# taz.de -- Vor der Pfändung geschützt: Schuldner dürfen Konto führen | |
> Ab 1. Juli müssen Banken betroffenen Girokonto-Inhabern ein | |
> Pfändungsschutzkonto anbieten. Das P-Konto hat automatisch einen | |
> Pfändungsfreibetrag von knapp 1.000 Euro. | |
Bild: Die Banken müssen ein vor Pfändungen geschütztes Konto anbieten. | |
BERLIN taz | Wie lebt ein Mensch in Deutschland ohne Konto? Ausgeschlossen | |
vom bargeldlosen Verkehr kann er oder sie weder die Miete bezahlen noch die | |
Vereinskosten überweisen. Monatlich kommt es in Deutschland zu etwa 350.000 | |
Kontopfändungen, wenn überschuldete Personen ihre Rechnungen nicht mehr | |
begleichen können. Etwa die Hälfte der Forderungen kommt von Behörden. | |
Diese Pfändungen belasten nicht nur die Betroffenen, deren Konto zunächst | |
komplett gesperrt wird, sondern stellen auch einen hohen Aufwand für | |
Gerichte und Banken dar. Die Banken müssen nämlich nach einer Pfändung | |
einen vom Gericht festgelegten Betrag auf dem Konto wieder freigeben, zum | |
Beispiel das Kindergeld. | |
Allein die Postbank bearbeitete 2008 etwa 1.300 Kontopfändungen pro Tag und | |
hatte dafür 170 MitarbeiterInnen abgestellt. Eine Kontopfändung kostet die | |
Bank zwischen 30 und 50 Euro. | |
Ab dem 1. Juli soll es für alle einfacher werden. Jede Bank ist dann | |
gesetzlich dazu verpflichtet, auf Antrag ein bestehendes Girokonto in ein | |
Pfändungsschutzkonto umzuwandeln, das sogenannte P-Konto. Auf diesem Konto | |
sind dann 985,15 Euro automatisch vor der Pfändung geschützt. | |
Woher das Geld kommt, ist egal. Das P-Konto kann weder gesperrt noch | |
gekündigt werden, sodass die Betroffenen auch nach einer Pfändung weiterhin | |
die Möglichkeit haben, kleine Beträge für Miete oder Strom zu überweisen. | |
Der Sockelfreibetrag wird nach Vorlage einer Bescheinigung von der Bank | |
erhöht, etwa wenn der Kontoinhaber Kindergeldleistungen bezieht. Eine | |
alleinerziehende Mutter mit einem Kind und einer Unterhaltsverpflichtung | |
kommt so zum Beispiel auf einen Pfändungsfreibetrag von 1.539,91 Euro. | |
Wenig begeistert reagieren einige Banken, wie zum Beispiel die Deutsche | |
Bank, die Sparkasse Ulm und die Saalesparkasse Halle. Sie verlangen 9 | |
beziehungsweise 10 Euro monatlich für die Führung eines P-Kontos, deutlich | |
mehr als für ein normales Girokonto. Die Postbank und die Commerzbank | |
verlangen hingegen keine höheren Gebühren. | |
"Unserer Bank entsteht ein zusätzlicher technischer und personeller | |
Aufwand", sagt Manfred Oster, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Ulm, der | |
taz. Die Gebührenfrage entscheidet aber jede der 431 Sparkassen | |
individuell. Die Pressesprecherin des Sparkassenverbands, Michaela Roth, | |
erklärt den Mehraufwand der Banken durch eine Überprüfung der offiziellen | |
Bescheide, mit denen die Erhöhung des Pfändungsfreibetrages beantragt wird. | |
Das sehen Verbraucherschützer anders: "Es besteht vonseiten der Banken | |
keine Kontrollpflicht der Bescheide", so Christina Beck vom | |
Bundesverbraucherverband. | |
"Erstaunlich ist, dass uns diese Forderungen vor allem von Sparkassen | |
bekannt sind, die doch einen öffentlichen Auftrag haben." Beck sieht durch | |
die P-Konten eher eine enorme Entlastung für die Banken, die den | |
Pfändungsfreibetrag künftig nicht mehr nachträglich manuell freischalten | |
müssten. | |
Auch Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) sagte gegenüber | |
der taz: "Nach Möglichkeit sollten die Banken ein P-Konto kostenfrei | |
anbieten oder wenigstens keine Aufschläge zur normalen Gebühr verlangen." | |
Aber auch die Commerzbank, die keine höheren Gebühren verlangt, sieht | |
"wegen der Komplexität der Kontoführung" einen erhöhten personellen | |
Aufwand. | |
Der Insolvenzrechtler Georg Bitter fordert deshalb eine Übernahme der | |
Pfändungskosten durch die Schuldner, um die Banken nicht zu belasten: "Es | |
wird sonst in Zukunft noch mehr arme Leute ohne Konto geben, weil die | |
Banken die kostenaufwändigen Konten nicht führen wollen." | |
Ein großes Problem löst das P-Konto, das einen Schufa-Eintrag zur Folge | |
hat, aber nicht: Banken sind nicht verpflichtet, ein Konto neu | |
einzurichten; sie müssen nur ein bestehendes Girokonto umwandeln. So | |
bleiben weiterhin mehr als 100.000 Menschen in Deutschland ohne Konto. | |
28 Jun 2010 | |
## AUTOREN | |
Ines Burckhardt | |
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