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# taz.de -- Neue Radios: Gedränge im Äther
> Endlich gibt es eine Frequenz für den unkommerziellen Rundfunk. Doch
> ausgerechnet die Initiatoren wurden mit wenigen Stunden pro Woche
> abgespeist.
Bild: Zum Karneval der Kulturen wollen die neuen Sender on air gehen.
Jetzt gibt es also doch Knatsch um den unkommerziellen Radiobetrieb für
Berlin. Am Dienstag erhielten die Radiogruppen, die sich bei der
Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) um Sendezeit auf der dauerhaft
dafür vorgesehenen Frequenz 88,4 Mhz (räumlich ergänzt durch die 90,7 Mhz)
beworben hatten, einen Vorschlag für ein Sendeschema. Dieses beruht zwar
auf Absprachen zwischen der mabb und den Gruppen, die sich beworben hatten.
Doch für einige der Beteiligten ist das Konzept eine Enttäuschung - auch
wenn laut Anka Heinze von der mabb kein Antrag abgelehnt wurde.
"Glücklich" über die vorgesehene Struktur ist auf jeden Fall Brigitta
Gabrin, Projektleiterin des Internetradios Multicult 2.0. Dem Nachfolger
der vor eineinhalb Jahren abgeschalteten RBB-Welle Radio Multikulti werden
nämlich täglich mindestens vier Stunden Frühstücksradio überlassen und
werktags zusätzlich eine Stunde am frühen Abend. Freuen dürften sich auch
die Musikradio-Gruppen TwenFm und Klubradio unlimited. Zwar mussten alle
Gruppen bei ihren Sendezeitwünschen Abstriche machen. Doch von den beiden
letztgenanntenProjekten ist hauptsächlich DJ-Radio zu erwarten, weshalb sie
mit je zwei Abenden beziehungsweise Nächten von 20 bis 6 Uhr pro Woche
zufrieden sein können.
Ebenfalls elektronische Musik, aber dazu mehr informativer Inhalt, ist laut
der eigenen Homepage von BLN.Fm zu erwarten. Der Internetsender bekäme
momentan nur einen Abend beziehungsweise eine Nacht, plus eine
nachmittagliche Stunde an Werktagen. Der Verein MedienKonkret, auf dessen
mittagliche "Kiez-Infothek" sich lokalpolitisch Interessierte freuen
können, wird nur eine Stunde werktags senden. Er hatte sich aber laut
Vereinsvorstand Dieter Sirozynski-Haehnel auch nur um zwei beworben, kann
also ebenfalls relativ zufrieden sein.
Unzufrieden ist allerdings Eberhard Dietrich vom Internetsender Ohrfunk,
dem Medienprojekt von und für Blinde und Sehbehinderte, dem ebenfalls nur
eine Stunde täglich zugestanden wird: "Wir haben mehr angeboten - und wir
könnten auch mehr." Ob der Ohrfunk auf dieser Grundlage nun tatsächlich
einsteigen will, ist laut Dietrich noch nicht klar.
Ein grundsätzliches Problem mit dem mabb-Konzept hat die siebte und letzte
Gruppe, die sich um Sendezeitbeworben hatte. Der Antrag von der Gruppe
Radiopiloten und dem Kunst- und Kulturzentrum Brotfabrik steht nämlich für
die Bemühungen um ein "freies Kulturradio", wie es zuletzt mit den beiden
Auflagen von Herbstradio temporär existierte. Radiopiloten-Sprecher Paul
Motikat weist darauf hin, dass mit diesem Projekt Hunderte von Menschen
verbunden sind. In den letzten Gesprächen mit der mabb habe sich die Gruppe
auf drei Abende beziehungsweise Nächte pro Woche herunterhandeln lassen,
ein absolutes Minimum. Vorgesehen sind nun allerdings nur zwei. "Wir fassen
das als klare Ablehnung eines freien Kulturradios auf", so Motikat. Er
behauptet, dass den freien Radiogruppen die Identifikation mit dem neuen
Sender 88vier, auf dem auch der bisherige Offene Kanal Alex vier bis sieben
Stunden täglich senden soll, schwer fallen wird: "Bei so viel DJ-Radio ist
uns die eigene Zeit zu schade."
Ob es überhaupt eine Beteiligung der Gruppe Radiopiloten geben wird, wird
sich in den nächsten Tagen entscheiden. Der Ärger rührt laut Motikat vor
allem daher, dass fast alle anderen Antrag stellenden Gruppen auch bei
Herbstradio mitgemacht hätten. Das Sammelbecken der für ein Freies Radio
kämpfenden Gruppen hatte diese zusammengeführt und koordiniert und sieht
sich nun ausgebootet, da mit viel zu wenig Sendezeit abgespeist.
Mabb-Sprecherin Susanne Grams nimmt den Unmut gelassen. Man habe sich
bemüht, aber alle Gruppen müssten Abstriche machen. Beginnen wird 88vier
jedenfalls an Pfingsten, und zwar mit einem mehrtägigen Schwerpunkt auf dem
Karneval der Kulturen.
13 May 2010
## AUTOREN
Ralf Hutter
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