# taz.de -- Brandenburg erwartet die Oderflut: Die Welle kommt schneller | |
> Für das deutsche Ufer der Oder soll ab Donnerstag Alarmstufe 4 gelten. | |
> Dann besteht die Gefahr, dass ältere Deiche brechen könnten. Die | |
> Einwohner des polnischen Slubice sollen ihre Stadt verlassen. | |
Bild: Im polnischen Kostrzyn fließt die Warthe in die Oder. Hier bereitet man … | |
FRANKFURT (ODER)/WARSCHAU dpa | Das Hochwasser auf Oder und Neiße schwillt | |
schneller an als zunächst berechnet. In Brandenburg wurde die Alarmstufe an | |
Teilen der Flüsse bereits in der Nacht zum Mittwoch von eins auf zwei | |
angehoben. Dies war eigentlich erst im Tagesverlauf geplant. Für den Abend | |
hatten die Behörden die Stufe 3 empfohlen: Ab dann müssen Deiche, Wehre und | |
Wasserläufe ständig beobachtet werden. | |
Die höchste Alarmstufe 4 wird vermutlich schon am Donnerstag ausgerufen - | |
und damit einen Tag eher als zunächst angenommen, teilte das | |
Hochwassermeldezentrum in Frankfurt (Oder) mit. Der Katastrophenstab des | |
Landes hat in Potsdam seine Arbeit aufgenommen. An einigen Stellen sollen | |
indes die Deiche schwach sein. Am Pegel Ratzdorf (Oder-Spree) werde am | |
Donnerstagvormittag der Richtwert von 5,90 Meter überschritten. Dann | |
besteht die Gefahr, dass Deiche und Dämme überflutet werden, teilte das | |
Zentrum mit. Evakuierungen werden vorbereitet. | |
In Deutschland werde das Hochwasser allerdings nicht das Ausmaß der | |
Jahrhundertflut von 1997 erreichen, sagte Matthias Freude, Präsident des | |
Landesumweltamtes. "Wir haben 1997 sechs Wochen Höchstwasserstände gehabt. | |
So lange wird es dieses Mal bestimmt nicht dauern." In Frankfurt (Oder) | |
wurden aber Ausgabestellen für Sandsäcke eingerichtet. Pro Haushalt gebe es | |
100 Säcke, sagte Bürgermeister Martin Wilke. Außerdem werde an einem | |
Stegsystem gearbeitet. | |
In Frankfurts polnischer Nachbarstadt Slubice ist die Lage schwierig. | |
Zahlreiche Stadtteile liegen unterhalb des Oderpegels. Deshalb könne das | |
Wasser aus der Kanalisation die Stadt überfluten und zu Deichbrüchen | |
führen. Bürgermeister Ryszard Bodziacki hatte am Dienstagnachmittag an die | |
Einwohner appelliert, die Stadt spätestens am Freitag zu verlassen. | |
Vor allem zwei je fünf Kilometer lange Deichabschnitte in der Neuzeller | |
Niederung sowie zwischen Gartz und Friedrichsthal sind "Wackelkandidaten". | |
"Wir werden uns um diese Schwachstellen kümmern", kündigte Innenminister | |
Rainer Speer (SPD) an. Die beiden Bereiche wurden noch nicht saniert. Sie | |
sind baulich im Zustand von 1950/60. Bei einem Deichbruch dort würde | |
allerdings lediglich eine Siedlung mit Wochenendhäusern überflutet. | |
Für Polen naht derweil das Ende der schlimmen Tage: In der Nacht zum | |
Mittwoch sollte der Hochwasserscheitel auf der Weichsel die Ostsee | |
erreichen, sagte Lukasz Legutko vom Hydrometeorologischen Institut IMGW am | |
Dienstag in Warschau. Am Nachmittag floss die Welle durch Tczew in Pommern | |
etwa 30 Kilometer vor der Danziger Bucht. Die Zahl der Todesopfer stieg auf | |
16: In Pulawy fiel ein 13-jähriges Mädchen von einer Brücke in die Weichsel | |
und ertrank. | |
An der Oder in Polen galt am Mittwoch der Ort Dobrzejewice zwischen Glogow | |
und Nowa Sol als Schwachstelle. Der Deich sei nicht vollständig und könne | |
den Fluss nicht in seinem Bett halten, sagte ein Gemeindevertreter. Die | |
Stelle wurde mit 150.000 Sandsäcken verstärkt. Bei Plock nordwestlich von | |
Warschau ging der Kampf gegen die Wassermassen der Weichsel weiter, die | |
nach einem Deichbruch am Sonntag 23 Ortschaften überflutet hatten. Das | |
Wasser gehe zurück, die Lage bleibe aber sehr ernst, sagte der Chef des | |
zentralpolnischen Verwaltungsbezirkes Mazowsze, Jacek Kozlowski. Die | |
Weichsel hat dort ein Gebiet von 8000 Hektar verwüstet, 2400 Menschen | |
mussten in Sicherheit gebracht werden. | |
Polens Regierung kam am Dienstag zusammen, um Finanzhilfen für die | |
Flutopfer zu beschließen. Wie Ministerpräsident Donald Tusk vor der | |
Kabinettssitzung mitteilte, sollen dafür zwei Milliarden Zloty (0,5 | |
Milliarden Euro) zur Verfügung gestellt werden. Derzeit sind im Land noch | |
zehntausende Helfer im Einsatz, tausende Menschen sind von der Flut | |
betroffen. | |
Im Süden Polens begann sich die Lage aber langsam zu normalisieren. Die | |
Fiat-Fabrik in Tychy habe die Produktion wieder aufgenommen, berichtete die | |
Nachrichtenagentur PAP. Auch die Glashütte in Sandomierz produzierte | |
wieder. Auch in Warschau ging der Pegel des Flusses stetig zurück, die | |
Deiche waren aber weiter durchweicht. Daher blieben Schulen und | |
Kindergärten in einigen Stadtteilen geschlossen. | |
26 May 2010 | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |