# taz.de -- Kolumne Fernsehen: In der Vertreterfalle | |
> im Moment bin ich schwer beschäftigt, schreibe die Jörges-Kolumne im | |
> "Stern" und die vom dicken Markwort im "Focus" | |
Guten Tag, meine Damen und Herren, liebe Kinder! | |
Na, merken Sie was? So wie Sie gucken eher nicht. Umso besser! Davon lebe | |
ich nämlich, dass nie jemand was merkt. Ganz gut sogar. Aber auf Dauer ist | |
mein Job trotzdem ziemlich unbefriedigend, weil er nie von Dauer ist. Ich | |
bin hier nämlich nur die Vertretung, der Denk ist im Urlaub, wie eigentlich | |
alle im Moment. Ich kann immer nur verreisen, wenn sonst garantiert keiner | |
will: Korsika im November - kann ich nur empfehlen! | |
Im Moment bin ich schwer beschäftigt, Sommerzeit, Vertretungszeit, schreibe | |
die Jörges-Kolumne im Stern und die vom dicken Markwort im Focus. Da | |
staunen Sie, was? Wenn Sie jetzt sagen würden, dass mein Job nicht gerade | |
vergnügungssteuerpflichtig ist, könnte ich kaum widersprechen. Aber ich | |
selbst sollte mich mit solchen Aussagen zurückhalten. Sonst bin ich raus, | |
die nächsten abgebrochenen Journalistikstudenten warten schon. | |
So gesehen ist das, was ich hier gerade tue, beruflicher Selbstmord, aber | |
ich kann einfach nicht länger schweigen: Die Zeit ist reif für einen | |
Aufstand der Randständigen! Steffen Seibert hat mir Mut gemacht. Auch er | |
saß beim ZDF in der Vertreterfalle. Ins "heute journal"-Studio durfte er | |
immer nur, wenn Claus Kleber und Marietta Slomka nicht konnten. Glauben Sie | |
mir: Ich weiß, wie es sich anfühlt, immer nur der Zweite zu sein. Auch alle | |
Hoffnungen in den neuen Chefredakteur haben sich nicht erfüllt. Die schönen | |
Posten hat Peter Frey anderen gegeben. | |
Seibert hätte warten können, bis Claus Kleber keine Lust mehr hat. Hat er | |
aber nicht. Und dafür, dass er sich einen neuen Job gesucht, sich aus der | |
Vertreterfalle befreit hat, gebührt ihm der Respekt aller Vertretungen da | |
draußen. Zum Zeichen meines Danks möchte ich mir ein Beispiel an ihm nehmen | |
und mir auch endlich was Neues suchen. So geht das nämlich echt nicht | |
weiter. Okay, in der Politik muss der Job jetzt nicht unbedingt sein, da | |
schreib ich lieber weiter Quatschkolumnen, aber ansonsten bin ich so | |
ziemlich für alles offen. | |
Wenn es eins gibt, was ich in meiner Zeit als Vertretung gelernt habe, dann | |
das! Wählerisch zu sein kann man sich in meiner Position nicht leisten. | |
Oder glauben Sie etwa, dass es Spaß macht, sich in die Hirnwindungen von | |
Helmut Markwort reinzudenken?! Mittlerweile habe ich ihn so gut verstanden, | |
dass mich manchmal sogar Frau Riekel anruft und wissen will, was denn da | |
schon wieder in ihren Mann gefahren ist. Ich lege immer gleich auf. Das | |
muss ich mir nun wirklich nicht auch noch antun. | |
Der einzige Stellvertreter, den ich um seinen Job beneide, ist der Papst. | |
Der kann sogar negativ auffallen, ohne dass das Konsequenzen für ihn hätte. | |
Er ist unkündbar, ich bin nur freier Mitarbeiter. Den Mann, den er | |
vertritt, sieht man nie - sodass ich so meine Zweifel daran habe, dass es | |
den überhaupt gibt. Umso mehr wundert es mich, wie häufig sich der Vize auf | |
seinen Chef beruft und wie verzagt er handelt - fast so, als hätte er Angst | |
davor, dass der ihm seine Entscheidungen eines fernen Tages um die Ohren | |
hauen wird. | |
So, das war's. Hier trennen sich unsere Wege. Keine falschen | |
Sentimentalitäten. Sie werden mich schon nicht vermissen. | |
16 Jul 2010 | |
## AUTOREN | |
David Denk | |
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