Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Der Tatort am Sonntag: "Schlafende Hunde"
> Zwanzig Jahre nach dem Untergang der DDR gehen Stasi-Verbrecher immer
> noch ihren dunklen Geschäften nach. Diesmal im Tatort-Krimi aus Bremen:
> "Schlafende Hunde"; So., 20.15 Uhr, ARD.
Bild: Kommissar Nils Stedefreund (Oliver Mommsen) hat es erwischt. Kommt Inga L…
Soviel Knowhow, soviel Equipment, soviel Investment – nach rein
wirtschaftlichen Gesichtspunkten war die Abwicklung des Ministeriums für
Staatssicherheit eine echte Sünde. Radio Bremen hat nun anlässlich der
Jubiläumsfeiern zum 20. Jahrestag der Wiedervereinigung, der in Bremen
begangen wird, ein Krimi-Szenario in Auftrag gegeben, in dem der Geist von
Mielkes Truppe zumindest im ökonomischen Sinne auch durch die Berliner
Republik spukt.
Zum einen geht es hier um Stasi-Verbrecher, die ganz offiziell ihrem alten
Handwerk in einem der wenigen florierenden Gewerbezweigen des
wiedervereinigten Deutschlands nachgehen, der Sicherheits-Branche nämlich.
Zum anderen geht um das alte Stasi-Netzwerk, das für globalen Waffenhandel
und andere Schweinerein benutzt wird. Zentrale Figur ist ein Glatzkopf
namens Herr Schröder (Heinz Werner Kraehkamp), ein Dr. Mabuse der
Laubenpieper, der in seinem Bremer Schrebergarten Original-Thüringer grillt
und nebenbei eine kleine Abhörstation laufen hat, von der aus er ganz groß
im Zersetzungs-Geschäft mitmischt.
Zurzeit hat Überwachungsspezialist Schröder den erfolgreichen linken
Geschäftsmann Hans Rodenburg (Jürgen Prochnow) im Visier. Der
Fair-Trade-Spediteur hat sich in jungen DKP-Jahren ein bisschen zu nahe an
die Stasi gewagt, das macht ihn nun erpressbar, und durch seine guten
Kontakte nach Südamerika verfügt er über wichtige Zugangsmöglichkeiten ins
Guerilla-Waffengeschäft von Peru und Kolumbien.
Sicherheitshalber führt man dem idealistischen Macho dann auch noch eine
junge deutsche Indio-Aktivistin zu (Laura Tonke), die ihn im Bett zur
Kooperation bewegen soll. Zwischen korrekt gehandeltem Kaffe kommt’s zur
ersten Kopulation: vögeln mit Fair-Trade-Flair.
Ja, die Ex-Stasi-Schergen haben hier Einflussmöglichkeiten bis in den
privatesten Bereich – was auch Hauptkommissarin Inga Lürsen (Sabine Postel)
zu spüren bekommt, deren Handy dahingehend manipuliert wird, dass Kollege
Stedefreund (Oliver Mommsen) darauf SMS-Nachrichten findet, die sie als
Kollaborateurin Rodenburgs erscheinen lassen. Bei Lürsens schon häufiger
angesprochenen linken Vergangenheit ist dieser Verdacht ja nicht ganz von
der Hand zu weisen.
Ein lustvolles Paranoia-Szenario hat Radio Bremen also mit „Schlafende
Hunde“ (Buch: Wilfried Huismann, Dagmar Gabler, Regie: Florian Baxmeyer)
geschaffen. Nach einigen erschreckend öden Episoden läuft der Sender damit
endlich wieder zu jener Brisanz auf, die er mit dem 9/11-Schocker
„Scheherazade“ oder der 68er-Panorama „Schatten“ an den Tag gelegt hat.
Zwar bleiben einige Charaktere unzugänglich, und die Wendung ins
Inzest-Drama, die der Plot am Ende nimmt, ist einfach unglaubwürdig – aber
wie hier Fakten mit Fiktion und Pulp mit Politik kombiniert wird, mischt
auf jeden Fall hübsch die staatstragende Gediegenheit bei
Wiedervereinigungsfeierlichkeiten aller Art auf.
28 May 2010
## AUTOREN
Christian Buss
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.