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# taz.de -- MInigolf: Pedanten auf Eternit
> In Osnabrück trafen die besten Minigolfer der Republik zur Deutschen
> Meisterschaft aufeinander - eine Ansammlung von detailverliebten
> Einzelgängern. Nach drei Turnier-Tagen stehen am Ende die Mainzer ganz
> oben.
Bild: Sport für Einzelgänger: Minigolf.
Sie hat die Hände in die Hüften gestemmt und beäugt die Anlage des Vereins
für Bahnengolf Osnabrück. Die Sonne scheint und Nicole Warnecke schlendert
von Loch 13 zu 14. So sieht also der Sonderurlaub einer Braunschweiger
Finanzbeamtin aus. Warnecke ist freigestellt - für die Deutsche Minigolf
Meisterschaft. Sie hat ein großes Ziel: die Titelverteidigung.
Die Woche ist noch jung. Warnecke und ihre Lebensgefährtin haben eine
Ferienwohnung in Osnabrück gemietet. Die besten Minigolfer der Republik
reisen an. Sie haben drei Tage, um die Anlage mit ihren 18 Eternit- und 18
Betonbahnen zu erkunden. Dann, ab Donnerstag, wird es ernst: Zwei Tage
Vorrundenspiele, ehe am Samstag die Meister im Ausscheidungsmodus
ausgespielt werden. Nicole Warnecke, 41 Jahre alt, mit raspelkurzen,
blonden Haaren, ist entspannt. Die Turniertage werden eine andere Warnecke
zeigen: Hoch konzentriert, mit harten Gesichtszügen. Und mit Jubelschreien,
bei denen die Anspannung vorübergehend aus ihrem Körper zischt.
Minigolf ist eine Randsportart. Zwar gibt es ein Verbandswesen mit gut
10.000 Spielern. Doch großzügige Sponsoren und großes Publikum sind eine
Seltenheit. Sie alle hier bei den Deutschen Meisterschaften - 66 Männer und
19 Frauen - zahlen drauf. Und sie opfern viel Zeit. Warnecke lebt in
Braunschweig, spielt in der Bundesliga aber für den MC "Möve" Cuxhaven. Die
Saisonspiele finden in der gesamten Republik statt. "Wir Minigolfer haben
alle einen kleinen Stich", sagt sie. Minigolfer lieben Feinheiten. Auf dem
Platz und auch oft daneben. Sie sind zahlenverliebt, führen aufwändige
Statistiken. Während des Turniers wird der Sportwart des Veranstalters VfB
Osnabrück im Abstellraum des Clubhauses sitzen und Ergebnisse tickern.
"Minigolfer sind akribisch, mit großer Liebe zum Detail. Charakterlich eher
Einzelgänger, die sich aber zu Mannschaften zusammenfinden", sagt Gerhard
Zimmermann. Der 54-Jährige ist Präsident des Deutschen Minigolfsport
Verbandes. Der Mann mit dem Rauschebart war mal eine große Nummer auf der
Bahn: Bis 1982 hatte er alle nationalen und internationalen Titel gewonnen.
Dann machte er seinen Doktor und verpasste Kadermaßnahmen der
Nationalmannschaft. "Ich habe dann aufgehört. Entweder hundert Prozent oder
gar nicht", sagt er.
Zimmermann hat seitdem kein Turnier mehr gespielt. Aber er hat
Verbandskarriere gemacht. Zimmermann hatte außergewöhnliche Aufgaben: Als
die Griechen 1994 eine Europameisterschaft ausrichteten, holten sie ihn als
Nationaltrainer. Und erreichten mit ihm einen beachtlichen sechsten Platz.
Es ist Samstag. Die Playoffs laufen. Die Spieler tragen Shirts ihrer
Vereine mit angesteckten Teilnehmernummern. Nicole Warnecke ist bei den
Damen an Eins gesetzt, da sie die Vorrunde als Beste abgeschlossen hat. Nur
Spieler und Schiedsrichter dürfen an die Bahnen. Das Publikum - überwiegend
Teilnehmer - steht an den Hängen der Anlage, mucksmäuschenstill.
Jubelschreie von Spielern sind zu hören, die ein Ass gespielt, also das
Loch mit einem Schlag getroffen haben. "Paaaaah", schreit Warnecke dann und
lässt die Faust nach oben schnellen.
Verbandspräsident Zimmermann ist vermutlich der älteste auf der Anlage. Er
hat den ganzen Zirkus schon lange hinter sich. Die nervenaufreibenden
Duelle und die Materialschlachten. Jeder trägt ein Täschchen mit
unterschiedlichen Bällen. Weil nicht nur Material, sondern auch Temperatur
eine Rolle spielt, reiben und pusten sie ihre Bälle.
Zimmermann blickt auf die Osnabrücker Anlage. Das Halbfinale der
Titelverteidigerin Nicole Warnecke gegen Bianca Oberweg vom 1. MGC
Göttingen läuft. Die war schon Europameisterin. "Ein echtes Turnierbiest",
sagt Präsident Zimmermann und tippt: "Sie wird das Match gewinnen."
In den Playoffs spielen die Kontrahenten jeweils neun Eternit- und neun
Betonbahnen im direkten Duell, abwechselnd beginnend. Wer an einer Bahn
besser abschneidet, erhält einen Punkt. Meistens reicht ein Patzer, dann
kann der Gegner mit einem Ass punkten. Warnecke hat in der Vorrunde für 18
Bahnen im Schnitt 25 Schläge benötigt, ihre Gegnerin Bianca Oberweg 26,7.
Die Playoffs sind eine Nervenschlacht.
Es windet leicht. Helfer halten Sonnenschirme, so dass sie Windschutz
bieten. Bianca Oberweg wackelt, spielt eine "2". Nun ist Warnecke dran. Sie
putzt den Ball, zupft an ihrer VfL Wolfsburg-Kappe, nimmt den Schläger in
beide Hände, stellt sich leicht breitbeinig und gebückt auf. Dann geht viel
Zeit ins Land. Endlich der Schlag. Ein Ass. "Paaaaah", schreit sie wieder
und reißt die Faust hoch.
Dennoch, ihre Gegnerin wird in diesem Halbfinale häufiger jubeln. 4:5 - die
Titelverteidigerin ist ausgeschieden und Verbandspräsident Zimmermann lag
richtig. Am Ende des Tages wird auch Bianca Oberweg ihre Meisterin finden.
Sie verliert im Finale gegen Stefanie Kern vom 1. MGC Mainz. Bei den
Männern triumphiert ebenfalls ein Mainzer: Lars Greiffendorf. Mainz ist -
zumindest an diesem einen Tag - so was wie der FC Bayern des Minigolfs.
18 Jul 2010
## AUTOREN
Tobias Romberg
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