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# taz.de -- CDU in Nordrhein-Westfalen: Arbeiter gegen Akademiker
> Bei der Wahl des neuen CDU-Fraktionsvorsitzenden in NRW geht es um die
> künftige Ausrichtung der Partei: Schwarz-Grün oder Arbeiterpartei à la
> Jürgen Rüttgers?
Bild: Ungleiche Kontrahenten: Karl-Josef Laumann (links) und Armin Laschet buhl…
Er ist inzwischen der Einzige. Bis er im Alter von dreißig Jahren in den
Bundestag einzog, arbeitete Karl-Josef Laumann als Maschinenschlosser. Die
Lehre begann er gleich nach dem Hauptschulabschluss. Ohne Abitur, ohne
Studium, direkt aus dem wirklichen Leben in die Politik: Das ist selten
geworden unter all den Juristen in Parlamenten und Regierungen, unter die
sich noch ein paar Politologen oder Betriebswirte mischen, gelegentlich
auch mal eine Physikerin.
Vielleicht zeigt der scheidende nordrhein-westfälische Arbeitsminister, der
sich an diesem Dienstag um den Fraktionsvorsitz im Landtag bemüht, auf dem
Berliner Parkett auch deshalb eine gewisse Scheu. Nicht nur, dass Laumann
mit der taz nicht redet. Auch sonst ist er in den Medien wenig präsent,
obwohl er als Bundesvorsitzender der Christlich-Demokratischen
Arbeitnehmerschaft (CDA) durchaus eine bundespolitische Funktion ausfüllt.
Auf hauptstädtischen Terminen bleibt er, wenn er überhaupt kommt, stets am
Rande.
Ganz anders ist das bei seinem Gegenkandidaten Armin Laschet. Vom damals
frisch gewählten Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers 2005 in ein Ressort
mit einem umständlichen Bindestrich-Titel berufen, verstand er sich als
bundesweit erster "Minister für Integration" bestens zu inszenieren. Da
mochte die Bundesregierung Integrationsgipfel und Islamkonferenz einberufen
- als der Mann, der die CDU bei dem Zukunftsthema diskursfähig machte, galt
vor allem Laschet.
Auch politisch stehen die beiden Kontrahenten für zwei sehr gegensätzliche
Konzepte. Laschet ist wie fast alle, die in der nordrhein-westfälischen CDU
nach Rüttgers eine Rolle spielen, ein Schwarz-Grüner. Er ist es sogar mehr
noch als manche der anderen, die sich in den Neunzigern mit Junggrünen bei
einem Bonner Italiener trafen. Als Fachmann für Integration, als im grünen
Milieu bestens Vernetzter, als Protektor des schwarz-grünen Bündnisses in
seiner Heimatstaat Aachen. Für ein Bündnis mit Laschet müssten sich die
Grünen jedenfalls nicht verbiegen, sollte es bei Neuwahlen nicht für
Rot-Grün reichen.
Bei Laumann ist das anders. Der Westfale vertritt das bodenständige,
ländliche Milieu, das sich mit grünen Themen eher schwertut. Er ist
geradezu der wandelnde Beleg für die These, dass Bündnisse mit der Partei
der akademischen Elite für die Volkspartei CDU durchaus ein Risiko bergen,
ein größeres jedenfalls als für die Grünen. Andererseits ist die
großkoalitionäre Option, für die Laumann allenfalls stünde, angesichts
einer unwilligen SPD keine wirkliche Perspektive. Zudem gilt der Versuch,
die nordrhein-westfälische CDU als die bessere Arbeiterpartei zu
inszenieren, vielen nach Rüttgers Scheitern als missglückt.
Die Wahl des Fraktionsvorsitzenden an diesem Dienstag ist ohnehin nur der
erste Schritt. Auf dem CDU-Parteitag im November wird entschieden, wer
Rüttgers als Bundesvize nachfolgt - was dann wiederum als Vorentscheidung
für den Landesvorsitz gilt, der formal erst im nächsten Frühjahr bestimmt
wird. Hier deutet vieles auf einen Wettstreit zwischen Bundesumweltminister
Norbert Röttgen und NRW-Generalsekretär Andreas Krautscheid. Röttgen
arbeitet schon länger darauf hin, sich eine eigene Basis in der Partei zu
verschaffen. Der fehlende Rückhalt in der CDU machte sich zuletzt im
Atomstreit schmerzhaft bemerkbar.
In der Bundespartei ist die Neuordnung des nordrhein-westfälischen
Landesverbands ein dominierendes Gesprächsthema. Neben den Genannten kommt
Kanzleramtschef Ronald Pofalla von dort, CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe
ebenfalls. Auch der Vorsitzende der Landesgruppe im Bundestag, Peter
Hintze, verfügt über großen Einfluss. Die Zeit, in der sie im Kampf gegen
Rüttgers oft an einem Strang zogen, neigt sich in Ermangelung des Gegners
nun dem Ende zu.
5 Jul 2010
## AUTOREN
Ralph Bollmann
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