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# taz.de -- Islamisten drohen "South-Park"-Machern: Mohammed im Bärenkostüm
> Die US-Serie "South Park" veralbert gerne mal den ein oder anderen Promi.
> Gerade trat der Prophet Mohammed auf - im Bärenkostüm. Islamisten drohten
> prompt.
Okay, hier ist der Plot, ohne dessen Kenntnis die ganze Affäre
unverständlich bleiben muss: Unter Führung von Tom Cruise strengen alle
bisher in der Serie "South Park" veräppelten Prominenten eine Sammelklage
an, die die Stadt South Park ruinieren würde - es sei denn, deren Einwohner
würden es fertigbringen, Mohammed in ihrer Stadt auftreten zu lassen. Denn
der Prophet, so das Kalkül der Kläger, ist "die einzige Figur auf diesem
Planeten, über die man sich nicht lustig machen darf".
Und von dessen solitärer Fähigkeit, nicht zum Gegenstand spöttischer
Zudringlichkeiten zu werden, wollen Tom Cruise, Oprah Winfrey, Hillary
Clinton, George W. Bush, Mel Gibson, Mickey Mouse, Liza Minelli, Paris
Hilton, Steven Spielberg, Bono, Benedikt XVI., Ussama Bin Laden und alle
anderen gerne partizipieren. Im Kosmos der Serie ist Mohammed längst
reguläres, wenngleich mit einem schwarzen Balken unkenntlich gemachtes
Mitglied einer Superheldengruppe aus Jesus, Krischna, Buddha und allen
anderen großen Heiligen, die als "Super Best Friends" im Notfall aktiv ins
Weltgeschehen eingreifen.
Seiner habhaft zu werden ist also das kleinste Problem. Dennoch sind sich
die Bewohner von South Park durchaus der Schwierigkeiten bewusst, den
Propheten zu zeigen: "Seid ihr verrückt? Wenn Mohammed in South Park
auftritt, werden wir weggebombt!" - "Sein Bild zu zeigen, das ist
vollkommen ausgeschlossen und verboten!"
Spätestens hier wird auch die aktuelle "South Park"-Folge, wie so oft, zu
einer Metabetrachtung über Zensur, den Sinn und die Grenzen der Satire.
Also wird diskutiert: Was, wenn wir ihn als Pirat verkleiden? Wenn wir ihm
eine Rüstung anlegen? Sein Gesicht mit einer Papiertüte verbergen? Ihn in
einem Lieferwagen verstecken, sodass niemand ihn sehen kann?
Schließlich einigt sich die eingeschüchterte Gemeinde in ihrer Verzweiflung
darauf, den Propheten des Islams in einem betont putzigen, den ganzen
Körper verhüllenden Bärenkostüm zu zeigen. "That does it", wie es in der
Serie so oft heißt: Am Donnerstag nach der Ausstrahlung hat eine ebenso
winzige wie obskure Splittergruppe US-amerikanischer Islamisten namens
Revolution Muslim auf ihrer Homepage zum Protest gegen die "South
Park"-Macher Trey Parker und Matt Stone aufgerufen - illustriert mit einem
Foto des niederländischen Filmemachers Theo van Gogh, der 2004 wegen eines
ernsthaft islamkritischen Films von einem radikalen Muslim ermordet worden
war.
In dem Aufruf heißt es: "Wir müssen Matt und Trey warnen, dass das, was sie
machen, dumm ist und sie wahrscheinlich so enden werden wie Theo van Gogh."
Als Service veröffentlichte die Gruppe, die ihren Aufruf nicht als
"Drohung, sondern als eine Warnung" verstanden wissen will, die Adressen
des "South Park"-Produktionsbüros in Los Angeles und des verantwortlichen
Senders Comedy Central.
Wenn Popkultur überhaupt eine gesellschaftliche Relevanz hat, dann ist
"South Park" ihr schärfster politischer Sprengkopf. Verkleidet als
kindlicher Cartoon wird hier seit 1997 und mehr als 200 Folgen alles unter
das erhellende Brennglas ätzenden Humors gelegt, was mit Macht nach Respekt
verlangt und Würde beansprucht. Dazu gehörten immer auch Religionen, von
Scientology über die Mormonen, vom Judentum bis zum Katholizismus.
Das ist pure Aufklärung im Popkostüm - also in ihrer perfidesten, aber eben
auch unterhaltsamsten Form. Als Hochplateau der Respektlosigkeit muss
"South Park" vielleicht nicht verehrt, gewiss aber toleriert werden. Man
muss das Spiel nicht mögen, aber das sind in der westlichen Zivilisation
nun einmal seine Regeln. Ein ernsthafter "Dialog" mit Leuten, die sich
daran nicht ergötzen oder bilden wollen, ist schlechterdings nicht möglich.
Offen bleibt, ob Mohammed sein lustiges Kostüm nicht doch noch ablegen
wird: Die umstrittene Episode endet mit einem Cliffhanger. Dabei würde der
Prophet selbst sich sicher am meisten freuen, wäre doch endlich "Friede mit
ihm".
***
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23 Apr 2010
## AUTOREN
Arno Frank
## TAGS
Fernsehen
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