Höhe. | |
Die Chefs der Fluggesellschaften äußerten am Wochenende deshalb auch | |
erstmals Kritik an der Sperrung des Luftraums wegen der Asche-Wolke aus | |
Island, die den europäischen Flugverkehr seit Freitag lahmlegt. "Uns | |
verwundert, dass die Ergebnisse der Testflüge von Lufthansa und Air Berlin | |
keinerlei Einfluss auf die Entscheidungsfindung der Luftsicherheitsbehörden | |
gefunden haben", sagte Air-Berlin-Chef Joachim Hunold gestern der Bild am | |
Sonntag. | |
Die Deutsche Flugsicherung (DFS) hatte am Sonntagmorgen das Flugverbot bis | |
Sonntag , 20 Uhr, verlängert. Sie befürchtet, dass Flugzeuge, die durch die | |
Aschewolken des Vulkans fliegen, von den sehr harten und scharfen Partikeln | |
gefährlich beschädigt werden. Air-Berlin-Chef Hunold sagte weiter, es sei | |
auch unverständlich, dass das Bundesverkehrsministerium trotz des | |
Ausnahmezustands keinen Krisenstab eingerichtet habe. "Durch das | |
Flugverbot, das ausschließlich auf Computerberechnungen beruht, entsteht | |
ein wolkswirtschaftlicher Schaden in Milliardenhöhe", sagte | |
Lufthansa-Konzernsprecher Klaus Walther. Air-Berlin-Chef Hunold | |
kritisierte, in Deutschland sei nicht einmal ein Wetterballon aufgestiegen, | |
um zu messen, ob und wie viel Vulkanasche in der Luft sei. | |
Der Deutsche Wetterdienst wies die Kritik umgehend zurück. "Der Vorschlag, | |
einen Wetterballon hochzulassen, ist lächerlich", sagte ein Sprecher des | |
Wetterdienstes gestern gegenüber der taz. Dieser würde gerade einmal das | |
Volumen eines Quadratmeters in der Luft messen. "Die gewonnenen Daten wären | |
reiner Zufall", sagte der Sprecher. "Die Fluggesellschaften suchen jetzt | |
einfach einen Schuldigen für ihren Schaden." Die Verluste für die | |
Fluggesellschaften sind noch nicht absehbar. Die Aktienkurse brachen am | |
letzten Handelstag am Freitag ein - um 4,1 Prozent auf 12,74 Euro bei der | |
Lufthansa, um 2,54 Prozent auf 4,22 Euro bei Air Berlin. | |
Gleichwohl räumte der Deutsche Wetterdienst ein, kaum verlässliche Daten | |
und Erfahrungen mit Vulkanasche in der Atmosphäre zu haben. "Wir sind auf | |
Explosionen von Kernkraften vorbereitet, aber nicht auf Vulkanausbrüche in | |
Island." Dennoch gilt für den Wetterdienst: "Es ist Asche da, deshalb ist | |
Sicherheit das oberste Ziel", verteidigte ein Sprecher das Flugverbot. | |
Das Flugverbot spricht die Deutsche Flugsicherung aus. Auch diese weise die | |
Kritik der Fluggesellschaften zurück. "Wir handeln auf Anweisung", sagte | |
eine Sprecherin der DFS der taz, "die Sicherheit steht im Vordergrund". Die | |
gesetzliche Vorgabe des Verkehrsministeriums laute für die Deutsche | |
Flugsicherung: "Wir müssen die meteorologischen Daten des Deutschen | |
Wetterdienstes umsetzen: Wenn das Gebiet kontaminiert ist, müssen wir es | |
schließen", sagte eine Sprecherin der DFS zum Flugverbot. Die Daten liefert | |
also der Deutsche Wetterdienst. Dieser wiederum bezieht seine Daten zum | |
Vulkanausbruch nicht über eigene Messungen, sondern vom britischen | |
Wetterdienst. Das Vulcanic Ash Advisory Centre in London hat die | |
Verbreitung der Asche-Wolke in Mitteleuropa mittels einer | |
Computersimulation berechnet. Konkrete Messergebnisse zur Dichte der | |
Vulkanasche gebe es bisland nicht, heißt es beim Deutschen Wetterdienst. | |
Erstmals verlässliche Daten wollen heute deutsche Atmosphärenforscher | |
sammeln. "Wir bereiten einen Messflug bis in 10 Kilometer Höhe vor", | |
bestätigte ein Sprecher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt | |
(DLR) am Sonntag in Oberpfaffenhofen. In das Atmosphärenforschungsflugzeug | |
"Falcon 20" werden dem Sprecher Andreas Schütz zufolge derzeit spezielle | |
Messinstrumente eingebaut, um die Dichte der Asche-Partikel je Kubikmeter | |
Luft zu messen, die von dem Vulkan-Ausbruch in Island stammen. Die in der | |
Wolke gesammelten Daten würden so schnell wie möglich ausgewertet und dem | |
Deutschen Wetterdienst und der Flugsicherung für eine Beurteilung des | |
Flugverbots übermittelt. Zunächst müsse aber das Luftfahrtbundesamt eine | |
Genehmigung für den Flug erteilen. | |
Sowohl der Deutsche Wetterdienst als auch die Deutsche Flugsicherung halten | |
eine Ausweitung des Flugverbots für "wahrscheinlich" (eine Entscheidung | |
wurde bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht gefällt). "Angesichts | |
der Rahmenbedingungen wird das Flugverbot noch länger dauern", sagte ein | |
Sprecher des Wetterdienstes. Grund ist auch das immer noch recht stabile | |
Hoch, das stärkere Winde oder Niederschläge über Mitteleuropa verhindert. | |
"Die Asche verharrt über uns", sagte ein Meteorologe. Eine grundlegende | |
Wetteränderung tritt nach der Prognose erst am Dienstag ein, wenn feuchtere | |
Luftmassen mit schauerartigen Regenfällen von der Nordsee her zunehmend das | |
Wetter bestimmen. Dieses Tief mit dem voraussichtlichen Namen "Queen" | |
könnte allerdings neue Asche von Island nach Mitteleuropa bringen und den | |
Luftverkehr weiterhin behindern. | |
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19 Apr 2010 | |
## AUTOREN | |
Thilo Knott | |
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