# taz.de -- Architekt Cui Tong über Expo 2010 und Bauboom: "Götter haben Euro… | |
> In China könnte es in wenigen Jahren bereits 15 Megastädte mit jeweils | |
> mehr als 25 Millionen Menschen geben, sagt der chinesische Architekt Cui | |
> Ton anläßlich der Expo in Shanghai. | |
Bild: Expo 2010 in Shanghai: Der Pavillon von South Korea wird noch einmal ein … | |
taz: Herr Tong, welchen Einfluss wird die Expo in Schanghai mit ihrem | |
umwelt- und menschenfreundlichen Slogan auf den Städtebau in China haben? | |
Cui Tong: Die Weltausstellung kommt zu einer Zeit, in der China einen | |
Bauboom erlebt, da ist das Motto sehr passend. Aber, ehrlich gesagt, | |
bedeutet das nicht unbedingt, dass alle Expo-Pavillons in Schanghai nach | |
ökologischen Standards gebaut sind. | |
Überall in China entstehen neue Städte, alte Viertel werden umgekrempelt. | |
Wie ernst nehmen chinesische Architekten dabei den Umweltschutz? | |
Viele chinesische Architekten beginnen sich dafür zu interessieren, es ist | |
aber noch relativ neu für uns. Konzepte wie "Ökotechnik" oder "nachhaltiges | |
Bauen" gehören in Europa längst zur Grundausbildung - so wie man sich dort | |
auch über die Kultur und Geschichte eines Ortes Gedanken macht, bevor man | |
mit seinem Entwurf beginnt. Meines Erachtens müsste das auch in China von | |
Anfang an zum Lehrstoff gehören. | |
Das ist aber nicht der Fall? | |
So generell kann man das nicht sagen. Bei uns ist die Qualität der | |
Ausbildung und der Dozenten sehr unterschiedlich. In den letzten Jahren | |
sind neue Institute entstanden, es könnten Dutzende oder sogar Hunderte | |
sein. An den klassischen Universitäten wie der Qinghua in Peking oder der | |
Tongji in Schanghai wurden Kurse für "Nachhaltiges Bauen" schon vor 15 oder | |
20 Jahren eingeführt. Ich wäre sehr dafür, dass dies überall zur | |
Grundausbildung gehört. Wir haben inzwischen immerhin eine ganze Reihe von | |
Kooperationsprojekten zum Thema "ökologisches Bauen", in denen chinesische | |
und ausländische Studenten und Architekten zusammenarbeiten. | |
Welche von Chinas etwa 170 Millionenstädte wäre derzeit als | |
umweltfreundlich zu bezeichnen? | |
Keine. Hier und da gibt es ein paar Ökohäuser. Als "lebenswerte" Städte | |
kann man vielleicht Orte wie Qingdao oder kleinere Städte in ländlichen | |
Regionen bezeichnen. Bedenken Sie: Bei uns leben bald 1,4 Milliarden | |
Menschen auf einer Fläche, die etwas größer als Australien ist, dessen | |
Bevölkerung nur 24 Millionen erreicht. Das macht es für uns besonders | |
schwer, umweltgerechte Städte zu bauen - aber das bedeutet nicht, dass wir | |
nicht danach streben sollten. | |
Gibt es staatliche Vorschriften beim Bau neuer Häuser für Wärmedämmung oder | |
Energieverbrauch? | |
Ja, und sie werden immer strikter. Sie regeln zum Beispiel das Verhältnis | |
der Fenster- zu den Wandflächen oder den Einsatz von Doppelfenstern. | |
Durchgesetzt werden diese Vorschriften allerdings nicht immer. China ist | |
noch nicht sehr reich. Deshalb können sich die meisten Bauherren für | |
gewöhnliche Wohnungen oder Bürobauten keine so teure Technologie leisten | |
wie in Deutschland. | |
Wie lange wird es Ihrer Ansicht noch dauern, bis sich in China das | |
Verständnis für ökologisches Bauen durchsetzt? | |
Die alten Maya haben prophezeit, die Erde werde im Jahr 2012 untergehen, | |
wie kann ich es wagen, etwas anderes vorauszusagen? Mal ernsthaft: Ich | |
glaube doch, dass wir das Ziel besseren Bauens erreichen können, bevor wir | |
den Planeten ganz zerstören. Wahrscheinlich werden reichere Metropolen wie | |
Peking und Schanghai den Anfang machen, außerdem einige kleinere Orte, die | |
günstig gelegen sind und die eine verhältnismäßig üppige Vegetation und | |
nicht so viele Bewohner haben. Die Götter haben Europa besser bedacht als | |
China, wo mehr Menschen sich auf weniger Land zusammendrängen. Aber wir | |
Chinesen sind sehr initiativ, lernwillig und für neue Dinge aufgeschlossen. | |
Deshalb bin ich nicht pessimistisch. Und ich fürchte mich auch nicht vor | |
dem Weltuntergang. | |
30 Apr 2010 | |
## AUTOREN | |
Jutta Lietsch | |
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