# taz.de -- Datensicherheit bei Facebook: 170 Millionen Accounts ausgelesen | |
> Ein Programmierer hat eine Software geschrieben, mit der sich offene | |
> Profile bei Facebook abfragen und in einer Datenbank speichern lassen. | |
> Ein Teil landete in Tauschnetzen. | |
Bild: Ein offenes Buch: Facebook. | |
Normalerweise gelten die USA als Internet-Trendsetter, diesmal war es | |
Europa: Schon im Frühjahr war es Hackern gelungen, aus dem deutschen | |
sozialen Netzwerk "SchülerVZ" [1][über eine Million Datensätze] abzusaugen. | |
Nun droht Ähnliches auch beim größten Social Network der Welt: Wie der | |
nordamerikanische Sicherheitsforscher Ron Bowes in seinem Blog mitteilte, | |
ist es ihm gelungen, ein Programm zu schreiben, das Millionen Konten auf | |
Facebook abgrasen und die Ergebnisse in eine Datenbank übertragen kann. | |
Zum Beweis hat der Experte schon ein erstes Infopaket geschnürt: Eine | |
insgesamt 10 Gigabyte große Datenbank mit 170 Millionen Profilen landete im | |
Dateitauschnetz Bittorrent. Enthalten ist die Internetadresse jedes | |
durchsuchbaren Facebook-Profils, sein/ihr Name, Listen mit | |
Accountinformationen sowie das eigentliche "Crawler"-Programm. Detaillierte | |
Infos zu Vorlieben und Freundeskreis sammelte Bowes indes noch nicht, weil | |
ihm die notwendige Bandbreite fehlte. In seinem Blog setzte er deshalb | |
einen Hilferuf ab: "Wenn ich auch die Freundeslisten haben will, bedeutet | |
das deutlich mehr Daten. Die dafür notwendige Technik fehlt mir aber." Er | |
wolle das aber in Zukunft angehen. "Wenn jemand Bandbreite zu verschenken | |
hat, soll er sich melden." | |
Gegen Absaugaktionen wie die von Bowes können sich soziale Netzwerke nur | |
teilweise schützen. Da Facebook sich in den letzten zwei Jahren stetig zum | |
regulären Internet hin geöffnet hat (auch, um mehr Werbeeinnahmen zu | |
generieren) und Profildaten mittlerweile standardmäßig per Google und Co. | |
erfassen lässt, lassen sich auch Crawler-Programme nur schlecht abwehren. | |
Bei "SchülerVZ", einem grundsätzlich geschlosseneren Netz, wurde unter | |
anderem in die Suchfunktion eine Hürde eingebaut, die die regelmäßige | |
Eingabe eines für ein Programm nur schwer zu knackenden Sicherheitscodes | |
verlangt - selbiges kann Facebook kaum integrieren, weil dann auch Google & | |
Co. auf Hürden stoßen würden. | |
Dementsprechend war es nur eine Frage der Zeit, bis Crawler auftauchten. | |
Mit den so erhaltenen Datensätzen lässt sich viel Schindluder treiben: Da | |
Facebook darauf besteht, das Nutzer Klarnamen verwenden, könnte ein | |
massenhafter Identitätsdiebstahl möglich werden. Bowes Programm lässt sich | |
zudem so anpassen, dass es nur bestimmte Profile absaugt, beispielsweise | |
alle aus einer bestimmten Region. Neben dem Identitätsdiebstahl könnten | |
Online-Gauner die Technik auch für Spam- oder Phishing-Aktionen nutzen: | |
Dazu müssten sie dann nur einen gefälschten Facebook-Account anlegen, der | |
die über den Crawler ermittelten Nutzer mit Einladungen oder anderen | |
Mitteilungen bombardiert. | |
Gegen Absaugaktionen können sich Nutzer nur schützen, indem sie ihr Profil | |
auf "nicht durchsuchbar" schalten und möglichst viele ihrer Daten nur ihrem | |
engsten Freundeskreis zugänglich machen - Crawler können nämlich nur | |
öffentlich zugängliche Informationen einsehen. Da Facebook mit seinen | |
jüngsten Datenschutz-Änderungen immer mehr der Stammdaten auf "lesbar für | |
alle" geschaltet hat, sollte man sein Profil im Detail ganz genau | |
durchgehen. | |
Aber eventuell ist es ja an der Zeit, sich ganz aus dem mittlerweile | |
größten sozialen Netzwerk der Welt (500 Millionen Nutzer seit diesem Monat) | |
zu verabschieden: Alternativen wie das offene und viel leichter | |
kontrollierbare freie Netz [2][Diaspora] stehen demnächst bereit. | |
Immerhin will es Facebook seinen Nutzern demnächst leichter machen, ihr | |
Konto und ihre gesammelten Daten zu löschen. Wie Nutzer des | |
IT-Nachrichtenportals "Slashdot" berichten, taucht bei einigen Nutzern | |
mittlerweile eine neue "Account deaktivieren und löschen"-Funktion auf, die | |
das Facebook-Konto nicht nur einfriert wie bisher, sondern es tatsächlich | |
auch vom Server des US-Konzerns tilgt. Facebook zufolge handelt es sich | |
allerdings bislang nur um einen "Funktionstest". Wer von der erleichterten | |
Löschen-Funktion nicht beglückt wurde, hat aber die Möglichkeit, [3][diesen | |
Direktlink] zu nutzen. Danach dauert es allerdings noch knapp 14 Tage, bis | |
der Befehl komplett ausgeführt wurde. | |
28 Jul 2010 | |
## LINKS | |
[1] /1/politik/schwerpunkt-ueberwachung/artikel/1/16-mio-daten-von-schuelervz-a… | |
[2] /1/netz/netzkultur/artikel/1/das-freie-facebook/ | |
[3] https://ssl.facebook.com/help/contact.php?show_form=delete_account | |
## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
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