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# taz.de -- Special Olympics in Bremen: Mittendrin statt nur dabei
> In Bremen beginnt mit den "Special Olympics" das größte Turnier für
> geistig behinderte SportlerInnen. Ein Besuch bei drei von 4.550
> AthletInnen.
Bild: Startet in den Disziplinen 50-Meter-Lauf und Ballwurf: Elisabeth Beck.
Sieben Sekunden. So lange braucht Dieter Veenhuis im Training für den
50-Meter-Sprint. Bei Elisabeth Beck sind es neun. So ungefähr jedenfalls.
Weil: So ganz genau kann man das hier nicht sagen, die Strecke ist
geschätzt, als Stoppuhr dient der Trainerin ein altes Handy. Aber es kommt
ja auch nicht so ganz darauf an. Auch wenn Veenhuis, 50, und Beck, 59,
Olympioniken sind.
Der olympische Gedanke. Wenn er irgendwo lebt, also nicht nur in wohlfeilen
Reden, dann hier. Bei den "Special Olympics Deutschland" (SOD). Dem größten
Sportereignis für geistig und mehrfach behinderte Menschen. 4.550
SportlerInnen kommen dafür vom 14. bis 19. Juni nach Bremen. Zum Vergleich:
Zur Premiere, 1998 in Stuttgart, kamen zu den Special Olympics 1.000
Athleten, und nicht halb so viele BetreuerInnen. Die Bewegung kommt aus den
USA und wurde 1968 von der Kennedy-Familie begründet, genauer gesagt: von
der Schwester des John F..
Veenhuis und Beck sind zwei von denen, die jetzt dabei sind, zwei von drei
AthletInnen vom "Haus am Werdersee" des Bremer Martinsclubs (MC). Wobei:
Fast wären die gar nicht dabei gewesen, die Startplätze sind hier rar, auch
wenn die Special Olympics noch nie so groß waren wie in diesem Jahr. Gut
12.000 TeilnehmerInnen sind angekündigt, fünf ausländische Delegationen,
allein 4.000 SportlerInnen, die im "wettbewerbsfreien Angebot" starten. Mit
ihnen allen kommen 1.550 Coaches und 2.300 freiwillige HelferInnen, die
unter anderem 33.000 Mahlzeiten verteilen werden. Und der Bundespräsident
wollte Schirmherr sein. Aber der kommt jetzt eh aus Bremen, quasi.
Beck und Veenhuis starten im 50-Meter-Lauf und Ballwerfen, auf "Platz 11"
neben dem Weserstadion, wo sonst die Fußballer von Werder Bremen
trainieren. Wobei: Die Trainingsbedingungen der beiden in der
Turniervorbereitung sind nicht ganz optimal. Einen eigenen Platz haben sie
nicht, sie sind mal hier, mal da, wo eben grad keiner ist. Aber sie haben
ja auch keine festen Trainingszeiten. Andererseits: Beck etwa geht ja auch
noch Tanzen und Kegeln. "Das läuft so nebenher mit", sagt Betreuerin
Angelika Lenser, irgendwo zwischen Früh-, Spät-, Wochenenddienst und
Nachtbereitschaft. Immerhin, zuerst hatten sie ja noch einen eigenen
Praktikanten für die Special-Olympics-Vorbereitung, aber der ist
mittlerweile weg. Dabei waren sie mit dem MC im vergangenen Jahr auch bei
allerlei anderen Wettbewerben vertreten, auch mit Dieter Veenhuis, der mal
19. wurde. 19 BewohnerInnen hat das "Haus am Werdersee", und neben Hartwig
Braun, die im 50-Meter-Gehen startet, sind noch zehn weitere im
"wettbewerbsfreien Angebot" dabei.
"Lasst mich gewinnen, doch wenn ich nicht gewinnen kann, so lasst mich
mutig mein Bestes geben!" lautet ihr olympischer Eid. In 20 Disziplinen
treten die AthletInnen gegeneinander an - in Stuttgart waren es seinerzeit
acht. Badminton und Basketball gehören 2010 beispielsweise dazu, Fußball
und Golf, Kanu und Leichtathletik, Schwimmen und Tischtennis.
"Die Spiele sollen zeigen, dass behinderte Menschen nicht am Rande der
Gesellschaft stehen, sondern mittendrin", sagt Hans-Jürgen Schulke,
Professor für Sport- und Eventmanagement und Präsident des deutschen
Organisations-Kommitees des SOD. 2000 waren die geistig und mehrfach
Behinderten noch bei den Paralympics dabei, den Olympischen Spielen für
Körperbehinderte. Doch dann war die spanische Basketballmannschaft
mehrheitlich mit nicht körperlich behinderten Sportlern angetreten - und
gewann Gold. 2008 in Peking wurden Menschen mit geistiger Behinderung
deshalb ausgeschlossen, 2012 in London sollen sie aber wieder dabei sein.
Das sichert mehr öffentliche und mediale Aufmerksamkeit. Und: "Unsere
Athleten sind nicht behindert, sie werden behindert", sagt
SOD-Vizepräsident Bernhard Conrads. "Es geht nicht bloß darum, sie zu
integrieren." Andererseits: Bei den Special Olympics geht es ja gerade
nicht darum, wer Erster wird. Und eine wie Beck, einer wie Veenhuis, sagt
Lenser, die entwickeln zwar "viel unvoreingenommene Freude". Aber eben
"nicht so den Ehrgeiz". Das kann bei anderen geistig Behinderten natürlich
anders sein. Vor allem aber: Das ist bei den Paralympischen Spielen anders.
Die folgen eben dem gesunden Vorbild, in vielerlei Hinsicht.
Und eine beim MC - und auch anderswo im Norden gerade zur winterlichen
Kohlzeit - besonders beliebte Sportart fehlt ohnedies im Programm: der
Teebeutelweitwurf.
10 Jun 2010
## AUTOREN
Jan Zier
Jan Zier
## TAGS
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
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