# taz.de -- Kriminalität in Guatemala: UNO-Verbrecherjäger gibt auf | |
> Der Chef der Kommission gegen die Straffreiheit gibt auf. Die drei | |
> Gewalten im Staat hätten sich nicht ausreichend gegen Kriminalität in | |
> Guatemala gestellt. | |
Bild: Sollte das Land vor dem Verfall in einen Verbrecherstaat bewahren: UNO-Ge… | |
SAN SALVADOR taz | Der Mann, der Guatemala im Auftrag der Vereinten | |
Nationen vor dem Untergang in einen Verbrecherstaat bewahren sollte, hat | |
frustriert das Handtuch geworfen. Am Montag ist Carlos Castresana, | |
Vorsitzender der Internationalen Kommission gegen die Straffreiheit in | |
Guatemala (CICIG), überraschend zurückgetreten. Die CICIG hatte Ende 2007 | |
nach einem Abkommen zwischen der Uno und dem damaligen Präsidenten Oscar | |
Berger ihre Arbeit aufgenommen. Die Juristen und Kriminalisten sollten die | |
Unterwanderung des Staats durch das Organisierte Verbrechen aufklären und | |
aufhalten und Polizei und Staatsanwaltschaft dabei unterstützen, die extrem | |
niedrige Aufklärungsquote von Verbrechen von rund zwei Prozent deutlich zu | |
erhöhen. | |
Alle drei Gewalten des Staates hätten nicht die nötigen Anstrengungen | |
unternommen, um die überbordende Kriminalität in Guatemala tatsächlich zu | |
bekämpfen, sagt Castresana in einer Pressekonferenz. Nachdem Ende Mai mit | |
Conrado Reyes ein neuer Generalstaatsanwalt ernannt wurde, sei seine Arbeit | |
sinnlos geworden. „Er ist nicht die Person, die das Land braucht“, sagte | |
Castresana. Der neue oberste Straffverfolger des Landes habe in der | |
Vergangenheit „mehr Loyalität gegenüber illegalen Organisationen als | |
gegenüber dem Rechtsstaat gezeigt“. Castresana habe Präsident Álvaro Colom | |
um die sofortige Entlassung von Reyes gebeten. Der aber habe das Ersuchen | |
abgelehnt. | |
In zweieinhalb Jahren Arbeit hat die CICIG einige spektakuläre Fälle | |
geklärt. So wurde nachgewiesen, dass der prominente Wirtschaftsanwalt | |
Rodrigo Rosenberg im Mai vergangenen Jahres aus Liebeskummer seinen eigenen | |
Tod bei Killern in Auftrag gegeben hatte. Rosenberg hatte ein Video | |
hinterlassen, in dem er Präsident Colom und dessen Frau für den Mord | |
verantwortlich machte. Das Video hatte damals eine Staatskrise ausgelöst. | |
Wegen Korruption und Verbindungen zum Drogenhandel wurden ein | |
Generalstaatsanwalt, zehn weitere Staatsanwälte und drei Richter des | |
Obersten Gerichtshofs verhaftet. 2.000 korrupte Polizisten wurden | |
entlassen. Auch Ex-Präsident Alfonso Portillo, ein ehemaliger | |
Verteidigungs- und ein Finanzminister und zwei nationale Polizeichefs | |
sitzen wegen verschiedener Delikte im Gefängnis. „Solche Menschen wurden | |
vorher in Guatemala nie vor Gericht gestellt“, bilanzierte Castresana seine | |
Arbeit. Trotzdem werden noch immer täglich 16 Menschen ermordet, ganze | |
Landstriche werden weiterhin von Drogenmafias kontrolliert. | |
Seit der Verhaftung von Portillo habe der Druck auf CICIG zugenommen, sagte | |
Castresana. Weder das Parlament, noch die Gerichte würden für ein | |
rechtsstaatliches Justizsystem arbeiten. Dafür nötige Gesetzesinitiativen | |
würden blockiert, der Säuberungsprozess in den Justizbehörden komme nicht | |
voran. „Es tut mir leid, ich kann nicht mehr für Guatemala tun, als das, | |
was ich in den vergangenen zweieinhalb Jahren getan habe.“ Trotzdem soll | |
die Arbeit von CICIG weitergehen. Uno-Sprecher Martin Nesirky kündigte an, | |
in den kommenden Wochen werde ein neuer Kommissionsvorsitzender nach | |
Guatemala entsandt. Präsident Colom ließ mitteilen, er habe nach dem | |
Rücktritt Castresanas Ermittlungen gegen Generalstaatsanwalt Reyes | |
angeordnet. | |
9 Jun 2010 | |
## AUTOREN | |
Cecibel Romero | |
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