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# taz.de -- Treffen zu Protestperspektiven: Internationale Ernüchterung
> In Istanbul betrachten 5.000 Menschen die Weltwirtschaftskrise und den
> Sozialabbau von unten. Doch die Mobilisierung wird schwieriger, die
> Teilnehmerzahlen sinken.
Bild: Weltweite werden die Gürtel enger geschnallt: Eine Protesaktion von Atta…
ISTANBUL taz | Mit kämpferischen Reden, aber auch mit einiger Ernüchterung
ist gestern das sechste Europäische Sozialforum (ESF) in Istanbul zu Ende
gegangen. Seit Donnerstag hatten rund 5.000 Menschen aus 39 Ländern über
die Weltwirtschaftskrise und europaweiten Sozialabbau beraten. Im
Mittelpunkt vieler Debatten stand die Frage nach grenzübergreifenden
Protesten gegen die drastischen Sparprogramme vieler europäischer
Regierungen. Hugo Braun vom globalisierungskritischen Netzwerk Attac
charakterisierte das Forum denn auch als "Ausdruck des großen Wunsches nach
einem gemeinsamem europäischen Widerstand und konkreten Aktionen".
Viele Hoffnungen ruhen dabei auf dem 29. September, für den zahlreiche
Gewerkschaften zu europaweiten Protesten aufgerufen haben. In seiner
Abschlusserklärung schließt sich das Sozialforum diesem Aufruf an. Daniel
van Daele vom belgischen Gewerkschaftsbund FGTB forderte, in Europa eine
gemeinsame Antwort auf die Krise zu finden: "Das bedeutet, dass wir eine
gemeinsame Finanzregulierung, gemeinsame Sozialstandards und gemeinsame
Protestperspektiven der europäischen Gewerkschaften und sozialen Bewegungen
brauchen."
Doch es gab auch viele kritische Stimmen. Gewerkschafter Dierk Hirschel von
Ver.di etwa dämpfte die Erwartungen: "Solange die Gewerkschaften in ihren
Ländern nur mit eigenen Abwehrkämpfen beschäftigt sind, wird es auch keine
europäische Gewerkschaftsbewegung geben."
Auch das Sozialforum selbst ist mit zahlreichen Problemen konfrontiert -
etwa rückläufigen Teilnehmerzahlen. So waren zum ersten ESF 2002 in Florenz
rund 40.000 Menschen angereist. 2008 in Malmö kamen noch 6.000 zusammen,
1.000 mehr als jetzt in Istanbul. Erwartet worden waren 15.000.
Die OrganisatorInnen des Istanbuler Forums zogen eine selbstkritische
Bilanz. Mitorganisatorin Basak Sahin gibt "große organisatorische Probleme"
zu. "Wir stellen aber auch fest, dass das Interesse der europäischen
Organisationen am Sozialforum nachlässt. Zu häufig sind die Gräben in der
Linken leider noch größer als die Brücken", fügte sie hinzu. Und Carla
Luis, Aktivistin der europäischen Plattform Transform!, klagte: "Es ist ein
Paradox: Wir sehen mehr und mehr soziale Probleme in Europa, aber es wird
keineswegs einfacher, die Menschen zu mobilisieren."
Von der Hoffnung, dass aus der Sozialforenbewegung ein sozialer
Systemwechsel entstehen könnte, habe man sich bereits verabschiedet, so
Jessica Heyser von der Jugend des Deutschen Gewerkschaftsbundes: "Mit
diesen Erwartungen können wir das Forum heute nicht mehr überlasten."
4 Jul 2010
## AUTOREN
Martin Kaul
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