# taz.de -- Muslim-Alarm: Die Islamisten kommen | |
> Der "Islamische Weg" aus Delmenhorst richtet von Freitag an eine | |
> Muslim-Tagung in der Imam-Ali-Moschee an der Hamburger Außenalster aus. | |
> Die deutschen Konvertiten in der Gemeinde sind empört. | |
Bild: Eigentlich ein Traum aus 1001 Nacht: Für einige ist die Imam-Ali-Moschee… | |
Die Imam-Ali-Moschee an der Hamburger Außenalster sieht mit ihrer | |
hellblauen Kuppel und den beiden Türmen aus wie ein Traum aus 1001 Nacht, | |
doch für manche ist die Moschee derzeit eher ein Alptraum. | |
"Islam-Extremisten tagen in Hamburger Moschee", schrieb das Abendblatt, und | |
die Morgenpost fragte: "Wird hier Hass gepredigt?" | |
Grund für die Besorgnis ist die "Islamische Tagung deutschsprachiger | |
Muslime", die von Freitag an in der Moschee abgehalten wird. Als | |
Veranstalter tritt die Organisation "Islamischer Weg" aus Delmenhorst bei | |
Bremen auf. Deren Vorsitzender Yavuz Özoguz hat mit seinem Bruder Gürhan | |
ein Buch mit dem Titel "Wir sind ,fundamentalistische Islamisten' aus | |
Deutschland" geschrieben. Die beiden Brüder sind außerdem Betreiber des | |
Internet-Portals Muslim Markt. "Es kann nicht sein, dass radikale | |
Islamisten hier in Hamburg unter dem Deckmäntelchen der Völkerverständigung | |
ihre Ideologien verbreiten", erklärte der Vorsitzende der Hamburger | |
CDU-Fraktion, Frank Schira. | |
Doch auch aus der Moscheegemeinde selbst kommt Kritik. "Wir fühlen uns an | |
den Rand gedrängt", sagt der Schriftsteller Peter Schütt, Mitglied der | |
Gemeinde deutschsprachiger Muslime in der Imam-Ali-Moschee. Die Leute vom | |
Islamischen Weg seien "nicht alle Bösewichter". Aber "wir sind überhaupt | |
nicht gefragt worden", sagt Schütt, der ehemals bei der DKP war und 1990 | |
zum schiitischen Islam konvertierte. Die Tagung deutschsprachiger Muslime | |
habe es schon öfter gegeben, sie finde abwechselnd in Hamburg, München und | |
Aachen statt. Der Islamische Weg sei immer dabei gewesen, aber noch nie | |
habe er die alleinige Regie übernommen. | |
Das Islamische Zentrum Hamburg, das die Moschee betreibt, gilt beim | |
Verfassungsschutz als "verlängerter Arm Teherans". Tatsächlich ist der | |
jeweilige Leiter des Zentrums direkt dem iranischen Revolutionsführer | |
unterstellt, derzeit also Ali Chamenei, und fungiert als dessen | |
Stellvertreter in Deutschland. 2009 wurde der vergleichsweise liberale | |
Leiter des Zentrums, Ayatollah Ghaemmaghami, von Ayatollah Ramezani | |
abgelöst, den Schütt als "unzugänglich" beschreibt. | |
Die Befürchtung der deutschen Muslime in der Moschee ist, dass mit dem | |
Islamischen Weg als Ausrichter der Tagung die inneriranischen Machtkämpfe | |
in die Moschee getragen werden. Die Organisation, noch zu Schah-Zeiten von | |
iranischen Studenten an der Bergbau-Hochschule Clausthal-Zellerfeld | |
gegründet, sei ein "Vorkämpfer der islamischen Revolution" im Iran, sagt | |
Konvertit Schütt, sie stünden auf der Seite von Staatspräsident | |
Ahmadinedschad. Bei Diskussionen sei er schon einige Male mit den | |
Islamisten aus Delmenhorst zusammenstoßen, sagt Schütt. Sie stünden auf | |
Seiten der Hardliner in Teheran, und sie hätten ein schwieriges Verhältnis | |
zu Selbstmordattentaten. "Sie rekrutieren keine Selbstmordattentäter, Gott | |
bewahre! Aber sie versuchen, Selbstmordattentate als äußerstes Mittel zu | |
rechtfertigen." | |
"Ich sag dazu nur so viel", sagt Yavuz Özoguz, "seit Anfang des Jahres sind | |
keine Israelis gestorben, aber 50 Palästinenser". Bei der ganzen Aufregung | |
um die Tagung in der Imam-Ali-Moschee geht es seiner Ansicht nach "um | |
Israel, das ist ein Fakt". | |
Özoguz, der an der Uni Bremen in Verfahrenstechnik promoviert hat, kennt | |
die Kunst der Vorwärtsverteidigung. Er und Anhänger Ahmadinedschads? | |
"Ahmadinedschad ist nicht mein Präsident, meiner heißt Merkel", sagt er. | |
Revolutionsführer Chamenei dagegen sei für ihn "die Heiligkeit unserer | |
Zeit", das sei kein Geheimnis. Er habe darüber ein Buch geschrieben. | |
An sich seien die Unterschiede zwischen dem iranischen System und der | |
Demokratie gar nicht so groß, meint Özoguz: Im Iran seien "nur zehn Prozent | |
der Ideale verwirklicht, ähnlich wie in Deutschland". Die Springer-Presse | |
beispielsweise stehe im Widerspruch zum Grundgesetz, denn sie sei für | |
Israel als ein Staat, der den Juden gehöre. Das widerspreche dem Gebot, | |
dass es keine religiöse Diskriminierung geben dürfe. | |
"Also gut, wenn der Druck so enorm groß wird, bleibt einem ja gar nichts | |
anderes übrig, als sich zu unterwerfen", hat Özoguz in einem Artikel | |
geschrieben, der seit Februar im Forum des Internetportals Muslim Markt | |
steht. "Wir erkennen hiermit das Existenzrecht eines Israels an, in dem | |
Juden, Christen und Muslime gleichberechtigte Bürger sind und der | |
zionistische Rassismus als Verbrechen gilt!" | |
Über Israel redet Özoguz, der an der Bremer Uni in Verfahrenstechnik | |
promoviert hat, deutlich lieber als über den Iran. Er halte die Theorie des | |
Islam für "grundsätzlich überlegen", sagt er. "Sonst wäre ich kein Muslim." | |
In der Verfassung der Iranischen Republik stehe etwa, dass die Wirtschaft | |
dem Menschen zu dienen habe. "Bei uns ist es genau umgekehrt." | |
In seinen Muslim Markt-Artikeln lässt Özoguz keine Gelegenheit aus, das | |
"kapitalistische Imperium" zu geißeln. Als die Finanzkrise kam, schrieb er | |
über die "Gleichschaltung" deutscher Medien, die selbst ein Teil des | |
Systems seien, über das sie schrieben. Beifall hat ihm dies nicht etwa von | |
der Linken, sondern von rechts eingetragen: "Wo wahr gesprochen da sollte | |
man zuhoeren. Bei den Musels gibt es eben auch jene und solche", lobt ein | |
User des Internetportals Altermedia den eingestellten Text. | |
In einem Özoguz-Porträt des Schweizer Tagesanzeigers stand, dass Özoguz zum | |
schiitischen Islam über den Umweg der christlichen Befreiungstheologie | |
gekommen sei. Ganz unwahrscheinlich ist das nicht, der Text steht | |
unwidersprochen auf muslim-markt.de. "Sie dürfen nicht vergessen, dass ich | |
auch ein Konvertit bin", sagt Özoguz - seine Eltern kommen aus der Türkei, | |
und dort sind Schiiten eine winzige Minderheit. | |
Bei der Tagung in der Imam-Ali-Moschee wird Yavuz Özoguz eine | |
Podiumsdiskussion zum Thema "Frieden mit Muslimen" moderieren. Das Problem | |
scheinen demnach auf keinen Fall die Muslime zu sein. | |
Unfrieden stiften die anderen. So ähnlich sagt das Ahmadinedschad auch. | |
20 May 2010 | |
## AUTOREN | |
Daniel Wiese | |
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