# taz.de -- Gerangel um Team-Führung: Lahm probt den Aufstand | |
> Philipp Lahm will Kapitän werden und hat seinen Anspruch geäußert. Sein | |
> Vorgänger Ballack dagegen scheint beschädigt und wird schon behandelt wie | |
> ein Ehemaliger. | |
Bild: Kräftemessen bei der Weltmeisterschaft: Wer wird Kapitän? | |
BERLIN taz | Er kann sich doch nicht ernsthaft erhofft haben, dass er | |
bleibt, was er bis zu seiner Verletzung in Diensten des FC Chelsea gewesen | |
ist: Kapitän der deutschen Nationalmannschaft. Ein Titel, der ihm wichtig | |
war - deutete er seine Führungsansprüche an, wies er doch hin auf die | |
Sehnsucht mancher Deutscher nach Leitfiguren. | |
Michael Ballack hat diesen Kampf verloren; er, der die Kunst der Moderation | |
nie lernte und insofern ein perfekter deutscher Kapitän alter Schule war, | |
musste, verletzt, also unfähig zum direkten Konflikt um den Posten, | |
zusehen, wie seine (wohl: für ihn ehemaligen Mannschaftskollegen) sich in | |
einen Turnierrausch spielten. | |
Und jetzt sagte Philipp Lahm, Ballacks Nachfolger als Kapitän, er wolle | |
diese Ehrenposition, diesen Status als Leitender Angestellter, als erster | |
Ansprechpartner für den Trainer nicht wieder hergeben. Lahm probte den | |
Aufstand gegen Ballack, und kein Löw, kein Hans-Dieter Flick nahm den | |
Angegriffenen in Schutz. | |
Mehr noch: Ballack flog ja nicht nur nach Sizilien ins Trainingslager des | |
DFB, sondern auch nach Südafrika, um seine Kollegen, wie es hieß, zu | |
unterstützen. Er wirkte, Fernsehbilder belegen dies auf fast tragische | |
Weise, dort wie ein Pensionär, der noch seine alten Kollegen besucht, die | |
für ihn, auch in emotionaler Hinsicht, keine rechte Verwendung mehr haben. | |
Man grüßt den Rentner noch, geht er durch die Kantine, lässt er sich zum | |
Schwatz an die ihm ja nur zu bekannten Schreibtische nieder - und Ballack | |
lief im DFB-Quartier umher wie ein solcher, etwas wirr, bestimmt | |
erschüttert ob der Umstände, die ihn als Matchmaker plötzlich aus dem | |
wahren, also tätigen, noch nicht pensionären Lebens gespült haben. | |
Ballack, der dem Vernehmen nach eigentlich plante, bis zum Wochenende in | |
Südafrika im Kreise der Mannschaft zu bleiben, ist wieder nach Europa | |
abgereist. Diplomatisch gab die DFB-Medizinabteilung zu verstehen, die | |
Rekonvaleszenz des Mannes sei so gut fortgeschritten, dass eine weitere | |
Genesung nur in der Heimat in Frage komme. Das darf man ein Lob im | |
Angesicht der Schmach der Abhalfterung nennen; Ballack - allein auf der | |
Heimreise. | |
Ob Lahm tatsächlich Kapitän bleibt, wie er wünscht, ja, ob Teammanager | |
Oliver Bierhoffs Rüge wider die Ansprüche des quirligen Rechtsverteidigers | |
nicht auch nur eine Floskel war: Ballack ist und bleibt objektiv | |
beschädigt, denn er ist nicht ein Teil des Fußballs, den die Deutschen | |
zelebrieren. | |
6 Jul 2010 | |
## AUTOREN | |
Jan Feddersen | |
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