# taz.de -- Loveparade endet in Katastrophe: 19 Menschen sterben bei Massenpanik | |
> Ein Tunnel war einziger Zugang zum Veranstaltungsort der Loveparade in | |
> Dusiburg. Er wurde zur tödlichen Falle für die Besucher. Politiker zeigen | |
> sich von der Tragödie geschockt. | |
Bild: Verzweifelt versuchen Loveparade-Besucher am Samstag dem Massengedränge … | |
DUISBURG/BERLIN dpa | Die Massenpanik bei der Loveparade am Samstag in | |
Duisburg hat mindestens 19 Menschen das Leben gekostet. Diese Zahl nannte | |
ein Polizeisprecher am frühen Sonntagmorgen. Außerdem seien 342 Verletzte | |
gemeldet worden - wie schwer ihre Verletzungen waren, blieb zunächst | |
unklar. Viele tausende Besucher der Techno-Party gelangten in der Nacht | |
ohne weitere Zwischenfälle nach Hause. Die Katastrophe löste eine Welle von | |
Trauer und Entsetzen aus. Bundespräsident Christian Wulff forderte eine | |
rückhaltlose Aufklärung. Hunderttausende hatten sich am Samstagmittag auf | |
den Weg zum alten Duisburger Güterbahnhof, dem Veranstaltungsort der | |
Loveparade, gemacht. Gegen 17.30 Uhr verkündete Loveparade-Geschäftsführer | |
Rainer Schaller die Besucherzahl von 1,4 Millionen verkündet. Doch schon um | |
17.34 Uhr berichtete die Polizei von der Schließung des | |
Veranstaltungsgeländes wegen Überfüllung. Die Menschenmassen wurden aus | |
zwei Richtung dorthin geleitet, sie trafen zwischen zwei Tunneln | |
aufeinander, wo ein gepflasterter Weg zum Güterbahnhof hinaufführt. Nach | |
Zeugenaussagen entstand dort eine unerträgliche Enge. Menschen versuchten, | |
eine Mauer und eine Treppe hinaufzuklettern. Als einige von ihnen aus | |
mehreren Metern Höhe in die Menschenmasse unter ihnen stürzten, brach nach | |
Polizeiangaben Panik aus. Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) | |
verteidigte das Sicherheitskonzept für die Veranstaltung gegen die sofort | |
aufbrandende Kritik als "stichhaltig". Feuerwehren und andere | |
Rettungsdienste auch aus dem weiteren Umland starteten einen gigantischen | |
Einsatz. Die am Partygelände vorbeiführende Autobahn 59, die aus | |
Sicherheitsgründen ohnehin gesperrt war, wurde zum Anlaufpunkt für | |
Rettungsfahrzeuge und Hubschrauber. In den Tunnels, in denen sich die | |
Katastrophe abspielte, fuhren noch Stunden später Notarztwagen mit | |
Blaulicht. Leichtverletzte Loveparade-Besucher wurden mit Bussen in | |
Kliniken gefahren. Auf dem Platz bekamen die meisten Besucher lange | |
überhaupt nicht mit, was sich am Unterführungstunnel ereignet hatte. Als | |
sich später das Unglück herumspricht, setzte kurzfristig ein Run auf den | |
Hauptbahnhof ein. Doch versuchte die Bundespolizei, den Ansturm in den | |
Griff zu bekommen. Dann aber musste auch der Hauptbahnhof wegen Überfüllung | |
gesperrt werden. Auch die Straßen rund um die Station waren überfüllt. Bis | |
nach Mitternacht verließen Leichenwagen den Unglücksort. Die Polizei hatte | |
das Gelände mit Zäunen und Sichtblenden weiträumig abgesperrt. In der Nacht | |
kamen erste Trauernde zu dem Tunnel, um ihr Mitgefühl mit den Opfern zu | |
bekunden. Einige zündeten Kerzen an. Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte | |
sich von der Tragödie in Duisburg geschockt und sagte: "Zum Feiern waren | |
die jungen Menschen gekommen, stattdessen gibt es Tote und Verletzte." Der | |
Präsident der Europäischen Kommission, Manuel Barroso, kondolierte zum Tod | |
so vieler Menschen. Nordrhein-Westfalens neue Ministerpräsidentin Hannelore | |
Kraft (SPD) ließ sich in der Einsatzleitstelle der Polizei über die | |
Entwicklung unterrichten. Sie äußerte sich "total betroffen" und sagte, sie | |
fühle mit den Angehörigen der Gestorbenen und sorge sich um die Verletzten. | |
An diesem Sonntag wollen die Veranstalter und die Stadt auf einer schon | |
vorher geplanten Pressekonferenz im Duisburger Rathaus über die Vorgänge | |
berichten. Dabei dürfte die Frage im Vordergrund stehen, ob es richtig war, | |
bei der Erwartung von mehr als einer Million Besuchern und einem Gelände | |
für maximal 250 000 Menschen nur einen Zugang anzubieten, der wiederum nur | |
durch Tunnels erreichbar war. Oberbürgermeister Sauerland sagte bereits: Es | |
"lag nicht am Sicherheitskonzept, das nicht gegriffen hat, sondern | |
wahrscheinlich an individuellen Schwächen." Die Loveparade unter dem Motto | |
"The Art Of Love" galt als eine der wichtigsten und größten Veranstaltungen | |
zur "Ruhr.2010" im Kulturhauptstadtjahr. Nach der Katastrophe zeigte sich | |
der Cheforganisator der Kulturhauptstadt "Ruhr.2010", Fritz Pleitgen, | |
entsetzt. "Ganz klar fühle ich mich auch mitverantwortlich, aber eher im | |
moralischen Sinne", sagte er Samstagnacht im ZDF. Die Loveparade sei ein | |
"erprobtes Format". "Es ist uns angeboten worden als Projekt für die | |
Kulturhauptstadt. Wir haben das angenommen, aber wir sind weder finanziell | |
noch organisatorisch beteiligt." Er trage aber "schwer" daran. Die noch | |
folgenden Veranstaltungen zum Kulturhauptstadtjahr würden nun aber nicht | |
abgesagt. "Da wir nicht lauthals losfeiern, werden die Veranstaltungen | |
weiter gehen. Wir werden uns immer erinnern, was hier geschehen ist." Die | |
Geschäftsführung der "Ruhr 2010" sprachen den Angehörigen ihr Beileid aus. | |
"Wir sind schockiert. Was so fröhlich und friedlich begonnen hat, ist in | |
einer Katastrophe geendet. Es macht uns zutiefst bestürzt, dass so viele | |
junge Menschen ihr Leben verloren haben. Unser aufrichtiges Mitgefühl gilt | |
den Angehörigen", hieß es auf der offiziellen Webseite. Die Raver-Parade | |
war 1989 in Berlin gegründet worden und ist 2007 in Ruhrgebiet gezogen. | |
2009 hatte die Stadt Bochum kein geeignetes Gelände gefunden. In Duisburg | |
fand sie erstmals auf einem abgeschlossenem alten Bahngelände mit nur 15 | |
Wagen, den sogenannten Floats, statt. Dabei musste lange um die | |
Finanzierung gekämpft werden. Die hochverschuldete Stadt steht unter | |
Haushaltsaufsicht und brauchte für ihre Ausgaben die Zustimmung des Landes. | |
Im Sommer 2011 soll die Loveparade in Gelsenkirchen Station machen. | |
1 Jan 1970 | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |