# taz.de -- Knesset-Abgeordneter über Konvoi-Angriff: "Es musste jemand sterbe… | |
> Die Soldaten sollten töten, um abzuschrecken. Das glaubt Jamal Zahalka, | |
> der Vorsitzende der palästinensischen Knesset-Fraktion Balad. Israel | |
> bleibe jetzt nur noch die Aufhebung der Blockade. | |
Bild: Aufnahme vom nächtlichen Angriff auf die Schiffsflotte im Mittelmeer. | |
taz: Herr Zahalka, Ihre Parteigenossin Chanin Soabi ist auf einem der | |
Schiffe, die heute Nacht von der israelischen Marine abgefangen wurden. | |
Stehen Sie in Kontakt zu ihr? | |
Jamal Zahalka: Wir haben seit gestern Abend nichts von ihr gehört. Soweit | |
wir wissen, ist sie aber nicht unter den Verletzten. | |
Wie kommt es, dass Frau Soabi gefahren ist und nicht Sie selbst? | |
Normalerweise schickt jede Fraktion einen Teilnehmer. Ich war schon vor | |
drei Wochen nach Zypern gereist in der Absicht, auf einem der Schiffe | |
mitzufahren, was sich aber aus technischen Gründen zerschlagen hat. | |
Was hoffen Sie zu erreichen? | |
Wir wollen die Blockade brechen, die Israel über den Gazastreifen verhängt | |
hat und die unmenschlich ist. 1,5 Millionen Menschen in ein großes | |
Gefängnis zu sperren ist kollektive Bestrafung und verstößt gegen | |
internationales Recht. | |
Was wissen Sie über die Organisatoren der Schiffe? | |
Ich kenne die Organisationen nicht. Tatsache ist, dass es sich um | |
Aktivisten aus aller Welt und aller Religionen handelt. Es sind Muslime, | |
Christen und Juden mitgefahren. Israel versucht sie zu delegitimieren, | |
indem schon bevor die Schiffe überhaupt losgefahren sind, davon die Rede | |
war, dass Terroristen an Bord sind. Die Operation der israelischen Armee | |
ist ein Akt der Piraterie und ein Kriegsverbrechen. Israel hatte von | |
vornherein geplant, hart zuzuschlagen. Die Soldaten sollten Leute töten, um | |
andere abzuschrecken. | |
Dann glauben Sie nicht an die Version der Israelis, dass die Soldaten erst | |
dann zu schießen begannen, als sie selbst in Lebensgefahr gerieten? | |
Wer ein Schiff kapert, handelt nicht aus Notwehr. Schon vor einer Woche hat | |
ein Sprecher der Armee gesagt, die Schiffe sollten um jeden Preis | |
abgefangen werden, bevor sie Gaza erreichen. Wir sehen jetzt, welchen Preis | |
die Aktion forderte. Vielleicht hat die israelische Führung nicht über | |
neunzehn Leute entschieden, die umgebracht werden sollten, vielleicht auch | |
nicht über zehn. Sicher aber ist, dass jemand sterben musste, um den | |
Abschreckungseffekt zu erreichen. | |
Wie wird es jetzt weitergehen? | |
Balad hat über Streiks und Demonstrationen entschieden. | |
Rechnen Sie mit Eskalationen? | |
Wenn es zu Gewalt kommen sollte, dann werden wir Araber die Opfer sein. Es | |
war bislang immer so, dass die Eskalation von der israelischen Polizei | |
ausging. | |
Was tun Sie, um den Zorn in der arabisch-israelischen Öffentlichkeit | |
abzumildern? | |
Unsere Partei ist eine politische Bewegung, unsere Öffentlichkeit ist eine | |
gewaltlose. Wir rufen zu friedlichen Demonstrationen auf und zum Streik. | |
Was sollte Israel nun tun? | |
Die Blockade aufheben. Und wenn sich die israelische Regierung weigert, | |
dann muss der Druck intensiviert werden. Es kann nicht sein, dass man einen | |
Staat, der 1,5 Millionen Menschen einsperrt, als normalen Staat betrachtet | |
und mit ihm umgeht, als sei nichts passiert. | |
Israel verlangt die Freigabe von Gilad Schalit. Dann würde auch die | |
Blockade enden. Warum lässt die Hamas Schalit nicht frei? | |
Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Die Blockade hat angefangen, | |
lange bevor Schalit gefangen genommen wurde. Heute benutzt ihn Israel | |
lediglich als Vorwand für das Embargo. | |
Warum wird immer nur Israel für die Blockade verantwortlich gemacht, wo | |
doch auch Ägypten die Grenzen geschlossen hält? | |
Natürlich sollten auch die Ägypter die Grenzen öffnen. Das tun sie von Zeit | |
zu Zeit, insgesamt aber viel zu wenig. Die ägyptische Regierung kapituliert | |
unter dem Druck der USA und Europas. | |
1 Jun 2010 | |
## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
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