Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Eva Herman und die Loveparade - Teil 2: "Ich habe einen Traum"
> Christliche wie muslimische Hardliner applaudieren Herman für ihre
> Äußerungen zur Loveparade. Sie selbst relativiert – bleibt aber bei ihrer
> grundsätzlichen Kritik.
Bild: Will in die Herzen der Menschen, der schweigenden Mehrheit: Eva Herman.
Einen Tag nach der Katastrophe von Duisburg, bei der 20 Menschen starben,
schrieb die ehemalige Tagesschau-Moderatorin Eva Herman einen Beitrag, in
dem sie das Unglück als mögliche Strafe Gottes für die „Sodom und
Gomorrha“-Party darstellt. Die Medien sprangen auf die Provokation an.
Nicht nur die [1][taz], auch Süddeutsche, Welt, Bild und andere Zeitungen
und Onlineportale berichteten darüber.
Die fühlt sich jetzt wohl missverstanden. Am Montag folgte ihre, - nennen
wir es vorsichtig - [2][Entschuldigung]. „Sollten sich dennoch
Familienangehörige, Freunde und Solidargemeinschaft in ihrem Pietätsgefühl
verletzt sehen, so tut mir dies aufrichtig leid“, schreibt Herman. Ihr sei
es wichtig klarzustellen, dass sie „in dem Artikel“ ihr „tiefstes Beileid
ausgesprochen habe.“
Immerhin einen Absatz widmet sie ihrer ungelenken Klarstellung - um dann in
epischer Breite ihre Kritik an der Loveparade und am allgemeinen
Sittenverfall der Gesellschaft fortzuführen. Dabei zeigt Herman
Recherche-Künste. „Es ist bekannt, dass hier (auf der Loveparade, d. Red.)
von Beginn an außerordentlich viele Drogen und Alkohol konsumiert wurden,
was mir übrigens von Kritikern und Insidern gestern immer wieder bestätigt
wurde.“ Immer noch seien die Achtundsechziger Schuld, die Werte wie
moralischen Anstand abgeschafft hätten. Immer noch sei ihr „Herz schwer“,
wenn sie „die vielen Fehlentwicklungen mit ansehen“ müsse. War sie im
ersten Text noch Angreiferin, präsentiert sie sich hier als Opfer. Mit den
Zuweisungen als Ewiggestrige oder Störenfriedin aber lebe sie inzwischen
ganz gut.
Mit ihren Äußerungen vom Sonntag traf Herman den Nerv religiöser Hardliner
– christlicher wie muslimischer. Auf [3][www.kreuz.net], einer Hetzseite
der katholischen Rechten, etwa steht: „Vernichtender Schlag gegen
satanische Alkohol- und Sexorgie“. Herman wird ausführlich zitiert. Die
Kommentatoren feiern ihre Vorbeterin begeistert in mehreren hundert
Beiträgen („Eine triebgesteuerte, notgeile und zugedröhnte Horde Asozialer
hat den Zorn des Herrn heraufbeschworen“ oder ganz schlicht: „Ihr ist
absolut zuzustimmen“). Einigen kommt die Kritik aber von falscher Seite:
„Woher eine Frau, die in einer sogenannten vierten Ehe der außerehelichen
Unzucht nachgeht, diese Frechheit nimmt, das ist wirklich ein Geheimnis…“
Auch ihre Vergangenheit als ARD-Moderatorin missfällt einigen: „Da hat sie
sich bei ihren früheren Talk-Shows beim NDR bedeutend unzüchtiger gekleidet
präsentiert (als die Teilnehmer der Loveparade d. Redaktion)!“
Von radikalislamistischer Seite kommt ebenfalls Zustimmung, die teils
deutlich härter formuliert ist. Im Forum auf [4][www.ahlu-sunnah.com]
(Islam nach Quran und Sunnah) etwa schreibt „Al_Intissar“: „Und das ist n…
eine von vielen Strafen Allahs. Was soll man auch anderes Erwarten. Da
treffen sich Homosexuelle und es wird Kuffr (Unglaube, d. Red.) und
Munkarat (im Islam verbotene Dinge, d. Red.) bis zum geht nicht mehr
getrieben.“ und „Inshalla72“ schreibt: „und man sieht mal wieder die
gerechtigkeit allahs...“.
Auf [5][www.dawa-news.net] steht „Ein treffen, wie vom Teufel inszeniert,
welches zu schlechten Taten aufruft und durch selbige durchweg begleitet
wurde. Niemand kann eine Sache stoppen, die Allah s.t. bestimmt hat.“
Herman vermutet dagegen "nur", dass es eine Rache Gottes gegeben habe:
"Eventuell haben hier ja auch ganz andere Mächte mit eingegriffen, um dem
schamlosen Treiben endlich ein Ende zu setzen."
Paradox, dass Islamisten wie Islamfeinde außnahmsweise auf einer Seite
stehen. Der islamophobe Blog [6][pi-news.net] etwa pflichtet Herman bei,
ebenso wie über 300 Kommentatoren. Auch der bekannte Islamkritiker und
Publizist Udo Ulfkotte [7][verteidigt Herman] auf der Onlineseite des
Kopp-Verlags, wo auch die Texte von Herman selbst veröffentlicht werden. Er
wirft den Medien vor, die Moderatorin als „Bösewicht“ darzustellen und „…
den Jagdaufruf“ gegen sie einzusteigen. Besonders von der Bild-Zeitung
scheint er enttäuscht zu sein, titelte sie doch: „Eva Herman verhöhnt Opfer
der Loveparade“. Ulfkotte schlägt vor, dass Herman Bild-Chef Kai Diekmann
in einem Roman ja literarisch sterben lassen könnte.
In seinem Text stellt Ulfkotte auch andere steile Thesen auf. So bedauert
er, dass die teils harten Äußerungen von muslimischer Seite nicht von den
Medien problematisiert werden: „Unsere muslimischen Mitbürger dürfen sich
ungestraft so äußern – sie sind in diesem Land ja inzwischen auch Menschen
erster Klasse.“ Die „ethnische Deutsche“ Eva Herman, die dazu noch „blo…
und intelligent“ sei, werde von der Journalistenmeute dagegen wie die Sau
durchs Dorf getrieben.
Da springt Eva Herman einer zur Seite, dessen Beistand sie noch mehr ins
Abseits rückt. Dabei will sie doch eigentlich in die Mitte, in die Herzen
der Menschen, der schweigenden Mehrheit. In ihrem am Montag
veröffentlichten Text jedenfalls skizziert sie eine Zukunftsvision für
Deutschland und zitiert dabei einen Prediger, der wie kein zweiter die
Menschen begeistert hat - Martin Luther King: „Ich habe nämlich einen
Traum. Den Traum eines Landes mit glücklichen Menschen, ohne Drogen, ohne
übermäßigen Alkohol, ohne eine sexualisierte Gesellschaft, sondern eines
Landes, in dem Menschen leben, denen Verlässlichkeit und gegenseitiger
Respekt wichtig sind.“ Dafür will sie kämpfen. Denn: „Man verändert nich…
wenn man nichts tut und nichts sagt“.
27 Jul 2010
## LINKS
[1] /1/leben/alltag/artikel/1/gott-straft-die-suender/
[2] http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/deutschland/eva-herman/grosse-reso…
[3] http://www.kreuz.net/article.11590.html
[4] http://www.ahlu-sunnah.com/threads/31351-quot-Trag%C3%B6die-quot-in-der-Lov…
[5] http://dawa-news.net/2010/07/loveparade-hochburg-der-sunden-19-tote-viele-v…
[6] http://www.pi-news.net/2010/07/eva-herman-gutmenschen-wittern-neue-chance/
[7] http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/deutschland/udo-ulfkotte/nach-der-…
## AUTOREN
Paul Wrusch
## ARTIKEL ZUM THEMA
Rücktrittsforderungen wegen Loveparade: Demo gegen Duisburger Bürgermeister
Adolf Sauerland will nichts mit den Entscheidungen zur Technoparty zu tun
gehabt haben. Der Beamtenbund erwartet Konsequenzen.
Loveparade-Sponsor McFit: Wir programmieren um
Ich bin Mitglied in einem Studio des Loveparade-Sponsors McFit. Sind also
meine 16,90 Euro im Monat mit Schuld am Tod von 21 Menschen? Und ich
irgendwie auch?
Boulevard-Medien zur Loveparade: Die wirklich wichtigen Fragen
Reißerische Berichte, unlautere Recherche, Befriedigung allerniedrigster
Instinkte - was für "Bild"-Kenner ein alter Hut ist, kann manche Leserin
noch schocken.
Eva Herman über das Loveparade-Unglück: Gott straft die Sünder
Auf der Internetseite ihres Verlags veröffentlichte Eva Herman einen
Artikel, in dem sie das Unglück als Strafe für ausschweifendes Feiern
deutet.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.