Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Steuerschätzer dämpft FDP-Hoffnung: Geldsegen bleibt aus
> Weder positive noch negative Überraschungen wird die Steuerschätzung in
> zwei Wochen bringen. Die Liberalen stört das nicht, sie wollen weiterhin
> 16 Milliarden Euro Steuerentlastungen.
Bild: Dass die Steuereinnahmen im laufenden Jahr nicht üppig ausfallen, stört…
BERLIN taz/dpa/reuters | Die schwarz-gelbe Koalition hofft offenbar
vergeblich auf einen kräftigen Wiederanstieg der Steuereinnahmen. Die
nächste Steuerschätzung Anfang Mai wird nach Angaben aus dem Kreis der
Steuer-Experten vom Montag keine großen Überraschungen bringen - weder
positiv noch negativ. Die FDP sieht dennoch gute Chancen, ihre jüngst
vorgestellte Steuerreform umzusetzen. In der Union werden die Möglichkeiten
angesichts der Haushaltslage deutlich zurückhaltender eingeschätzt,
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble stellte die FDP-Pläne sogar gänzlich
in Frage.
"Große Änderungen gegenüber den bisherigen Prognosen wird es nicht geben",
sagte ein Steuerschätzer der Nachrichtenagentur dpa. "Das Gerede der
Politik, es müsse vor Reformen die Steuerschätzung abgewartet werden, ist
großer Quatsch." Die Schätzung kommt in der Woche vor der Landtagswahl in
Nordrhein-Westfalen am 9. Mai. In ihrem Koalitionsvertrag hatten sich
CDU/CSU und FDP auf Steuersenkungen bis 2013 von insgesamt 24 Milliarden
Euro im Jahr verständigt.
Für die Steuerschätzung gibt es noch keine ausreichenden Daten etwa zur
Entwicklung von Wirtschaftskraft und Einkommen. Bislang liegt nur das
Frühjahrsgutachten der führenden Institute vor. Die neue Konjunkturprognose
der Bundesregierung kommt an diesem Mittwoch. Sie soll sich aber nur
geringfügig von der Vorhersage der führenden Wirtschaftsforscher
unterscheiden. Ökonomen gehen davon aus, dass die Wirtschaft erst 2013
wieder das Niveau von 2008 erreicht - mit entsprechenden Auswirkungen auf
die Steuereinnahmen.
Nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" (Montag) wird der Bund in
diesem Jahr voraussichtlich mit Einnahmen von etwa 215 Milliarden Euro
auskommen müssen. 2011 könnten es gut 220 Milliarden Euro sein. Das
entspräche in etwa den Werten, die sich bei den beiden vorangegangenen
Steuerschätzungen ergeben hatten.
Die FDP sieht dennoch gute Möglichkeiten, die geplanten Steuersenkungen
umzusetzen. FDP-Generalsekretär Christian Lindner forderte die Union auf,
"jetzt Fahrt aufzunehmen in dieser Frage". Mit Blick auf den
Koalitionsvertrag fügte er hinzu, die geplante Entlastung um 24 Milliarden
Euro sei "nicht der Gegenstand von Verhandlungen, sondern das Ergebnis von
Verhandlungen". "Wir erwarten, dass wir als Koalition das, was wir an
Zusagen für die Legislaturperiode gegeben haben, auch einhalten werden."
Lindner ließ offen, ob es noch vor der NRW-Wahl von Schwarz-Gelb konkrete
Vorschläge geben wird. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte
zur Verärgerung der FDP die Finanzierbarkeit von deren Vorschlägen mehrfach
infrage gestellt und auch eine Verschiebung in die nächste
Legislaturperiode nicht ausgeschlossen.
Für Schäuble hat die Entlastung der klammen Kommunen Priorität. "Wir haben
eine ungewöhnlich schwierige Finanzlage bei den Kommunen", sagte er dem
Magazin "Der Spiegel". "Deshalb werden wir uns auch, das steht im
Koalitionsvertrag, zunächst um die Kommunalfinanzen kümmern." Wenn er
Steuersenkungen und Kommunalfinanzen sehe, habe er eine Vorstellung, "was
wir in dieser Legislaturperiode voranbringen können und was möglicherweise
erst in einer späteren Legislaturperiode gehen wird".
FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger warf Schäuble vor, bei der
Steuerreform nur Verwirrung zu stiften. Im Deutschlandradio Kultur verwies
sie auf die mittelfristige Planung von Schäubles Ministerium, wonach bis
2013 von Mehreinnahmen des Staates in Höhe von 124 Milliarden Euro erwartet
werden. "Dann hat der Staat aus unserer Sicht nicht ein Einnahmeproblem: Er
hat ein Ausgabenproblem." Die FDP-Bundestagsfraktion hatte bereits bei
einer Klausur am Sonntag weitere Kompromisse im Steuerstreit mit der Union
abgelehnt.
Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) sagte im ZDF: "Wir haben jetzt
hinreichend Zeit, über einen Zeitraum von fast zwei Jahren genau zu
überlegen, wie diese Steuerreform aussieht." Es werde jedoch auf jeden Fall
Steuerentlastungen geben. Die FDP sei "einen ganz wichtigen Schritt
gegangen", indem sie die Reform nicht schon 2011 beginnen lassen wolle. Der
SPD-Finanzexperte Joachim Poß sprach von "nach wie vor großen Gräben in den
Reihen von CDU/CSU und FDP".
Die Opposition kritisiert den Streit in der Koalition. "Die FDP muss
langsam begreifen, dass ihre Forderungen nach Steuersenkungen nicht
realisierbar sind", sagte Alexander Bonde, der haushaltspolitische Sprecher
der Grünen-Fraktion. Eindeutige Belege dafür seien 80,2 Milliarden Euro
Rekordverschuldung im laufenden Jahr im Bundeshaushalt sowie über 40
Milliarden Schulden in Schattenhaushalten für Bankenrettung und
Konjunkturpaket.
"Auch für die nächsten Jahre bleibt die schwarz-gelbe Koalition bisher
jegliche Konsolidierungsstrategie schuldig. Stattdessen besteht die FDP
darauf, das Schuldenloch noch tiefer zu graben", sagte Bonde weiter. Wer in
einer desaströsen Haushaltslage die Verschuldung auf Jahre auch noch massiv
vergrößern wolle, der habe in einer Bundesregierung nichts verloren.
19 Apr 2010
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.