# taz.de -- Freilassung von Regisseur Polanski: Ein irrationales Tauziehen | |
> Schweizer und US-Medien beurteilen die Freilassung des Regisseurs | |
> Polanski unterschiedlich. Die Reaktionen zeigen die Schwierigkeit, | |
> Künstler und Werk getrennt zu betrachten. | |
Bild: "Autobiografisches Echo" in seine Filme hineinlesen: Roman Polanski. | |
In die Debatte um die Verhaftung des polnisch-französischen Filmemachers | |
Roman Polanski im vergangenen September in Zürich mischte sich von Anfang | |
an ein zutiefst irrationales Moment. Es war ein wenig so, als wollten seine | |
Fürsprecher aus Kultur und Politik nicht nur Polanski, sondern gleich auch | |
noch sein Werk vom Vorwurf der Vergewaltigung einer Minderjährigen | |
reinwaschen. Als habe die Frage, ob Polanski schuldig sei oder nicht, | |
tatsächlich konkrete Auswirkungen auf den künstlerischen Wert seines | |
filmischen Schaffens. | |
So wenig es denjenigen, die sich vor einem Dreivierteljahr so vehement | |
gegen Polanskis Auslieferung an die US-Justizbehörden stellten, um die | |
Frage ging, ob der Regisseur im Jahr 1977 die damals dreizehnjährige | |
Samantha Geimer auf Jack Nicholsons Anwesen in den Hollywood Hills | |
tatsächlich vergewaltigt hat, so wenig scheint es jetzt nach seiner | |
Freilassung den Schweizer Behörden um Fragen nach Recht und Gerechtigkeit | |
zu gehen. | |
Die Freilassung Polanskis, der seit Dezember mit einer elektronischen | |
Fußfessel in seinem Chalet im Ferienort Gstaad unter Hausarrest stand, sei, | |
das jedenfalls sagt die Schweizer Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf, | |
unter anderem aufgrund der Weigerung der US-Justiz erfolgt, der Schweizer | |
Justiz das Protokoll einer Befragung des damals im Fall Polanski | |
ermittelnden Staatsanwalt Roger Gunson zu übermitteln. | |
Wie nicht anders zu erwarten, beurteilen Schweizer und US-Medien die | |
Freilassung Polanskis relativ unterschiedlich. Während sich die NZZ über | |
das diplomatische Ungemach der Affäre echauffiert, spricht das Time | |
Magazine auf seiner Website von einem "Schock". Die Los Angeles Times | |
konstatiert, ein zweites Mal habe "legaler Unsinn" Polanski vor der | |
gerechten Strafe bewahrt. Besonders hart geht die Washington Post mit | |
Polanski ins Gericht: Kommentator Eugene Robinson vergleicht den Regisseur | |
gar mit einer Ratte und rät zu einem Boykott seiner Filme. | |
Das ist albern, zeigt aber, wie schwierig es ist, einen Künstler von seinem | |
Werk zu trennen - gerade eben im Fall Polanski, dessen Biografie, wie der | |
Filmkritiker Denis Lim in der New York Times hervorhebt, wie kaum eine | |
andere durchzogen ist von persönlichem Leid und menschlicher Tragik. Die | |
Person Polanski, so Lim, sei von jeher derart präsent in der | |
Öffentlichkeit, dass sie geradezu dazu einlade, ihr "autobiografisches | |
Echo" in seine Filme hineinzulesen. | |
15 Jul 2010 | |
## AUTOREN | |
Andreas Resch | |
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