# taz.de -- Attac auf dem Kirchentag: Das lila Kamel | |
> Die Globalisierungskritiker von Attac werben auf dem Kirchentag für ihr | |
> Programm: Mit Peepshow, Flashmob und einer Finanz-Resolution, die | |
> hunderte Menschen unterstützen. | |
Bild: Das Symbol des Kamels spielt auf einen biblischen Spruch an. | |
MÜNCHEN taz | Wer den Mund spitzt, muss auch flöten können. Die | |
globalisierungskritische Organisation Attac hatte stets moniert, dass die | |
Kirchentage zu harmlos gewesen seien und eine zu prominente Plattform für | |
die Eitelkeiten der Politiker darstellten. Dieses Jahr in München hatte | |
Attac einen eigenen Akzent zu setzen gewusst – symbolisiert in einem | |
wirklich sehr schmucken, gleißend-violetten Kamel. | |
Seit dem Beginn des Münchener Kirchentags sah man auch die Ansteckvariante: | |
Kamele auf der Brust der Kirchentags-Besucher. Wer sie trug, signalisierte: | |
Wir brauchen mehr Auseinandersetzung über soziale Gerechtigkeit. Laut Jutta | |
Sundermann vom Attac-Netzwerk hatten sich 15.000 Menschen den Button | |
angesteckt. Außerdem wurde ein fast lebensgroßes lila Plüschkamel auf eine | |
Reise durch die Messehallen geschickt. Das Symbol des Kamels spielt an auf | |
den biblischen Spruch, eher gehe ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein | |
Reicher ins Reich Gottes gelange. | |
Der Sozialethiker Friedhelm Hengsbach unterstützt die Aktivitäten: „Die | |
kirchlichen Aussagen zur Krise des kapitalistischen Systems werden immer | |
matter, der Papst ist ein zahnloser Papiertiger“, sagt er. Er sei froh, | |
dass wenigstens die Basis mit Aktionen und Veranstaltungen für soziale | |
Gerechtigkeit mobil mache. | |
Am Freitag hatten Attac-Mitglieder außerdem einen Flashmob außerhalb der | |
Messehallen organisiert, zu der nach Angaben der Veranstalter 250 Menschen | |
kamen. Um Punkt 12.50 Uhr begannen diese vorher völlig unauffällig | |
wirkenden Teilnehmer plötzlich Lärm zu machen – genau eine Minute lang | |
schrien, klatschten, pfiffen und trampelten sie, um sich dann, den Slogan | |
„Fair teilen statt sozial spalten“ skandierend, einer Kamelkarawane | |
anzuschließen. | |
Am Freitagnachmittag dann war Attac auf einer Podiumsdiskussion zum Thema | |
„Alternativen im Kapitalismus – Alternativen zum Kapitalismus“ vertreten | |
und hat einen eigenen Stand in Halle B4, wo in einer „Peepshow“ über die | |
Auswirkungen der liberalisierten Finanzmärkte informiert wird sowie | |
Unterschriften für die laut Attac dringend notwendige Einführung der | |
Finanztransaktionssteuer gesammelt werden. | |
Diese wurde am Samstagnachmittag als Resolution beschlossen. Ein Erfolg: | |
Resolutionen auf Kirchentagen sind keine Äußerungen desselben, müssen aber, | |
wenn sie zustande kommen, über den Presseverteiler des Kirchentags | |
geschickt werden. Mindestens 100 Menschen erklären dabei durch ihre | |
Unterschrift ihre Unterstützung für den Antrag, im Fall von Attac für die | |
Finanztransaktionssteuer. Außerdem müssen mindestens 1.000 Teilnehmende bei | |
der Veranstaltung anwesend sein, die die Resolution dann mehrheitlich | |
beschließen können. Eine hohe Hürde, die die Attac-Resolution überwinden | |
konnte. | |
Einziger Kritikpunkt von Attac auf diesem Kirchentag: Die Räume für die | |
Veranstaltungen waren durch die Bank zu klein bemessen. Oft mussten | |
Hunderte vor den Türen der Hallen bleiben. Das Konzept aber, mit | |
pointierter Politiksprache auf das eigene Anliegen zu verweisen, ist | |
aufgegangen. Kamele sind hübsche, weil violette Tiere! | |
15 May 2010 | |
## AUTOREN | |
Emilia Smechowski | |
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