# taz.de -- Pro-Deutschland in Berlin: Die rechten Bettler | |
> Der Parteitag von Pro Deutschland in Berlin war eine kleine Veranstaltung | |
> mit großem Spendenaufruf. Nur die Gäste wetterten gegen den | |
> "Zuwanderungs-Tsunami". | |
Bild: Protest vor dem Schöneberger Rathaus in Berlin. | |
BERLIN taz | Warten. Warten auf dem Pro-Deutschland Vorsitzenden Manfred | |
Rouhs, der im Saal ständig telefonieren musste; Warten auf den | |
Pro-Berlin-Chef Gary Beuth, der sich im Foyer verquasselte; Warten auf die | |
Pro-Mitglieder, die auf den Straßen festsaßen. Viel Geduld mussten die | |
Gäste des Parteitags von Pro-Deutschland am Samstag aufbringen. "Staus und | |
Proteste", entschuldigte Rouhs im Rathaus Schöneberg. Großes Verständnis | |
zeigten sogleich die Anhänger. Hier im Rathaus fühlten sie sich auch wieder | |
als berufene Schicksalsgemeinschaft im Kampf gegen dem | |
"Zuwanderungs-Tsunami" und der "Islamisierung". | |
Durch die Fenster des Schöneberger Rathauses war der Protest draußen | |
hörbar, wenngleich nur rund 1.000 statt der erhofften 6.000 Menschen kamen, | |
um gegen den Parteitag zu demonstrieren. Musik von lokalen Bands, | |
„Nazis-raus“-Rufe und zahlreiche Redebeiträge schallten über den | |
John-F.-Kennedy-Platz, zwischen den Ständen des zeitgleich stattfindenden | |
Trödelmarkts wehten Flaggen von Parteien, Gewerkschaften und der | |
Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes. | |
Auf der Rednerbühne erklärte die grüne Landespolitikerin Clara Herrmann den | |
Anlass der Proteste gegen Pro Deutschland: „Diese selbst ernannte | |
Bürgerbewegung besteht aus Demagogen und Rassisten, teilweise in | |
Nadelstreifen, die von sonst woher nach Berlin gekarrt werden. Berlin aber | |
bleibt offen und tolerant, diese Stadt lebt von ihrer Vielfalt.“ Dazu | |
hatten sich zahlreiche Menschen am frühen Nachmittag auf eine Nebenstraße | |
gesetzt, als sich auf dieser die erste Gruppe von | |
Pro-Deutschland-Funktionären dem Rathaus näherte. | |
Trotz der unvermittelten Härte, mit der die Polizei den Rechtspopulisten | |
den Weg frei zu räumen versuchte, misslang dies zunächst – die | |
Pro-Deutschland-Entourage wurde mit einem Polizeifahrzeug zum Haupteingang | |
geschleust. Immer wieder folgten Kleingruppen. Ihren Weg zum Parteitag | |
begleiteten Pfiffe und Buhrufe der bunten Menge aus BerlinerInnen hinter | |
Absperrgittern und Polizeiketten. | |
"Schlimm, dieser von den Mulitikultiideologen verführte Mob", schimpfte | |
eine der wenigen Frauen unter den Pro-Deutschland-AnhängerInnen. "Rotes | |
Gesocks", ergänzte ein Mann, "die nennen uns Nazis". Ein Bus mit | |
Mitgliedern aus Köln, lange von Rouhs angekündigt war doch noch gekommen. | |
Neun Personen mehr, so dass am Nachmittag an die 80 Anhänger und | |
Interessierte im Versammlungssaal der Bezirksabgeordneten. 200 hatte Rouhs, | |
der 2005 Pro-Deutschland gründete, angekündigt. | |
Auf den Plätzen saßen vor allem Männer über 40 Jahre, die auch den ganzen | |
Tag über den Ton angaben. Brav und bieder herausgeputzt. Bundesweit will | |
die "Bürgerbewegung" 350 Mitglieder haben, in Berlin 150. "In den letzten | |
Monaten sind viele in Berlin eingetreten" sagt Rouhs der taz. | |
Einer davon saß neben den internationalen Gästen vorne auf dem Podium: | |
Patrick Brinkmann. "Ja, ich bin noch Mitglied" versicherte er und räumte | |
ein: "Ich streben keine Funktion an". Erneut stellte Rouhs Brinkmanns große | |
finanzielle Unterstützung heraus. Eine ausstehende Forderung von 25.000 | |
Euro des schwedischen Millionärs an einem Dritten, soll er überschrieben | |
haben. Applaus kam in den schmucklosen Saal auf. Aus Protest waren alle | |
Fahnen von den Holzwänden entfernt wurden. | |
Recht verloren wirken da das Stellschild "Pro Deutschland" und die vier | |
mitgebrachten Deutschland-Fahnen. Glaubt man dem Schatzmeister Tilmann | |
Reichelt, dann dürfte diese Spende den bisherigen Etat weit überschreiten. | |
2007, berichtet Reichelt, haben sie 13.000 Euro eingenommen, wovon 37 | |
Prozent Mitgliedsbeiträge und 61 Prozent Spenden waren. Im ersten Halbjahr | |
2010 hätten sie allerdings schon 12.000 Euro Einnahmen verbuchen können – | |
besonders durch Spenden. | |
Wenn Berlin, wenn Europa vor der Islamisierung gerettet werden soll, | |
erklärte Rouhs den Gästen, dann bräuchte sie nicht nur jedes Engagement auf | |
der Straße, sondern auch jede noch so kleine Finanzspende. "5 oder 20 Euro, | |
spenden sie", bat er. Ein Appell, den er wiederholte. Vielleicht auch, weil | |
Brinkmann schon der NPD und der DVU und der Pro-NRW große Geldspenden | |
versprach. Zusagen, die nicht ganz so eingehalten wurden, heißt es offen | |
aus der DVU. Kritische Nachfragen stellten die Anhänger aber nicht. | |
Überhaupt, hier auf diesem Parteitag diskutierten die Mitglieder nicht. | |
Schnell war so auch beschlossen, den Bundessitz von Köln nach Berlin zu | |
verlegen und nun auch Bezirks- und Ortsverbände zuzulassen. Stimmung | |
brachten alleine die internationalen Gäste, Jacques Cordonnier von "Alsace | |
d'abaord", Bart Debie und Filip Dewinter von "Vlaams Belang". | |
Die "massenweise Einwanderung", verkündete Cordonnier, würde die Völker | |
Europas zerstören. "Der Islam vernichtet unsere europäische Kultur" sagte | |
er unter Applaus. Debie wetterte: "Nicht alle Ausländer sind Verbrecher, | |
aber viele Verbrecher sind Ausländer". | |
"Salam Aleikum" begrüßte Dewinter die Gäste und erklärte "diese Anspielung | |
auf dem Islam, kann auch als Warnung verstanden werden". "Wenn man ihn | |
einen Rassisten und Xenophoben nennen würde" führte er aus, stimme es wenn | |
gemeint sei gegen den "Zuwanderungs-Tsunami" zu seien. "Wenn man ihn einen | |
Antiislamisten nennen würde" stimme es auch, denn der "Koran ist the | |
licence to kill". Lassen sie sich von den Multikultiideologen nichts von | |
einem moderaten Islam einreden, warnte er, der "Islam ist eine | |
imperialistische Angriffsreligion". Das gefiel, das kam an. Selbstgerecht | |
und selbstgefällig hatten die Anhänger schon mit dem Kopf bei der Rede | |
genickt, nun folgte großer Applaus. | |
War der Parteitag, der schwungvolle Auftakt für die Bürgerschaftswahl 2011? | |
Erst Berlin, dann Hamburg, "für die Bewahrung Europas" versprach Rouhs | |
zuvor. "Es wird nicht einfach" sagte er nun. Draußen vor dem Rathaus | |
pflichtete ihm der Sprecher des Gegen-Bündnisses, Dirk Stegemann, bei: „Das | |
war heute erst der Startpunkt des Widerstandes gegen den Einzug einer | |
rassistischen Organisation in die Parlamente.“ | |
18 Jul 2010 | |
## AUTOREN | |
A. Speit | |
S. Puschner | |
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