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# taz.de -- Pro und Kontra: Parteien beim Anti-Atom-Protest?
> Einige Atomkraftgegner wollen bei den Protestaktionen am Wochenende keine
> politischen Parteien sehen. Andere sagen: Jeder Einzelne zählt und ist
> auch willkommen.
Bild: Atomkraftgegner protestieren in Gorleben gegen das rot-grüne Führungsdo…
Pro
Wenn eine Masse von Menschen für die gleichen Ziele eintritt, ist es ein
Gebot der Vernunft, dass alle Beteiligten am selben Strang ziehen. So
scheint es nur logisch, dass Atomkraftgegner aus unterschiedlichen
Bewegungen, Gruppierungen und auch aus Parteien gemeinsam auf die Straße
gehen, um ein Zeichen zu setzen. Je mehr Menschen sich beteiligen, um so
mehr Gehör können sie sich verschaffen - getreu dem Motto "Zusammen sind
wir stark!".
Es ist unwahrscheinlich, dass die Anti-Atom-Bewegung allein genug Menschen
wird mobilisieren können, um die geplante 120 Kilometer lange
Anti-Atom-Menschenkette zu schließen. Zu klein sind die Gruppen, zu wenig
verbreitet in ländlichen Regionen. Wenn sich Parteien wie SPD, Grüne oder
Linke mit ihrer grundsätzlich atomkraftkritischen Einstellung dem Protest
anschließen, kann die Bewegung nur profitieren. Über ein engmaschiges Netz
können die Parteien ihre Anhänger schnell mobilisieren und der
Menschenkette mehr Substanz verleihen.
Was macht es da für einen Unterschied, ob jemand mit oder ohne Parteibuch
in den Reihen steht? Wichtig ist, dass der gemeinsame Grundgedanke stimmt:
"Atomkraft? - Nein danke!" Auch wenn sich die Forderungen nach dem
Atomausstieg im Detail unterscheiden, sind Animositäten und Ressentiments
in der eigenen Mannschaft kontraproduktiv. Nur mit vereinten Kräften lässt
sich der wahre Gegner - die Atomlobby - bezwingen.
Zwar mag der Vorwurf berechtigt sein, dass Parteien die Aktion als
Wahlkampfplattform nutzen, doch das muss nicht gleich negativ sein. Denn
ein rot-grüner Sieg bei der NRW-Wahl könnte nicht nur die schwarz-gelbe
Landesregierung ablösen - ein jähes Ende finden könnten auch die Pläne von
CDU und FDP zur Laufzeitverlängerung der AKWs.
Davon profitieren nicht zuletzt die Atomkraftgegner. Allein können sie
wenig bewirken, auch wenn heute noch so viele Menschen auf die Straße
gehen. Die Entscheidungen zum Atomausstieg werden nun einmal in der Politik
gefällt.
Julia Henke (29) ist Praktikantin bei der taz.
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Kontra
Die Anti-Atom-Bewegung erlebte vergangenen Herbst ihre beeindruckendste
Renaissance seit der Tschernobyl-Katastrophe 1986. Mehr als 50.000 Menschen
zogen am 5. September 2009 durch Berlin, um wenige Tage vor den
Bundestagswahlen die Forderung nach einem sofortigen Ausstieg aus der
menschen- und naturfeindlichen Technologie zu bekräftigen. Nur eins trübte
das großartige Bild: das grüne Fahnenmeer.
Nun ist damit zu rechnen, dass bei der geplanten Anti-Atom-Menschen- und
-Aktionskette vom Atomkraftwerk Brunsbüttel über Hamburg bis zum
Skandalreaktor Krümmel neben den gelben Fahnen mit der Anti-Atom-Sonne
erneut die Farbe Grün dominieren wird. Und auch die SPD mit ihrem Chef
Sigmar Gabriel und die Linkspartei buhlen mit ihren Spitzenpolitikern um
die Kettenspitze.
Nicht dass alle Atomkraftgegner mit grünem und auch nicht mit linkem oder
sozialdemokratischem Parteibuch an einem Tag wie diesem zu Hause bleiben
müssten - im Gegenteil: Der zahlenmäßig spektakuläre Wiederaufstieg der
Anti-Atom-Bewegung ist nicht zuletzt der Rückkehr vor allem der Grünen auf
die Straße zu verdanken, hatten sie doch unter Rot-Grün zu sehr auf
Kompromiss mit der unnachgiebigen Atomlobby gesetzt und sich deswegen immer
zögerlicher unter die Aktivisten gemischt. Aber dominieren sollen die
Parteien die Sache nicht.
Gerade vor den Wahlen in NRW mag ein mediales Großereignis wie die
Menschenkette ein attraktives und zudem unaufwendiges - weil nicht von
ihnen organisiertes - Wahlkampfspektakel sein. Doch die hohe Parteipräsenz
schadet der Bewegung. Die Anti-AKW-Bewegung hat ihre Stärke immer daraus
gewonnen, dass sie unabhängig agiert und es ihr stets gelungen ist, nicht
parteipolitisch instrumentalisiert zu werden. Nur deshalb waren und sind
auch nach 30 Jahren so unterschiedliche gesellschaftliche Kräfte beteiligt.
Grüne, Linke, Sozialdemokraten, auch CDUler sollen sich am Samstag gern an
den Händen fassen und in die Kette einreihen. Ihre Parteifahnen sollen sie
aber bitte zu Hause lassen.
Felix Lee (35) ist taz-Redakteur für Politik von unten.
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24 Apr 2010
## AUTOREN
Julia Henke
Felix Lee
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