# taz.de -- Kommentar NRW: Zeit zur Annäherung | |
> Eigentlich war alles schön angerichtet. Und nichts deutete darauf hin, | |
> dass es ein schnelles Ende geben würde. Doch trotz des Debakels in NRW | |
> muss die Bundes-SPD weiter auf die Linkspartei setzen. | |
Eigentlich war alles schön angerichtet. Um 13 Uhr sollte es losgehen, Essen | |
war bestellt, Kaffee für die Pause, fast wie bei Freunden. Nichts deutete | |
darauf hin, dass es ein schnelles Ende geben würde. | |
Jetzt ist es doch passiert. Die erste Sondierungsrunde von SPD, Grünen und | |
Linken in Nordrhein-Westfalen ist die letzte gewesen. Rot-rot-grün ist | |
geplatzt. Atmosphärische Gründe haben eine Rolle gespielt, hört man. Zudem | |
gab es unterschiedliche Auffassungen beim Thema Einsparungen. | |
Für die SPD ist das Ergebnis ein Desaster. Kaum ist die Enttäuschung über | |
die renitente FDP verraucht - schon ist die nächste mögliche Koalition in | |
den Fingern zerronnen. Ohne sie gehe nichts, hatten die Sozialdemokraten | |
nach dem Wahltag getönt. Doch der gefühlte Regierungsauftrag ist in sich | |
zusammengefallen - die SPD hat ihre Optionen verloren. Sie kann jetzt nur | |
noch eines: Sich als Juniorpartner der CDU unterordnen. Selbst einen | |
Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers müsste die SPD nun akzeptieren. | |
Sie täte gut daran, das auch zu tun. Mit welchem Trumpf in der Hand würde | |
die SPD noch einen Wechsel an der Regierungsspitze fordern können? In | |
ähnlichen Situationen scheiterten Gerhard Schröder 2005 und Andrea | |
Ypsilanti 2008, jeweils mit gefühlten Siegen gegen Angela Merkel und Roland | |
Koch. Letztere sind noch heute im Amt. Sie haben einfach gewartet, bis die | |
SPD sich zerlegt hat. | |
Wenn die Sozialdemokraten eine Lehre aus diesen Erfahrungen gezogen haben, | |
dann sollte sie in Nordrhein-Westfalen die Ebene des gefühlten Wahlsiegers | |
endlich verlassen, die Gegebenheiten akzeptieren und auch keine Sekunde an | |
Neuwahlen denken - bei denen sie nur verlieren kann. Denn nun kann es nur | |
noch um Schadensbegrenzung gehen. | |
Für den Bund muss nun ein radikales Umdenken im Umgang mit der Linkspartei | |
einsetzen. Denn bei aller rot-grünen Träumerei ist ein Bündnis mit der | |
Linken hier die einzige Machtoption für die SPD. Die SPD muss sich | |
annähern, das Gespräch suchen und die Gräben überwinden, die die beiden | |
Parteien unnötigerweise trennen - obwohl sie sich in vielen | |
programmatischen Fragen bereits sehr nahe stehen. Das größte Hindernis für | |
eine solche Annäherung - Oskar Lafonaine - hat ohnehin gerade die | |
politische Bühne verlassen. | |
Natürlich liegt dem impulsiven Machtpolitiker Sigmar Gabriel eigentlich | |
nichts ferner, als eine Zusammenarbeit der Linken. Bei der Integration der | |
eigenen Parteiflügel hat er aber in kurzer Zeit bemerkenswerte Erfolge | |
gefeiert - kaum jemand hätte ihm das zugetraut. | |
Gabriel muss wird sich einen Ruck geben müssen, um die seinen Teil zur | |
Integration im Linken politischen Spektrum zu leisten. Aber zuzutrauen ist | |
ihm auch das. Vielleicht nicht aus einer inneren Überzeugung. Aber doch aus | |
seinem ausgeprägten Machtwillen. Denn auch für Gabriel ist die Linkspartei | |
der einzige Partner, wenn er 2013 Kanzler werden will. | |
Und das gilt als ausgemacht. | |
20 May 2010 | |
## AUTOREN | |
Gordon Repinski | |
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