# taz.de -- Interview mit "Rhein-Zeitung"-Chefredakteur: "Bloggersprache kann a… | |
> Die Koblenzer "Rhein-Zeitung" will ab 2011 auch zwei Blogger zu | |
> Redakteuren ausbilden. Chefredakteur Christian Lindner setzt auf deren | |
> Themen und Sprachgefühl. | |
Bild: "Wir hatten schon Blogger zu Besuch in der Redaktion": "Rhein-Zeitung"-Ch… | |
taz: Herr Lindner, warum wollen Sie Blogger zu Redakteuren ausbilden? | |
Christian Lindner: Wir haben über die vergangenen Jahre festgestellt, dass | |
wir unsere Volontäre nach viel zu klassischen Kriterien aussuchen. Also | |
danach, ob sie schon genug Printerfahrung haben, ob man sie schnell auf | |
eine wichtige Pressekonferenz schicken kann und so weiter. Seit wir im Netz | |
aktiv sind, sehen wir, dass dort hochinteressante Menschen schreiben. | |
Blogger gehen mit Sprache ganz anders um, sie haben eine ganz eigene Art | |
der Themensondierung und sie sind dialogisch aufgestellt. | |
Was versprechen Sie sich von den Bloggern für die Printzeitung? | |
Eine Arbeit an der Sprache, die im Print oft versprödet. Bloggersprache | |
kann da auflockern und Mut bringen. | |
Woran liegt die Sprödigkeit? | |
An der Ehrfurcht vor dem Produkt. Außerdem erhoffe ich mir Varianz im | |
Personal, andere Kommunikation. Klassische Redakteure sind schnell | |
überfordert, wenn sie für das Netz schreiben und dann Antworten bekommen, | |
die auch mal rüpelhaft sind. Es ist einfacher, Menschen, die bereits damit | |
gearbeitet haben, bei uns einzubinden, als klassische Redakteure an den | |
Umgang im Netz zu gewöhnen. | |
Das heißt, Sie suchen Volontäre, die schon Blogger sind? | |
Ja, wir wollen Leute, die bereits ein digitales Profil mitbringen und im | |
digitalen Dialog stehen. | |
Und was sollen die bei der Rhein-Zeitung lernen? | |
Sie sollen lernen, sich in ein Team, in eine Redaktion einzufügen, und | |
dabei gleichzeitig Einzelkämpfer und Autoren bleiben. Und zum Zweiten | |
sollen sie sich auf die Region einlassen. Wir sind eine Regionalzeitung, | |
und die Volontäre müssen Spaß an den Themen haben, die hier wichtig sind. | |
Wir wollen sehen, was Wurzeln schlagen Bloggern bringen kann. | |
Wie finden das die klassischen Holz-Redakteure? | |
Na ja, ganz fremd ist es ja nicht. Bei uns bloggen schon viele Redakteure. | |
Die, die das machen wollen, machen es auch. Und wir hatten schon Blogger zu | |
Besuch in der Redaktion, das ist kein Fremdkörper mehr. Wir haben gemerkt, | |
dass sich das wunderbar ergänzt. Der klassische Online-Auftritt reicht | |
einfach nicht mehr. Wir müssen breiter werden, andere Zeitungen machen das | |
ja schon vor. Über das Netz kann man dann auch dem Print zeigen, was geht, | |
und mal schräge Texte drucken. | |
Schüren Sie damit nicht auch Ängste der Journalisten, irgendwann von | |
Bloggern ersetzt zu werden? | |
Diese Ängste sind nur dann berechtigt, wenn wir uns nicht mit Bloggen | |
beschäftigen. Es gibt die Blogger ja schon, und wenn wir uns nicht | |
einklinken, werden sie sich weiter vernetzen. Da ist es besser, wenn wir | |
jetzt genauer reinschauen, was sie da machen und was das für Zeitungen | |
bedeutet und welche Freiräume wir schaffen können. | |
Von insgesamt zehn Volontären sollen ab dem kommenden Jahr zwei aus der | |
Blogosphäre stammen - sollen die denn auch in der Zeitung auftauchen? | |
Der Schwerpunkt wird schon bei der digitalen Arbeit liegen, aber es wird | |
sicherlich Ausflüge in das klassische Produkt geben. Übrigens ist eine | |
Weiterbeschäftigung nach dem Volontariat erwünscht und wird angestrebt. | |
Sind die Stellen schon ausgeschrieben und haben Sie darauf schon | |
Bewerbungen bekommen? | |
Ich habe die Stellen nur in meinem Blog ausgeschrieben und vertraue darauf, | |
dass die Nachricht den Menschen, der sich dafür interessiert, schon findet. | |
Und es haben sich schon hochinteressante Menschen gemeldet, auch solche, | |
bei denen man eigentlich denken würde, sie müssten zu einer überregionalen | |
Zeitung. | |
22 Jul 2010 | |
## AUTOREN | |
Frauke Böger | |
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