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# taz.de -- Angst bei Präsidentschaftswahl: Verwaiste Wahllokale in Burundi
> Eine neue Serie von Anschlägen und Boykottaufrufen der Opposition zeigen
> Wirkung: Kaum jemand will in der Hauptstadt Bujumbura wählen gehen.
Bild: Nur wenige der knapp neun Millionen Einwohner Burundis nehmen an der Wahl…
BUJUMBURA taz | Die Straßen der burundischen Hauptstadt wirken wie
ausgestorben. Es ist Wahl, aber nur wenige Menschen trotten zu den
Wahllokalen – zu groß ist die Angst, zu gering die Erwartung.
In der Nacht waren inner- und außerhalb Bujumburas wieder einmal vier
Granaten explodiert. Eine davon flog nur hundert Meter vom Hauptquartier
der EU-Wahlbeobachter entfernt in die Luft. Eine zweite zündete nicht. Sie
lag bei Sonnenaufgang noch auf dem Gehsteig neben dem Eisentor. Eine andere
Granate explodierte in einem Außenbezirk direkt vor einem Wahlbüro.
Damit steigt die Zahl der Granatanschläge, seit Burundis Opposition zum
Wahlboykott aufrief, offiziell auf über 60, Beobachter sprechen sogar von
bis zu 80. Mindestens 8 Tote und 64 Verletzte sind zu beklagen.
Vor der Grundschule im Armenviertel Kamenge warten nur wenige Menschen.
Zwei Stunden nach Öffnung der Wahllokals haben nur 75 von 634 registrierten
Wählern ihren Stimmzettel abgegeben. Zum Vergleich: Bei den Kommunalwahlen
im Mai standen die Menschen in Kamenge schon um fünf Uhr morgens in langen
Schlangen im Pausenhof - eine Stunde bevor die Wahllokale überhaupt
öffneten.
Jackson Nkeshimana wirft seine Umschläge in die Plastikurnen: einen
schwarzen in die schwarze Box, einen weißen in die weiße – in einer der
beiden ist sein Stimmzettel der Regierungspartei und früheren
Hutu-Rebellenbewegung CNDD-FDD (Nationalkomitee zur Verteidigung der
Demokratie/Kräfte zur Verteidigung der Demokratie). Die CNDD-FDD ist die
einzige Partei, die zu den Wahlen antritt: mit Staatspräsident Pierre
Nkurunziza als Kandidat. Nachdem Nkeshimana das Wahlbüro verlassen hat,
reibt er seinen tintenblauen Finger im Sand wieder sauber. Die Markierung
soll eigentlich verhindern, dass jemand mehrmals abstimmt. "Ich will doch
nicht mit einem blauen Finger frühstücken", zwinkert er.
"In unserem Viertel herrscht Panik", sagt Nkeshimana. "Wir hatten lange
Krieg hier, und die Leute haben Angst, dass der Krieg zurückkehrt." Kamenge
ist ein Hutu-Viertel, viele Leute unterstützen die größte Oppositionspartei
und Ex-Hutu-Miliz FNL (Nationale Befreiungsfront). Die FNL predigt den
Wahlboykott und soll für die Granatattacken verantwortlich sein.
Im Nachbarviertel Cibitoke ist die Wahlbeteiligung noch geringer. Vor der
Schule steht nur ein Dutzend Leute. Nur rund 40 Menschen haben drei Stunden
nach Wahlbeginn abgestimmt. Bei den Kommunalwahlen gewann hier die
Oppositionspartei MSD (Bewegung für Sicherheit und Demokratie) des
ehemaligen Journalisten Alexis Sinduhije. Auch er ruft zum Boykott auf.
Wer in den nächsten fünf Jahren Burundi regiert, steht also schon fest.
Aber laut Verfassung müssen mehr als 50 Prozent der Wähler für Präsident
Nkurunziza stimmen, sonst muss er im Juli in einem zweiten Wahlgang erneut
antreten – gegen sich selbst.
29 Jun 2010
## AUTOREN
Simone Schlindwein
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