| # taz.de -- Afrika-Gipfel in Uganda: Zwischen Königen und Krieg | |
| > Beim AU-Staatengipfel dreht sich alles um Somalia. Nur der libysche | |
| > Führer nicht: Der dreht sich um sich selbst. Weitreichende Beschlüsse | |
| > kommen da nicht zustande. | |
| Bild: Mit seinem Gefolge bis an die Zähne bewaffnet: Libyens Präsident Gaddaf… | |
| KAMPALA taz | Schweigend schreiten Ugandas Präsident Yoweri Museveni und | |
| Libyens Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi über den Rasen. Unter | |
| Mangobäumen im Garten des luxuriösen Konferenzzentrums am Victoria-See | |
| lassen sie sich auf Plastikstühlen nieder. Während die beiden Staatschefs | |
| Tee schlürfen, liefern sich ihre Bodyguards ein Handgemenge, schreien sich | |
| an und boxen. Ein breitschultriger Libyer mit Ohrstöpsel greift schnaufend | |
| nach seiner Pistole. Da schreitet Muhoozi Kainerugaba ein, Musevenis | |
| ältester Sohn und ranghöchster Bodyguard. Der große Mann in Tarnuniform | |
| zischt ein paar scharfe Worte, die Stimmung entspannt sich. | |
| Rund um den Gipfel der Afrikanischen Union (AU) in Ugandas Hauptstadt | |
| Kampala herrscht Sicherheitswahn. Zwei Wochen nach den Selbstmordattentaten | |
| mutmaßlicher somalischer Islamisten in Kampala während des WM-Endspiels, | |
| bei welchen 76 Menschen starben, riegeln Panzer das Gelände hermetisch ab. | |
| Jedes Auto, jeder Besucher, jeder Aktenkoffer wird von Militärs | |
| durchleuchtet. Das Ergebnis: Kilometerweit stauen sich die Fahrzeuge. Fast | |
| drei Stunden dauert es, um ins Konferenzzentrum zu gelangen. | |
| Jeder der 33 angereisten Staatschefs hat eine eigene bewaffnete Entourage. | |
| Zehn Feuerwaffen gestattet Ugandas Regierung jeder ausländischen Einheit. | |
| Die meisten haben dieses Limit weit überschritten. Die Libyer seien "bis an | |
| die Zähne bewaffnet", staunt ein Hotelgast. | |
| Gaddafi hat dazu noch einen Haufen Könige mitgebracht. In schimmernden | |
| Gewändern, mit goldenen Kronen und funkelnden Zeptern stehlen die | |
| traditionellen Führer aus ganz Afrika, die den Libyer kürzlich zum "König | |
| der Könige" ausgerufen haben, den Staatsoberhäuptern die Show. Während | |
| Gaddafi für sein Königs-Gefolge zum Ärger vieler Staatschefs das | |
| Konferenzhotel ausgebucht hat, übernachtet er selbst in einem Zelt am | |
| Strand. Wenn er im Golfmobil über das Gelände kutschiert, winken Kinder in | |
| Gaddafi-T-Shirts mit libyschen Fähnchen. | |
| Offizielles Thema des AU-Gipfels sollte Mutterschutz sein. Doch jetzt dreht | |
| sich draußen alles um Gaddafi und drinnen alles um Somalia. "Seit den | |
| Bombenanschlägen sind rund 180.000 Frauen und Säuglinge in Afrika | |
| gestorben, das ist doch das eigentliche Sicherheitsrisiko", schimpft Tanya | |
| Weinberg von "Save the Children". | |
| Ugandas Präsident hat seine Amtskollegen aufgefordert, die AU-Truppe Amisom | |
| in Somalias Hauptstadt Mogadischu aufzustocken, die dort die machtlose | |
| Übergangsregierung schützt. Uganda und Burundi stellen die fast 6.000 | |
| Amisom-Soldaten derzeit allein. Bereits 2007 hatte die AU entschieden, | |
| weitere 2.000 Soldaten zu schicken. Doch dies ist bis heute nicht | |
| geschehen. | |
| Es gebe Zusagen von Dschibuti und Guinea, sagt AU-Kommissionspräsident Jean | |
| Ping. Ein Bataillon von 850 Guineern stehe bereit. Doch Guinea ist seit dem | |
| Militärputsch von 2008 von der AU suspendiert. | |
| Uganda hat also keine Wahl, sagt Armeesprecher Felix Kulayigye. Wenn sonst | |
| niemand etwas tut, könne Uganda nur "unsere Männer abziehen oder mehr | |
| Soldaten schicken, um unsere Jungs in Mogadischu zu schützen", sagt er der | |
| taz. Fast täglich liefern sich dort Amisom-Truppen Gefechte mit der | |
| islamistischen al-Shabaab. Selbst im Falle eines Rückzugs müsse Uganda | |
| zunächst mehr Soldaten entsenden, "um den sicheren Abzug zu gewährleisten". | |
| Immerhin hat der Gipfel das Amisom-Mandat verschärft. Die AU-Truppen dürfen | |
| in Zukunft auch präventiv angreifen. Auf ein Mandat zur Friedenserzwingung, | |
| das Angriffe aus eigener Initiative erlaubt, konnte man sich nicht einigen. | |
| In der Praxis sind die Amison-Soldaten in Mogadischu längst aktiver als | |
| das. | |
| Dass die AU sich nicht zu mehr Engagement durchringen kann, liegt am Geld. | |
| Die EU hat für das zweite Halbjahr 2010 Amisom 47 Millionen Euro | |
| zugesichert, kann aber im laufenden Haushaltsjahr keinen weiteren Cent | |
| lockermachen. Die USA versprechen lediglich mehr Training. | |
| AU-Friedenskommissar Ramtane Lamara zeigt sich am späten Nachmittag | |
| zuversichtlich. "Wir diskutieren nicht mehr nur über die 2.000 | |
| beschlossenen Soldaten, sondern über mehr", sagt er. | |
| 27 Jul 2010 | |
| ## AUTOREN | |
| Simone Schlindwein | |
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