# taz.de -- Korruption in Südafrika: Polizeichef schuldig gesprochen | |
> Südafrikas früherer Polizeichef ist wegen Korruption schuldig gesprochen. | |
> Die Skandale machen während der WM keine Pause. Als Nächstes: illegaler | |
> Ticketkauf mit Staatsgeldern | |
Bild: Hängende Schultern: Ex-Polizeichef Jackie Selebi im Gerichtssaal. | |
JOHANNESBURG taz | Korruptionsskandale machen in Südafrika auch nicht vor | |
der WM halt. Inmitten des Fußballfiebers erhielt der ehemalige Top-Cop des | |
Landes gestern einen Schock: Das Oberste Gericht bestätigte Jackie Selebis | |
korrupte Machenschaften während seiner Amtszeit und sprach ihn schuldig. | |
Als der Prozess gegen Selebi vor neun Monaten begann, war der frühere | |
Polizeichef noch arrogant und abweisend. Gestern saß er mit hängenden | |
Schultern im Gericht in Johannesburgs Innenstadt, während seine Anwälte mit | |
Richter Meyer-Joffe um seine Freiheit auf Kaution bis zum Urteilsspruch am | |
14. Juli kämpften. Mit Erfolg: Erst nach Ende der WM droht dann Selebi eine | |
Mindeststrafe von 15 Jahren Haft. | |
Der erste schwarze Polizeichef Südafrikas hatte keine Polizei-Erfahrung, | |
als er im Jahr 2000 sein Amt antrat. Acht Jahre später legte er nach der | |
Anklage wegen Korruption sein Amt sowie das des Interpol-Präsidenten | |
nieder. Selebi sei eine Person niederer Moral, befand jetzt Richter | |
Meyer-Joffe. Selebi nahm Schmiergelder in Höhe von 1,2 Millionen Rand von | |
dubiosen Charakteren an. Die Hauptfigur war Glenn Agliotti, ein | |
verurteilter Drogenbaron und jetzt Kronzeuge gegen Selebi. | |
Selebi und Agliotti gingen zusammen einkaufen, Agliotti zahlte für teure | |
Geschenke, und dafür drückte Selebi gern ein Auge zu, wenn es um | |
Drogengeschäfte ging. Und er fütterte den Dealer Agliotti, der zudem noch | |
wegen Verwicklungen in dem Mord an Berbaumagnat Brett Kebble beschuldigt | |
wird, mit geheimen Informationen. | |
"Das ist ein schockierendes Ergebnis", meint Rechtsexperte Professor Pierre | |
de Vos. "Es wirft die Frage nach der Glaubwürdigkeit der südafrikanischen | |
Polizei auf." Selebi, ein enger Vertrauter des früheren Präsidenten Thabo | |
Mbeki und Feind des derzeitigen Präsidenten Jakob Zuma, habe sicherlich | |
Leute eingestellt, um ihn zu schützen. | |
Mit Selebi wird erstmals seit Ende der Apartheid ein hochrangiger | |
Amtsträger verurteilt. Aber Südafrikas Korruptionsmisere geht tief, viele | |
Fälle enden gar nicht erst vor Gericht oder werden lange verzögert. So | |
beginnt nun am 26. Juli der Prozess wegen Mordes an dem hochverschuldeten | |
Brett Kebble, der schon vor fünf Jahren mit sieben Kugeln in einem | |
Johannesburger Wohnviertel hingerichtet wurde. In der Nacht waren Agliotti | |
und Selebi per Handy in Kontakt. | |
Eine weitere Affäre, die nach Ende der WM erneut in die Schlagzeilen kommen | |
dürfte, ist die um den radikalen ANC-Jugendliga-Präsidenten Julius Malema. | |
Ein Untersuchungsbericht über Malemas mögliche Betrugsgeschäfte mit | |
staatlichen Ausschreibungen in Millionenhöhe wird bis Monatsende erwartet. | |
Ursprünglich sollte der Bericht Ende Juni vorgelegt werden, doch das wurde | |
verschoben. Malema weist jede Verwicklung in krumme Geschäfte zurück. | |
Der unrechtmäßige Umgang mit öffentlichen Geldern reizt nicht nur einzelne | |
Politiker, sondern auch Staatsbetriebe und Ministerien. Gerade die | |
Fußball-WM war dafür so verlockend, dass Gewerkschaften die Rückzahlung von | |
rund 11 Millionen Rand öffentlicher Gelder (über 1 Million Euro) fordern, | |
die angeblich für WM-Tickets ausgegeben worden sind, trotz eines Verbots | |
der Regierung, dafür Staatsgelder auszugeben. | |
Allein das Ministerium für Handel und Industrie gab für WM-Karten 4,7 | |
Millionen Rand aus. Die "National Health and Allied Workers Union (Nehawu)" | |
ist sauer: "Wir finden es total unzumutbar, dass unsere Townships brennen, | |
weil sie schlecht bewirtschaftet werden, und täglich Millionen hungern, | |
während überbezahlte Staatsbürokraten dem Steuerzahler Geld stehlen, um | |
Fußballspiele zu sehen." | |
2 Jul 2010 | |
## AUTOREN | |
Martina Schwikowski | |
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