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# taz.de -- Finanzbetrüger angeklagt: Zocker Kerviel gegen die Bank
> Der Exbörsenhändler der Société Générale soll 5 Milliarden Euro verzockt
> haben. Jetzt muss er sich in Paris vor Gericht verantworten.
Bild: Jérôme Kerviel im Blitzlichtgewitter.
PARIS taz | Beim Roulette gilt die Faustregel, dass die Bank immer gewinnt.
Ob das auch beim Prozess, der am Dienstag in Paris vor dem Strafgericht
begonnen hat, ist offen: Angeklagt ist der als Milliardenzocker bekannt
gewordene Börsenhändler Jérôme Kerviel. Der ehemalige Angestellte der
französischen Großbank Société Générale soll für einen der größten
Spekulationsverluste aller Zeiten verantwortlich sein. Dem 33-Jährigen
drohen bis zu fünf Jahre Haft wegen Betrugs und Untreue. Sein früherer
Arbeitgeber ist Nebenkläger.
Die Société schrieb infolge der Geschäfte Kerviels 4,9 Milliarden Euro ab.
Das Institut will nichts vom illegalen Treiben seines Mitarbeiters gewusst
haben und spricht von kriminellen Vertuschungsmanövern. Kerviel hat zu
seiner Verteidigung bereits ein Buch geschrieben. Wer das liest, bekommt
den Eindruck, an der Börse gehe es tatsächlich zu wie beim Glücksspiel.
Kerviel behauptet aber, er habe nicht für seinen eigenen Gewinn gespielt,
sondern nur seinen "Job" gemacht. Er sei Opfer des Systems und seiner
Spielsucht geworden.
Kerviels Jobs war es, mit teils riskanten Termingeschäften für die Société
Générale Geld zu verdienen. Das gelang ihm anfangs so gut, dass er als
Vorbild galt. Am Schluss setzte er beim Handel mit Derivaten 50 Milliarden
Euro ein - und damit das Anderthalbfache der Eigenmittel seiner Bank. Ende
2008 brach sein Spiel zusammen, die Société Générale musste für fast 5
Milliarden Euro Verluste geradestehen. Kerviel wurde per Haftbefehl
gesucht, der Bankvorsitzende Daniel Bouton - der auch gehen musste -
bezeichnete ihn als "Terroristen". Die Sociéte Générale erklärt, Kerviel
sei für die Rekordverluste verantwortlich, er habe Regeln missachtet,
Vorgesetzte hintergangen. Das Bild des fotogenen "Milliardenbetrügers", der
eine vage Ähnlichkeit mit Tom Cruise besitzt, zierte Anfang 2009 die
Pressetitel. Kollegen nannten ihn allerdings "Mister Nobody", er gilt als
scheu.
Kerviel ist bereits in die Geschichte eingegangen als Symbolfigur einer
Generation von Börsenhändlern, die in einer Art Spielsucht immer größere
Risiken eingingen. Heute arbeitet er für ein Monatsgehalt von 2.300 Euro in
einer Informatikfirma.
Kerviel hofft auf einen Freispruch. Seine Vorgesetzten saßen damals nur
drei Meter von ihm entfernt. Sie mussten wissen, so sagt er, dass er seine
"Limits" überschritt. Seine Anwälte versprechen "Überraschungen im
Prozess". RUDOLF BALMER
9 Jun 2010
## AUTOREN
Rudolf Balmer
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