# taz.de -- Deutscher Torwart Manuel Neuer: "So musst du die Arme haben" | |
> Mit vier Jahren heulte er noch bei einem Gegentor, jetzt wird er vom | |
> Gegner gefürchtet. Torwart Manuel Neuer über den englischen Keeper Green, | |
> kaputte Bälle und seine Taktik für das Serbien-Spiel. | |
taz: Herr Neuer, haben Sie schon die Oldenburger Nordwest-Zeitung gelesen? | |
Manuel Neuer: Nee, warum? | |
Der Jugendtrainer von Jörg Butt, Eckart Paradies, lobt Sie da über den | |
grünen Klee. Wie der junge Butt, ruhig und sachlich seien Sie. Ihnen gehöre | |
ohne Einschränkungen die Zukunft in Deutschland. | |
Schön zu hören. Ich kenn den Mann natürlich nicht. Nach dem 4:0 ist doch | |
klar, dass alle zufrieden sind. | |
Was haben Sie mitbekommen? | |
Man ist ziemlich euphorisch in Deutschland. Wir haben die Deutschen hinter | |
uns gebracht. Aber wir haben momentan noch gar nichts erreicht. | |
Wie weit kann die deutsche Mannschaft in diesem Turnier kommen? | |
Wichtig ist, dass wir ruhig bleiben. Natürlich wollen wir versuchen, den | |
Schwung jetzt mitzunehmen. Dann ist einiges möglich. | |
Bei dieser WM wird viel über Torhüter gesprochen, zu Recht? | |
Ich beteilige mich nicht an den Diskussionen über den englischen Keeper | |
Green. So ein Patzer kann jedem passieren. | |
Robert Green wurde verhöhnt und verspottet. Muss man als Torwart mehr | |
aushalten können, Sie wurden ja beispielsweise nach einem Abwurf zum Gegner | |
auch hart kritisiert? | |
Das gehört dazu. Wir müssen einem gewissen Druck standhalten können. | |
Wichtig ist ein gesundes Selbstvertrauen. Wenn man an sich glaubt, kommt | |
man da schnell wieder raus aus dem Tief. Aber der Green tut mir natürlich | |
leid. | |
Sie erklären sich solidarisch mit dem Pechvogel? | |
Ja, klar. Ich kann mich gut in ihn hineinversetzen. | |
Es heißt allerorten, der Ball "Jabulani" verhalte sich komisch, haben Sie | |
das auch beobachtet? | |
Wir konnten uns sechs Monate lang in der Bundesliga dran gewöhnen. Aber | |
alle hatten eigentlich genug Zeit, um damit zu trainieren. Es ist sowieso | |
eine Einstellungssache. Umstände wie Platzverhältnisse, Ball und Wind kann | |
keiner ändern. Wenn man das weiß, kann nichts passieren. Man muss keine | |
Angst vor dem Ball haben. | |
Was ist an dem Ball besonders, Iker Casillas, der spanische Keeper, sagt, | |
Jabulani habe einen abgründigen Charakter. | |
Ach, für uns Torhüter ist es nur wichtig, dass man so viel Körper wie | |
möglich hinter den Ball bekommt. | |
Können Sie sich noch an den Ball erinnern, mit dem Sie 1991 auf Schalke | |
angefangen haben? | |
Das war auf Asche. Da spielte man nicht mit so teuren Bällen, die schnell | |
kaputt gehen. Das waren noch Bälle mit richtigen Nähten, wo irgendwann die | |
Blase rauskam. | |
Wie hat Sie diese Phase auf den Ascheplätzen geprägt? | |
Damals als kleiner, junger Torwart musste man auf Asche immer höllisch | |
aufpassen. Da wurden ja gern mal lange Bälle geschlagen und dann wurde von | |
draußen gerufen: "Der tickt." Wichtig war dann, dass man nicht zu weit nach | |
vorne gegangen ist. | |
War Ihr Torwartspiel da auch schon so offensiv? | |
Ich hab da auch schon abgerollt und weit abgeworfen. Wir wollten immer | |
schnell rausspielen. | |
Sie standen aber nicht nur im Tor? | |
In Gelsenkirchen habe ich auf dem Bolzplatz immer auf dem Feld gespielt. Da | |
hat sich natürlich keiner getraut, einen von Schalke 04 ins Tor zu stellen. | |
Ich wollte auch nicht, weil wir teilweise auf Beton gespielt haben. | |
Können Sie so gut Fußball spielen wegen dem Ascheplatz oder der Ausbildung | |
im Verein? | |
Das war schon auch die Ausbildung. In der Jugend haben wir vor jedem | |
Torwarttraining immer den Fuß geschult. Passspiel rechts links und dann | |
lange Bälle rechts links. Jeden Tag. Irgendwann konnte ich das im Schlaf. | |
Diese weiten und harten Abwürfe, bis zwanzig Meter hinter die Mittellinie, | |
wo haben Sie die gelernt? | |
Das kommt von den vielen Hallenturnieren, die wir mit Schalke hatten. Da | |
ging viel über weite Einwürfe. Das war mein Trick. In Göttingen habe ich | |
mit einem Abwurf sogar ein Tor gemacht. So ein Abwurf von mir vor allem | |
nach einer Ecke ist echt gefährlich für den Gegner. Ich hoffe, ich kann | |
gegen Serbien am Freitag so ein Ding an den Mann bringen. Schon in der | |
Jugend wusste jeder Feldspieler, dass er mich jederzeit anspielen kann. | |
Teilweise haben die mich richtig gesucht. | |
Und wie war das in Ihrer ersten Zeit auf Schalke? | |
Ich kam ja schon mit vier. Bei meinem ersten Hallenturnier in Herten habe | |
ich ein Gegentor reinbekommen und habe angefangen zu heulen. Mein Vater | |
stand hinterm Tor. Als der Ball weg war, hat er mich in die Mitte des Tores | |
gestellt und gesagt: "So musst du die Arme haben!" (Neuer hebt beide Arme; | |
d. Red.) So stand ich dann, mit vier Jahren. | |
17 Jun 2010 | |
## AUTOREN | |
Markus Völker | |
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