# taz.de -- Diskriminierung in katholischen Einrichtungen: Tendenz schwulen- un… | |
> Angestellte katholischer Einrichtungen, die homosexuell leben, riskieren | |
> die Kündigung. Denn für Kirchen gilt eine Ausnahme vom | |
> Antidiskriminierungsgesetz. | |
Bild: Bei den Katholiken ist die eingetragene Lebenspartnerschaft ein Kündigun… | |
BERLIN taz | Er ist der Einzige im Vorstand der ökumenischen Arbeitsgruppe | |
"Homosexuelle und Kirche", dessen Nachname auf der Internetseite fehlt. | |
"Markus" steht dort. Markus, der in einer katholischen Einrichtung | |
arbeitet. Und der deshalb Angst hat, gekündigt zu werden, wenn er sich | |
öffentlich zum Schwulsein bekennt. "Ich hätte mir nie träumen lassen, dass | |
ich mal so anonym rumhampeln würde", sagt er. Doch aus dem katholischen | |
Milieu verabschieden möchte er sich auch nicht. Er sei gläubig und arbeite | |
gerne in einem "kirchlichen Haus". | |
Kirchen genießen in Deutschland, ähnlich wie politische Parteien, einen | |
"Tendenzschutz". Deshalb sind im Antidiskriminierungsgesetz, das eigentlich | |
Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung verbietet, Ausnahmen | |
vorgesehen. Mitarbeiter kirchlicher Arbeitgeber müssen sich an die | |
jeweilige Glaubens- und Sittenlehre halten und ihre persönliche | |
Lebensführung danach ausrichten. De facto heißt das für Angestellte | |
katholischer Einrichtungen: Sie dürfen schwul oder lesbisch "empfinden", | |
aber es nicht unbedingt ausleben. In evangelischen Einrichtungen sieht das | |
anders aus: Nach einer Orientierungshilfe der evangelischen Kirche ist die | |
eingetragene Lebenspartnerschaft kein Kündigungsgrund. Bei den Katholiken | |
schon. | |
Der Tendenzschutz gilt nicht nur in Bereichen, die der unmittelbaren | |
Verkündigung der Religion dienen, sondern auch in katholischen | |
Kindergärten, Schulen, Krankenhäusern, Seniorenheimen oder | |
Wohlfahrtsorganisationen. Er gilt für jeden, vom Hausmeister bis zur | |
Geschäftsführerin. Der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland fordert | |
daher, dass nur diejenigen Einrichtungen öffentliche Mittel bekommen | |
sollen, die sich an das Diskriminierungsverbot halten. "Denn die beiden | |
Kirchen sind der größte Arbeitgeber im sozialen Bereich und all diese | |
Stellen werden zu einem großen Teil mit Steuermitteln finanziert", sagt | |
Manfred Bruns vom LSVD. | |
Drei- bis fünfmal im Monat erreichen ihn Anfragen von Lesben oder Schwulen, | |
die Angst haben, von ihrem katholischen Arbeitgeber gekündigt zu werden. | |
Meist steht bei den Betroffenen eine eingetragene Lebenspartnerschaft bevor | |
und sie befürchten, dass der Arbeitgeber davon erfährt. Bruns rät ihnen, | |
möglichst geheim zu heiraten, nur wenige Menschen einzuweihen und beim | |
Standesamt einen Sperrvermerk zu beantragen, so dass die Partnerschaft | |
nicht der Kirche mitgeteilt wird. Er rät also zum anonymen Rumhampeln. | |
"Natürlich weiß ich nicht", sagt Markus, "wie viele sich geoutet haben und | |
Zustimmung erfahren haben." Ob sein Arbeitgeber ihn tatsächlich entlassen | |
würde, steht für ihn keineswegs fest. | |
Wegen eingetragenen Partnerschaften wurde schon häufiger gekündigt. | |
Schließlich hätten die katholischen Bischöfe sehr heftig gegen die Homoehe | |
gekämpft, sagt Bruns. Da sie diesen Kampf verloren hätten, gingen sie nun | |
eben gegen einzelne Betroffene vor. | |
Vor wenigen Jahren erregte ein Fall Aufsehen, bei dem ein Profil im | |
Dating-Netzwerk Gayromeo zur Kündigung führte. Ein 53-jähriger | |
Sozialpädagoge des Kolpingwerkes, der bereits seit zehn Jahren ein Wohnheim | |
für Auszubildende in Frankfurt am Main leitete, suchte über Gayromeo nach | |
Sexualpartnern. Als er gegen die Kündigung klagte, warf der Anwalt seines | |
Arbeitgebers ihm vor, gegen seinen erzieherischen Auftrag verstoßen zu | |
haben, betonte aber, er sei nicht gekündigt worden, weil er schwul ist. Mit | |
dieser Argumentation verlor die katholische Einrichtung den Prozess. | |
Bruns meint, es sei fiele den kirchlichen Institutionen mitunter sehr | |
schwer, ihren Mitgliedern zu vermitteln, warum eine Kündigung in solchen | |
Fällen notwendig ist. Umso mehr, wenn seit Jahren bekannt ist, dass jemand | |
schwul oder lesbisch ist, und dann wegen einer eingetragenen | |
Lebenspartnerschaft auf einmal gekündigt werden soll. So komme es häufig zu | |
außergerichtlichen Einigungen und höheren Abfindungen. Dann aber dürften | |
die Betroffenen nicht öffentlich über ihren Fall sprechen. | |
12 May 2010 | |
## AUTOREN | |
Karin Schädler | |
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