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# taz.de -- Contador gewinnt Tour de France: Wenigstens kein Saubergesicht
> Alberto Contador gewinnt zum dritten Mal das wichtigste Radrennen der
> Welt - und das ist auch ganz richtig so.
Bild: Heuchelei ist nicht seine Stärke - was ihn aber auch nicht zum Sympathie…
PARIS taz Wahrscheinlich ist es ja so: Jeder Wettbewerb findet den Sieger,
den er verdient. Die Tour de France, die in Dopingverfahren verwickelten
Sportlern wie Lance Armstrong und Alessandro Petacchi als
Präsentationsplattform dient, hat Alberto Contador wohl verdient. Der
Spanier rollte gestern mit dem Peloton friedlich nach Paris, um dort zum
nun schon dritten Mal die Ehrung als Gesamtsieger entgegenzunehmen. Tags
zuvor hatte er im Einzelzeitfahren die Oberhand gegenüber seinem Verfolger
Andy Schleck behalten - und in der sich anschließenden Fragerunde nach der
Etappe einen Image-Elfmeter versemmelt.
Ein amerikanischer Journalist wollte wissen, wie Contador sich nach dem
Sieg bei der wohl saubersten Tour der letzten Jahre fühle. Statt diese
Vorlage elegant aufzunehmen, jauchzend damit zu jonglieren, denn der Frager
schloss in seine Beobachtung der Sauberkeit freundlicherweise auch den
Sieger mit ein, bekam Contadors Gesicht eine dunklere Tönung. Er stammelte
etwas davon, dass jeder Junge, der Rad fahre, davon träume, einmal die Tour
zu gewinnen. Er lobte den Wettbewerb als großartig. Aber auf das Adjektiv
sauber reagierte er gar nicht.
Man kann jetzt den Stab über ihn brechen. Man kann sagen, er hätte die
Zeichen der Zeit nicht erkannt und das öffentlich geforderte
Antidopingfähnchen nicht fleißig genug im Winde geschwenkt. Aber die
mangelnde Flexibilität darf man ihm durchaus auch als eine gewisse
Unfähigkeit zur Heuchelei anerkennen. Der Mann ist ein Profi. Er hat sein
Metier unter Manolo Saiz gelernt, der so auffällig Bündel voller Geld zum
Dopingarzt Eufemiano Fuentes schleppte, dass sogar die Guardia Civil
stutzig wurde. Danach ging er in die Hände von Johan Bruyneel über, gegen
den vor einigen Wochen in Belgien ein Dopingverfahren eröffnet wurde. Jetzt
ist er bei Astana unter den Fittichen von Giuseppe Martinelli, dem Mann,
der als Manager hinter dem im Drogen- und Dopingsumpf abgestürzten Marco
Pantani groß wurde.
Contador weiß, was gespielt wird. Ihm dürfte nicht entgangen sein, dass er
am letzten Montag beim Anstieg zum Port de Bales - gemeinsam mit Denis
Mentschow und Samuel Sánchez - einen neuen Kletterrekord an diesem Berg
aufgestellt hat. Jacques Bauert, eine fiktive Ermittlergestalt der Pariser
Tageszeitung Le Monde, hat dies freundlicherweise festgehalten. Beim
Anstieg in Mende war er laut Rechenleistung der Le Monde ebenfalls
schneller als die sogenannte Generation EPO. Contador hat sich damit
arrangiert, dass solche Bestleistungen nicht mehr im Tourfachblatt LEquipe
publiziert werden. Wenn es darum geht, die Ursachen dieser
Leistungsfähigkeit zu ergründen, erzählt er von den Anstrengungen des
Trainings, vom Überwinden der Schmerzen und auch von seinem genetischen
Vorteil. Wird der Dopingdiskurs eröffnet, der Teil des Ergründens der
Ursachen der Leistungsfähigkeit ist, dann ignoriert er ihn. Contador hat
gelernt, dass man zu diesem Thema nichts sagen darf. Er bringt es aber
nicht über sich, die Fassade des lieben, sauberen Sportlers aufzubauen.
Der Mann aus Pinto ist ein Profi alten Stils. Wenn er Schmerzen hat, dann
verbirgt er die. Zu Beginn dieser Tour war er noch von einer Grippe
geplagt, seine Leistungsfähigkeit litt darunter, verriet er nach seinem
Triumph. Alles, was ihn beeinträchtigen könnte, hält er geheim. Er ist
niemand, der fordert, die anderen mögen langsamer fahren, wenn er einmal
ein Problem hat. Contador beißt die Zähne zusammen und kämpft sich durch.
Er kreiert kein "Wait Gate", wie Fabian Cancellara, der das Feld anhielt,
um den gestürzten Andy Schleck herankommen zu lassen. Er ist vielmehr ein
gnadenloser Jäger, der, gerade weil er um die eigene Verwundbarkeit weiß,
eiskalt zuschlägt, wenn er eine Schwäche beim anderen sieht.
So hat Contador dreimal die Tour gewonnen. So wird er aber auch kein großer
Sympathieträger mehr. Allerdings fällt er so deutlich heraus aus der Reihe
der geglätteten, scheinbar sauberen Gesichter, die das Bild des neuen
Radsports bestimmen, dass man sich insgeheim fast freuen mag, dass er erst
27 Jahre alt ist und in der Lage, die nächsten sieben Jahre diesen Sport zu
bestimmen.
TOM MUSTROPH
25 Jul 2010
## AUTOREN
Tom Mustroph
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