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# taz.de -- Diskuswerferin Müller über EM: "Wir denken nicht an Rekorde"
> Diskuswerferin Nadine Müller hofft in Barcelona auf eine EM-Medaille,
> weiß ihre Kraft gut zu verstecken und isst viel zu gern, um
> Hochspringerin zu werden.
Bild: "Ich bin ich eher der Einzelkämpfer."
taz: Frau Müller, Sie sehen nicht so aus, wie man sich eine Diskuswerferin
vorstellt.
Nadine Müller: Das Bild der typischen Diskuswerferin von früher hat sich ja
ohnehin zum Positiven verändert. Der Sport ist attraktiver geworden, da
stehen nicht mehr die Monstermädels im Ring mit einem tierischen Kreuz und
130 Kilo auf den Rippen. Für mich ist das ein ansehnlicher Sport geworden.
Bei mir ist es so, dass Leute auf der Straße sagen: Ach, irgendwoher kenne
ich Sie, ist es Basketball oder Volleyball? Mit Diskuswerfen werde ich
nicht gleich in Verbindung gebracht, weil ich wirklich keine typische Figur
dafür habe. Durch meine langen Extremitäten habe ich aber einen Vorteil,
den die anderen Mädels nicht haben. Den kann ich bislang super umsetzen.
Sie sind 1,93 Meter lang. Sind Ihre Eltern auch so groß?
Ja. Meine Mutter ist auch 1,92 Meter und mein Vater ist 2,08 Meter groß. Es
hat sich also abgezeichnet, dass ich nicht klein bleibe.
Da hätten Sie ja wirklich Basketballerin werden können. Oder
Hochspringerin.
Fürs Hochspringen hätte ich noch mal 50 Kilo abnehmen müssen. Dafür esse
ich zu gern. Und Mannschaftssport gucke ich mir gern an, aber selbst bin
ich eher der Einzelkämpfer, ich suche die Fehler nach einem schlechten Tag
lieber nur bei mir.
Und warum sind Sie gerade beim Diskuswurf gelandet?
Mein Vater hat früher auch schon bei meinem ehemaligen Coach Gerhard
Böttcher trainiert. Er hat mich da langsam herangeführt, und mir hat es von
Anfang an Spaß gemacht. Diskuswurf ist eine vielseitige Disziplin, das ist
nicht nur im Kraftraum und im Wurfring Stehen, sondern da gehört auch jede
Menge Athletik drum herum: Sprint, Sprünge, das ganze Programm. Das hat
mich immer fasziniert.
Sie führen die Weltjahresbestenliste bislang mit 67,78 Meter an. Warum sind
Sie in dieser Saison so gut?
Mit René Sack habe ich seit Januar einen neuen Trainer, weil Gerhard
Böttcher in den Ruhestand gegangen ist. Wir haben viel an der Technik
gefeilt, da sind bei mir die größten Reserven. Das hat so weit gut
geklappt. Außerdem habe ich das positive Gefühl von der WM im letzten Jahr
in Berlin noch in mir drin. Es macht einfach Riesenspaß, es läuft alles von
allein. Wir haben in den letzten Wochen noch mal hart gearbeitet, ich habe
mit schweren Disken geworfen und war viel im Kraftraum, habe Muskulatur
aufgebaut. In der letzten Woche vor der EM ging es dann darum, am
Feintuning zu arbeiten und das richtige Gefühl für den Diskus zu bekommen.
Sie sind nicht nur groß, sondern auch schlank. Wo sind sie, die Kraft und
die Muskeln, die Sie im Kraftraum aufbauen?
Die habe ich gut versteckt. Ich bin nicht der Krafttyp. Wenn ich sage, ich
war viel Kraft machen, geht es um die Wiederholungen und nicht um die
Gewichte, die ich durch den Kraftraum schmeiße. Ich hänge den anderen bei
vielen Disziplinen weit hinterher, die machen teilweise 20 bis 30 Kilo
mehr. Ich bin da das Küken, da habe ich auch noch meine Reserven. Es ist
mit einer Größe von 1,93 Meter aber auch schwer, so Powerarme oder
Poweroberschenkel aufzubauen.
Die Rekorde im Diskuswurf stammen fast alle aus einer Zeit, in der
Anabolika-Doping an der Tagesordnung war. Orientieren Sie sich an 76,80
Metern, an der Weltrekordweite, die die Brandenburgerin Gabriele Reinsch
1988 erzielt hat?
Ich habe natürlich schon mal auf diese Tabellen geschaut, aber es ist
utopisch zu sagen: Diese Rekorde wirst du irgendwann brechen. Das ist,
glaube ich, heutzutage gar nicht mehr möglich.
Weil es ohne Doping nicht möglich ist?
Mit Sicherheit.
Ärgert Sie das?
Natürlich wäre es schön, die Möglichkeit zu haben, sich mal mit einem
deutschen Rekord zu schmücken. Da die Weiten von damals aber nun mal nicht
gestrichen werden, müssen wir uns damit abfinden und sagen: Gut, dann gehen
wir eben nur auf Medaillenjagd und denken gar nicht mehr an Rekorde. Ich
habe immer darauf gehofft, dass ich irgendwann um die 65 bis 67 Meter
werfen kann. Dass es nun gleich in diesem Jahr so raketenartig nach vorn
losgeht, damit haben mein Trainer und ich gar nicht gerechnet. Das hat uns
sehr überrascht.
Wie weit kann es noch gehen?
Für mich steht jetzt im Raum, irgendwann mal 70 Meter zu werfen. Das ist
mein Ziel.
26 Jul 2010
## AUTOREN
Susanne Rohlfing
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