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# taz.de -- Anti-Einwanderer-Gesetz der USA: Mexiko ruft zum US-Boykott auf
> Nach der Verschärfung des Einwanderungsgesetztes von Arizona warnt Mexiko
> vor Reisen in die USA. Mexiko sei laut Amnesty International aber nicht
> nur Opfer, sondern auch Täter bei eigener Flüchtlingspolitik.
Bild: Haben nichts zu Lachen: Illegale mexikanische Grenzgänger in den USA.
LONDON/MEXIKO-STADT afp | Die umstrittene Verschärfung des
Einwanderungsgesetz des US-Bundesstaats Arizona hat zu schweren
Verstimmungen in Mexiko geführt. Die mexikanische Regierung warnte ihre
Bürger vor Reisen ins benachbarte Arizona. Während das US-Justizministerium
das Gesetz auf den Prüfstand stellte, riefen Stadtvertreter aus Los Angeles
und San Francisco zu einem Wirtschaftsboykott gegenüber Arizona auf.
Mit dem Inkrafttreten der am Freitag unterzeichneten Verschärfung des
Einwanderungsgesetzes werde gegenüber Migranten und Besuchern aus Mexiko
eine "feindselige politische Atmosphäre" geschaffen, teilte das
Außenministerium in Mexiko-Stadt mit. Jeder Mexikaner müsse damit rechnen,
"jederzeit ohne erkennbaren Grund behelligt und befragt zu werden".
Die Neuregelung, die frühestens in 90 Tagen in Kraft tritt, sieht vor, dass
Polizisten Menschen auf bloßen Verdacht hin festnehmen und ihre Papiere
überprüfen dürfen. Das mexikanische Außenministerium rief seine Bürger auf,
stets Ausweise bei sich zu tragen.
Das Gesetz werde "ohne Zweifel" den Reiseverkehr zwischen Mexiko und
Ariziona beeinträchtigen, sagte der Chef der mexikanischen Fluggesellschaft
Aeromexico bei einer Tourismuskonferenz in Acapulco. "Wegen der Art und
Weise, wie unsere Landsleute behandelt werden, haben wir die Zahl der Flüge
dorthin deutlich reduziert", sagte er.
Aus Protest gegen die Neuregelung sagte die Regierung des mexikanischen
Bundesstaats Sonora ein jährliches Treffen mit Vertretern des angrenzenden
Arizona ab. Die Opposition forderte einen Handelsboykott.
Präsident Felipe Calderon hatte bereits am Montag davor gewarnt, dass das
Gesetz die freundschaftlichen, wirtschaftlichen und touristischen
Beziehungen zwischen Mexiko und Arizona bedrohe. Er kritisierte das Gesetz
als "Rassendiskriminierung".
Auch in den USA selbst steht die Neuregelung unter Beschuss. Mehrere
Stadtvertreter aus Los Angeles und San Francisco im US-Bundesstaat
Kalifornien machten sich für einen Wirtschaftsboykott zu Arizona stark. In
San Francisco brachte ein Stadtvertreter einen Antrag mit der Forderung
ein, die Verträge mit Unternehmen aus Arizona auf Eis zu legen. Zudem rief
er die heimischen Unternehmen darin auf, von Geschäften mit dem
Nachbar-Bundesstaat abzusehen.
Vertreter der US-Justiz hegten "tiefe Bedenken" gegenüber dem
Einwanderungsgesetz, sagte Heimatschutzministerin Janet Napolitano vor dem
Justiz-Ausschuss des Senats. Das Justizministerium prüfe bereits, ob die
Neuregelung mit der Verfassung vereinbar sei. US-Präsident Barack Obama
hatte das Gesetzesvorhaben schon im Vorfeld als "fehlgeleitet" kritisiert.
Mehrere Immigranten-Verbände riefen für den 1. Mai zu einer Großkundgebung
gegen das Gesetz in Los Angeles auf. Tausende Menschen, zumeist
hispanischer Abstammung, hatten bereits am Sonntag in Arizonas Hauptstadt
Phoenix protestiert. In dem US-Bundesstaat leben rund 460.000 Einwanderer
ohne Papiere. Die meisten stammen aus Lateinamerika. Insgesamt halten sich
in den USA rund elf Millionen Menschen illegal auf, darunter
schätzungsweise sechs Millionen Mexikaner.
Menschenrechtskrise in Mexiko
Dagegen hat die Organisation Amnesty International eine
"Menschenrechtskrise" in Mexiko angeprangert und die Behörden zum Handeln
gegen Gewalt gegen illegale Einwanderer aus Mittelamerika aufgerufen. Immer
wieder würden Einwandererer, die versuchten, illegal über Mexiko in die USA
zu gelangen, Opfer von schweren Verbrechen wie Mord, Entführungen und
Misshandlungen, erklärte der Mexiko-Experte der Organisation, Rupert Knox,
am Mittwoch anlässlich der Vorstellung eines Berichts in London.
Mit rund 10.000 Opfern in nur sechs Monaten hätten besonders Entführungen
gegen ein Lösegeld im vergangenen Jahr einen Rekord erreicht. In vielen
Fällen hätten Behördenvertreter die Verbrechen gar unterstützt.
Amnesty zufolge wurden zudem im Schnitt 60 Prozent der Frauen und Mädchen
Opfer von sexuellen Übergriffen. Der Bericht mit dem Titel "Unsichtbare
Opfer: Migranten auf der Durchreise in Mexiko" stützt sich unter anderem
auf Recherchen der nationalen Menschenrechtskommission Mexikos. Amnesty
rief die mexikanischen Behörden auf, gesetzlich gegen die
"Menschenrechtskrise" im Land vorzugehen. Illegale Einwanderer müssten
Zugang zur Justiz erhalten. Nötig sei außerdem die Einrichtung einer
nationalen Sonderkommission und die Veröffentlichung schwerer
Misshandlungsfälle sowie der ergriffenen Maßnahmen gegen die
Verantwortlichen.
Jedes Jahre versuchen rund 500.000 Menschen aus Mittelamerika, über Mexiko
in die USA zu gelangen, um dort Arbeit und Asyl zu finden. Angesichts der
zunehmenden Gewalt bezeichnete Amnesty die Durchreise durch Mexiko als eine
der gefährlichsten der Welt.
28 Apr 2010
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Schwerpunkt TTIP
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